«Sie haben allen Sprengstoff um den Hals gelegt»
Nach dem blutigen Geiseldrama in der Gasanlage in der algerischen Sahara werden immer mehr Details bekannt. Ein Überblick der Aussagen von Überlebenden.
Der Franzose Alexandre Berceaux, der sich während der Geiselnahme unter seinem Bett in seinem Zimmer versteckt, berichtet von dem Verlauf des Angriffs:
Als am Mittwochmorgen die Alarmsirenen losgehen, herrscht zunächst Verwirrung: «Wir hatten keine Ahnung, was passiert», schildert Berceaux die Vorgänge Journalisten. Er versteckt sich aber schnell und lässt auch seinen Ausweis verschwinden – «um zu verheimlichen, wer ich bin». «Ich habe nur wenige Meter von mir entfernt Schüsse gehört», fügt Berceaux hinzu. Als er schliesslich von algerischen Soldaten befreit wird, denkt Berceaux zunächst, die Geiselnehmer hätten ihn gefunden. «Ich wusste nicht, dass es sie (die Soldaten) waren.» Er habe gedacht: «Es ist vorbei.»
Der Rumäne Liviu Floria kann vor den Geiselnehmern fliehen:
«Es war ein unvorstellbarer Albtraum. Drei Minuten haben den Unterschied zwischen Leben und Tod ausgemacht. Wenn ich als Geisel genommen worden wäre, dann wäre ich jetzt nicht mehr hier», sagt der 46-Jährige nach seiner Rückkehr in seine Heimat. «Anfangs dachte ich, es sei nur eine Übung, eine Simulation, aber ich habe schnell verstanden, dass es etwas sehr Ernstes war.» Floria kann sich zunächst in einem Büro verbarrikadieren und flieht dann in der Nacht.
Der aus den Philippinen stammende Joseph Balmaceda berichtet, dass die Islamisten ihre Geiseln bei der Erstürmung der Anlage durch algerische Soldaten als Schutzschilde missbrauchten:
«Wann immer Regierungstruppen von Helikoptern aus auf den Feind schiessen wollten, wurden wir als menschliche Schutzschilde benutzt», sagt Balmaceda nach seiner Rückkehr in die philippinische Hauptstadt Manila. «Uns wurde gesagt, unsere Hände hoch zu halten. Die Regierungstruppen konnten nicht auf sie (die Geiselnehmer) schiessen, während wir als Geiseln gehalten wurden.»
Der schottische BP-Mitarbeiter Alan Wright verdankt sein Leben seinen algerischen Arbeitskollegen:
Der 37-Jährige versteckt sich zusammen mit algerischen und anderen ausländischen Angestellten in einem Büro. «Die Algerier konnten hingehen, wohin sie wollten, und wir haben gedacht: 'Wenn sie (die Mitarbeiter) gehen, werden sie (die Angreifer) fragen, woher sie kamen - und dann kommen und suchen», sagt Wright dem Sender Sky News. «Die Einheimischen wollten unbedingt fliehen, also haben sie mir einen Hut zugeworfen, damit ich nicht so sehr wie ein Ausländer aussehe. Sie haben den Zaun aufgeschnitten, und dann sind wir abgehauen (...). Ich stehe für den Rest meines Lebens in ihrer Schuld.»
Algerische Arbeiter der Anlage in In Aménas berichten vom Vorgehen der Islamisten, die es offenbar auf die ausländischen Mitarbeiter abgesehen hatten:
Die Geiselnehmer zwangen einen Briten, versteckten Kollegen auf Englisch zuzurufen: «Sie werden euch nicht töten. Sie suchen die Amerikaner», berichtete ein Algerier. «Wenige Minuten später haben sie ihn erschossen.» Der algerische Fahrer Iba el Haza berichtet der Nachrichtenagentur AFP, die Geiselnehmer hätten versprochen, Muslime zu verschonen: «Die Terroristen haben gesagt: 'Ihr habt damit nichts zu tun, ihr seid Algerier und Muslime. Wir werden euch nicht festhalten, wir wollen nur die Ausländer!'»
Ein weiterer Algerier sagt der britischen Zeitung «Mail On Sunday»:
«Sie haben die Ausländer eingekreist und ihnen allen Sprengstoff um den Hals gelegt, während sie im Kreis standen.» Die algerischen Arbeiter seien «freundlich» behandelt und schliesslich freigelassen worden. «Ich durfte gehen, vorher habe ich aber gesehen, wie viele Briten getötet wurden (...). Ein Mann aus dem Westen, der erste Hilfe leisten wollte, wurde von den Terroristen in die Luft gejagt.»
SDA/bru
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