Chinesische Corona-BloggerinSie berichtete unabhängig aus Wuhan
Die inhaftierte chinesische Juristin und Bloggerin Zhang Zhan kämpft für die Wahrheit. Jetzt scheint sie in Lebensgefahr zu schweben. Menschenrechtsgruppen solidarisieren sich mit ihr.

Die chinesische Videobloggerin Zhang Zhan gehörte zu den wenigen unabhängigen Stimmen, die im Frühjahr 2020 aus der isolierten Stadt Wuhan berichteten. Dort explodierte Ende 2019 die Zahl der Covid-19-Fälle. Das Gesundheitssystem kollabierte. Während Staats- und Parteichef Xi Jinping untertauchte, versorgten die Staatsmedien die Welt mit Propagandamaterial. Sie zeichneten das Bild einer handlungsfähigen Regierung, die alles unter Kontrolle hat.
Ganz anders sah es in Zhangs Videos aus. Anfang Februar war sie von Shanghai nach Wuhan gereist und wurde zu einer der wichtigsten unabhängigen Quellen in der Region. In einer von der Menschenrechtsorganisation Amnesty Deutschland und der Schriftstellervereinigung PEN-Zentrum initiierten Aktion auf Twitter erinnern Menschen unter dem Hashtag #ZhangZhan an die Bürgerjournalistin, die in chinesischer Haft in Lebensgefahr schweben soll.
Die heute 38-Jährige filmte im Frühjahr 2020 überfüllte Spitäler und sprach mit Angehörigen von Opfern und Erkrankten, die den Schikanen der Behörden ausgesetzt waren. Menschen, die nach Monaten der Isolation finanziell vor dem Ruin standen, kamen zu Wort. Von Februar bis Anfang Mai 2020 stellte die Bürgerjournalistin mehr als 120 Videos aus der Stadt ins Internet. Dann verschwand sie.
Monate später bestätigten die Behörden ihre Verhaftung, hielten sie ohne Angabe von Gründen und ohne Zugang zu juristischem Beistand fest. Im Dezember wurde Zhang dann zu vier Jahren Haft verurteilt. Sie habe «Streit angefangen und Ärger provoziert». Ein gängiger Vorwurf in China, um Dissidenten mundtot zu machen. Auch der chinesische Arzt Li Wenliang, der bereits im Dezember 2019 versucht hatte, Kollegen vor der Ausbreitung einer neuartigen Krankheit in Wuhan zu warnen, war von den Behörden als vermeintlicher Unruhestifter zum Schweigen gebracht worden. Li infizierte sich später selbst und starb an den Folgen der Covid-19-Infektion.
Familie fürchtet um ihr Leben
Die Juristin Zhang engagierte sich seit 2010 in einer Gruppe von Menschenrechtsanwälten für Bürgerrechte im Land. Obwohl sie wegen dieser Arbeit ihre Lizenz verlor, machte sie weiter und kritisierte in Blogbeiträgen offen die Kommunistische Partei. Zhang kam wiederholt in Untersuchungshaft, wo sie aus Protest in den Hungerstreik trat. – Das tat sie auch nach ihrer Verurteilung vor einem Jahr. Zwischenzeitlich wurde sie zwangsernährt. Inzwischen soll sie kaum noch in der Lage sein, zu laufen oder ihren Kopf aufrecht zu halten. Gegenüber der Familie soll ein Arzt des Gefängnisses ihren kritischen Zustand bestätigt haben. Es bestehe Lebensgefahr.
Ihre Familie hat – unterstützt von den Vereinten Nationen und der Europäischen Gemeinschaft – ihre Entlassung beantragt. Die Organisation Reporter ohne Grenzen zeichnete sie im November mit dem Press Freedom Award aus.
Alle Forderungen blieben jedoch bisher ohne Erfolg. Das chinesische Aussenministerium teilt ungerührt mit, der Fall werde nach chinesischem Recht behandelt.
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