Schweizer Wirtschaft bewegt sich nicht vom Fleck
Verglichen mit dem letzten Jahr ist das BIP zwar leicht gestiegen. Doch insgesamt blieb die Wirtschaft gegenüber dem Vorquartal unverändert. Schuld ist die Handelsbilanz.

Die aktuellen Konjunkturzahlen lösen Ernüchterung aus. Die Schweizer Wirtschaft stagniert. Das Bruttoinlandprodukt (BIP) veränderte sich im zweiten Quartal gegenüber dem Vorquartal nicht. Verglichen mit dem Vorjahresquartal beträgt das Wachstum lediglich 0,6 Prozent.
Das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco), das die Konjunkturzahlen veröffentlichte, hatte mit einem Anziehen der Weltwirtschaft im Laufe des Jahres gerechnet. Davon hätte auch die Schweizer Wirtschaft profitieren sollen.
Doch der weltwirtschaftliche Aufschwung bleibt bisher aus. «Die erwartete Aufhellung lässt auf sich warten», sagte Eric Scheidegger, Leiter der Direktion für Wirtschaftspolitik beim Seco, gegenüber der Nachrichtenagentur sda.
Zum einen hätten die geopolitischen Risiken zugenommen, sagte Scheidegger und verwies auf die Konflikte in der Ukraine, in Nahost, im Irak und in Syrien. Zum anderen befinde sich der Euroraum nach wie vor in einer Stagnation.
Dies spüren die Schweizer Unternehmen. Die Maschinen-, Elektro- und Metall-Industrie etwa befinde sich vom Exportvolumen her immer noch nahe dem Niveau der Krise, sagte Scheidegger. Dies liege einerseits am starken Schweizer Franken und andererseits aber auch an der schwachen Auslandsnachfrage.
Binnenwirtschaft schwächer
Bereits in den vergangenen Jahren hatte die schwache Weltkonjunktur die exportorientierten Sektoren in der Schweiz belastet. Bisher hatte jedoch die dynamische Binnenwirtschaft das BIP ansteigen lassen. Im zweiten Quartal 2014 fiel dieser stabilisierende Effekt des Privatkonsums, des Staatskonsums und der Bauinvestitionen jedoch weg.
«Der Privatkonsum und die Bauinvestitionen haben sich schwächer entwickelt als erwartet», sagte Scheidegger. Da diese beiden Posten in der Vergangenheit immer sehr stark gewachsen seien, spricht er jetzt lediglich von einer Normalisierung.
Das Wirtschaftsforschungsinstitut Bakbasel schreibt in einem Kommentar zu den Konjunkturzahlen, der private Konsum sei durch Sonderfaktoren gebremst worden.
Die Konsumausgaben des Staates und der Sozialversicherungen sind bereits das zweite Quartal in Folge rückläufig. In wichtigen Sektoren des öffentlichen Bereiches, etwa in der Gesundheit oder im Sozialen, habe es eine Bremsung des Stellenwachstums gegeben, sagte Scheidegger.
Finanzsektor stagniert
Ein weiterer früherer Wachstumstreiber, der inzwischen keine Impulse mehr liefert, ist der Finanzsektor. «In manchen Jahren hatte die Finanzindustrie bis zu 50 Prozent des BIP-Wachstums erklärt», sagte Scheidegger. Im zweiten Quartal stagnierte die Wertschöpfung des Sektors.
Auch die Handelsbilanz wirkte sich negativ auf die BIP-Entwicklung aus. Zwar nahmen die Exporte von Waren um 0,7 Prozent zu, vor allem dank der gestiegenen Ausfuhren von Bijouterie. Gleichzeitig wurden aber auch 0,7 Prozent mehr Waren importiert, vor allem Chemie- und Pharmaprodukte.
2,0 Prozent Wachstum prognostiziert
Ob das Seco angesichts des enttäuschenden Quartalsergebnisses die Wachstumsprognose für das Gesamtjahr senken wird, ist noch unklar. Die aktuelle Prognose vom Juni liegt bei 2,0 Prozent Wachstum im laufenden Jahr. Im März waren noch 2,2 Prozent Wachstum erwartet worden.
Ob eine Anpassung stattfindet, dürfte auch von rechnerischen Faktoren abhängen. Denn derzeit wird die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung komplett revidiert. Das bedeutet, dass die BIP-Jahres- und -Quartalswerte künftig anders berechnet werden. Ende September werden die revidierten Werte veröffentlicht, auch jene für das zweite Quartal.
Ob sich dadurch das derzeit ernüchternde Bild weiter eintrübt oder doch etwas aufhellt, ist unklar. Bruno Parnisari, Leiter des Ressorts Konjunktur beim Seco, sagte der Eindruck einer Verlangsamung oder Stagnation werde auch mit der neuen Rechnungsweise bestehen bleiben.
SDA/ajk
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