Strategiespiel mit Russen im Bundeshaus
Schweizer Parlamentarier messen sich heute in einem Schachturnier mit russischen Duma-Mitgliedern, inklusive einem Ex-Weltmeister. Geht das, während in der Ukraine die Bomben fallen?
Mitten in der Ukrainekrise setzt sich eine Schweizer Delegation mit Vertretern Russlands an den Tisch. Konzentriert werden die Schweizer Parlamentarier an einem raschen Sieg arbeiten – und sich dabei wenn immer möglich den Positionen der Russen annähern.
Bloss: Weit gefehlt, wer dabei an die hohe Kunst der Diplomatie denkt. Tatsächlich duellieren sich die National- und Ständeräte heute Nachmittag mit den Duma-Parlamentariern im Schach. Die SP-Politiker Christian Levrat, Andreas Gross und Jean-François Steiert, FDP-Ständerat Hans Altherr, Ulrich Meyer, Vizepräsident des Bundesgerichts, und ein Freiburger Grossrat werden sich mit keinem Geringeren als Ex-Schachweltmeister Anatoli Karpow im Strategiespiel messen. Karpow ist Mitglied des russischen Parlaments und wird von fünf weiteren Politikern begleitet – unter anderem den beiden Vizepräsidenten der Staatsduma, Alexander Schukow und Iwan Melnikow. Die je sechs Turnierteilnehmer beider Länder treten in 36 Blitzpartien à sieben Minuten gegeneinander an.
«Eine Schande»
Das Turnier ist gemäss NZZ von langer Hand geplant: CVP-Ständerat Filippo Lombardi, der letztes Jahr als Präsident der kleinen Kammer amtete, hatte Karpow demnach 2013 kennen gelernt und mit ihm über einen solchen Anlass gesprochen. Er findet nun im Rahmen der Feierlichkeiten zum 200-Jahr-Jubiläum der diplomatischen Beziehungen zwischen der Schweiz und Russland statt, wie Lombardi gestern mitteilte.
In der russischen Delegation ist kein Vertreter der Opposition vertreten. Die teilnehmenden Schachspieler unterstützen allesamt die Ukrainepolitik Wladimir Putins. Bei Schweizer Parlamentariern stösst die Veranstaltung denn auch teilweise auf Unverständnis, da sie in einem heiklen politischen Moment erfolge. Carlo Sommaruga (SP), Präsident der Aussenpolitischen Kommission (APK) des Nationalrats, findet gegenüber der NZZ deutliche Worte: Es sei «eine Schande», mit Vertretern einer der Parteien des schwelenden Ukrainekonflikts an den Spieltisch zu sitzen. Auch CVP-Nationalrätin Kathy Riklin ist der Meinung, man könne «nicht so tun, als sei nichts gewesen».
«Beitrag zum Dialog»
Der Präsident der APK des Ständerats, Felix Gutzwiller, beurteilt das Turnier dagegen weniger kritisch. Es sei nicht falsch, auch in Konfliktzeiten Kontakte aufrechtzuerhalten und seine Standpunkte zu verdeutlichen, sagt er gegenüber der Zeitung. Er hofft daher, dass die Ukraine zum Gesprächsthema werde. Das dürfte auch im Sinn von Organisator Lombardi sein: Er sieht den Anlass als «Beitrag zum Dialog». Zwar seien keine offiziellen politischen Gespräche geplant, er hoffe aber auf informelle Diskussionen.
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