Gekommen, um gesehen zu werden
Für den Initianten der Hornkuh-Initiative gab es gestern im Ständerat nicht viel zu holen.

Armin Capaul hatte gestern Morgen schon auf der Zuschauertribüne des Ständerats Platz genommen, um die in Kürze beginnende Debatte über seine Hornkuh-Initiative zu verfolgen, als unverhofft ein Mitarbeiter des zuständigen Bundesrats Johann Schneider-Ammann aufkreuzte und zu Capaul sagte: «Kommen Sie doch kurz mit, der Bundesrat möchte gerne noch mit Ihnen sprechen.»
Capaul folgte dem Mann die Wendeltreppen hinunter, doch auf der unteren Etage angekommen, war vom Mitarbeiter nichts mehr zu sehen. «Wo isch jetzt de Bundesrat?», fragte Capaul mehrmals aufgeregt in Richtung des unweit postierten Sicherheitspersonals. Nach kurzer Verwirrung war klar: Bundesrat Schneider-Ammann wartete nur eine Schwingtüre weit entfernt im Vorzimmer des Ständerats.
Man fand sich schliesslich. Der Magistrat und der Initiant gaben sich freundlich die Hand und wechselten ein paar Worte. Zu verstehen war davon nicht viel, die zwei hatten einen sehr vertraulichen Austausch unter vier Augen. Einzig von Bundesrat Schneider-Ammann war einmal deutlich der Satz zu hören: «Es kostet halt einfach alles.»
Dass in dieser Feststellung des Volkswirtschaftsministers viel Wahres steckt, zeigte sich nur wenige Minuten später. Die Fotografen einer grossen Agentur, die Capaul im Bundeshaus auf Schritt und Tritt verfolgten und ablichteten, mussten sich noch Schelte vom Bio-Bauern anhören: «An euch habe ich gar keine Freude. Ich muss euch selbst für jene Bilder Geld geben, auf denen ich selbst darauf bin. Das geht doch nicht», erklärte Capaul dem verdutzten Fotografen, der ihn soeben ins Visier nahm. Dieser zog in der Folge etwas irritiert von dannen.
Grosse mediale Bekanntheit
Doch auch ohne den Agentur-Fotografen waren noch immer zahlreiche Medienvertreter vor Ort, um den Auftritt Capauls im Bundeshaus mitzuverfolgen.
Wie die Präsenz deutscher Kamerateams gestern zeigte, reicht die mediale Bekanntheit des Bio-Bauern aus dem Berner Jura mittlerweile gar weit über die Schweizer Landesgrenzen hinaus. In den letzten Tagen sei der TV-Sender Deutsche Welle bei ihm auf dem Hof gewesen, erzählt Capaul auf dem Balkon der Wandelhalle, eine selbst gedrehte Zigarette rauchend. Gestern Morgen um 5.30 Uhr sei dann auch noch das Fernsehteam der ARD aus Genf bei ihm gewesen, um zu filmen, am späteren Morgen hätten ihn dann die ARD-Journalisten des Zürcher Studios am Bahnhof Bern empfangen.
Der knorrige Schweizer Bauer mit seiner eigenwilligen Initiative bedient im nahen Ausland offensichtlich ein Schweiz-Bild, das gerne nacherzählt wird. Capauls Anliegen erzeugt jedoch nicht nur in Deutschland ein Echo, sondern auch auf der anderen Seite des Atlantiks: «Nach den verschiedenen Artikeln über mich habe ich zahlreiche Spenden bekommen. Eine davon von einem Fanclub aus San Francisco. Dieser spendete 3500 Franken für die Initiative», erklärte er.
Nicht nur zahlreiche Journalisten umgarnten den Politikquereinsteiger gestern im Bundeshaus, auch die Parlamentarier hatten ihre Freude am Aufritt von Capaul. So zum Beispiel auch der Berner SP-Nationalrat und Gewerkschaftsboss Corrado Pardini (BE), der gleich noch ein Foto von Capaul machte und in die Runde kommentierte: «Das ist eben die Schweizer Demokratie: Gestern ein neuer Bundesrat gewählt, und heute kommt der Hornkuh-Initiant.»
Gradmesser ARD
Drinnen im Ständeratssaal war es dann der Solothurner SP-Ständerat Roberto Zanetti, der am vehementesten Fürsprache für die Initiative nahm. Und Zanetti legte sich rhetorisch gehörig ins Zeug: «Stellen Sie sich den Uristier ohne Hörner vor. Mit Verlaub, das sieht irgendwie nach einem Schaf mit Nasenpiercing aus, aber auf keinen Fall nach einem Uristier», sagte er mit Hinblick auf das einleitende Votum des Urner CVP-Ständerats Isidor Baumann. Dieser hatte kurz zuvor als Sprecher der Kommissionsmehrheit ausführlich erklärt, weshalb diese die Hornkuh-Initiative ablehnt.
Die gestrige Debatte war für den Ständerat ungewöhnlich lustvoll, die Voten beider Seiten originell. Dies fiel auch dem debattenerprobten Johann Schneider-Ammann auf: «Ich habe Spass an den Voten gehabt und erkannt, dass es hüben wie drüben um Herzensangelegenheiten geht.» Am Schluss gewann hüben – der Ständerat folgte klar dem Bundesrat und lehnte die Initiative ab.
Capaul war ob dem eindeutigen Ergebnis nur bedingt enttäuscht. Auf das kurze Gespräch mit dem Bundesrat angesprochen, meinte er: «Er war freundlich. Er ist ja auch nicht mehr als ich.» Wie die Hackordnung aus seiner Sicht eigentlich aussieht, beschrieb er kurze Zeit später auf satirische Art: «Gestern wurde hier ein Bundesrat gewählt, da war die ARD nicht hier. Heute bin ich hier, jetzt ist die ARD da.»
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