Energiekrise in EuropaSchweiz verbraucht weniger Gas, Kosten steigen massiv
Im November hat die Schweiz fast 30 Prozent weniger Gas verbraucht. Die Preise sind derweil stark angestiegen.

Die Schweiz hat ihren Gasverbrauch auch im November deutlich gedrosselt. Trotz des geringeren Verbrauchs sind allerdings die Kosten wegen der stark gestiegenen Marktpreise explodiert.
Die Schweiz hat im November unter dem Strich 3084 Gigawattstunden Gas importiert. Das sind rund 29 Prozent weniger als der Durchschnitt im selben Monat in den vergangenen fünf Jahren, wie aus dem Informationsportal des Bundesamts für Energie hervorgeht. Bereits im Oktober war der Nettoimport mit 1756 Gigawattstunden fast 40 Prozent tiefer als der langjährige Schnitt.
Über beide Monate ergibt sich damit bislang eine Einsparung von rund einem Drittel. Damit ist die Schweiz auf Kurs für ihr Sparziel. Der Bund hat sich zum Ziel gesetzt, in der kalten Jahreszeit von Oktober 2022 bis März 2023 kumulativ mindestens 15 Prozent weniger Gas zu verbrauchen als im Schnitt der vergangenen fünf Jahre. Allerdings sind üblicherweise die Wintermonate Dezember bis Februar die verbrauchsintensivsten.
Kosten für Gas vervielfacht
Da in der Schweiz kein Erdgas gefördert wird und das Land über keine grossen Gasspeicher verfügt, sind die Nettoimporte ein guter Indikator für den Verbrauch. Die Daten zu den monatlichen Nettoimporten stammen laut BFE vom Verband der Schweizerischen Gasindustrie.
Belastbare aktuellere Daten zum hiesigen Gasverbrauch sind nach wie vor nicht verfügbar. Aktuellere Angaben vom Verband Europäischer Fernleitungsnetzbetreiber für Gas können nachträglich noch stark angepasst werden und sind daher wenig aussagekräftig.
Während der Verbrauch im November also weiter stark rückläufig war, sind derweil die Kosten für Gas massiv gestiegen. Allein im November 2022 bezahlte die Schweiz rund 430 Millionen Franken für den Rohstoff – mehr als dreimal so viel wie im November 2021. Im November lag der Gaspreis laut Bundesamt für Statistik im Durchschnitt bei 3562 Franken für 20'000 Kilowattstunden. Ein Jahr zuvor waren es noch lediglich 2128 Franken, und im November 2020 waren es bloss 1882 Franken. Über das ganze Jahr gesehen haben sich die Ausgaben der Schweiz für Gasimporte im Vergleich zum Vorjahr bislang fast verfünffacht.
«Trotz einer leichten Beruhigung bleibt die Lage angespannt», sagt Michael Walser von Energie 360 Grad, einem der grössten Gasversorger in der Schweiz. Nach wie vor bestehe aber das Risiko einer Gasmangellage in diesem Winter. «Wir müssen auch in nächster Zeit mit volatilen Preisen rechnen.» Und: «Wir gehen heute davon aus, dass diese unsichere Situation auch über den nächsten Winter anhalten wird.» Deshalb sei es momentan extrem schwierig, die weitere Entwicklung der Preise vorauszusagen.
Strom wird 2023 massiv teurer
Für Strom müssen die Schweizer und Schweizerinnen ab dem kommenden Jahr im Durchschnitt ganze 27 Prozent mehr Franken auf den Tisch legen. Gemäss den Berechnungen der Eidg. Elektrizitätskommission bezahlt ein durchschnittlicher Vierpersonenhaushalt 2023 knapp 27 Rappen pro Kilowattstunde. Auf das Jahr gerechnet ergibt sich damit eine Stromrechnung von 1215 Franken – 261 Franken mehr als im Vorjahr.
Die Stromkosten können sich regional aber sehr stark unterscheiden. So gibt es Gebiete, wo sich die Kosten sogar mehr als verdoppeln. Der Berner Netzbetreiber Licht- und Kraftgenossenschaft Richigen verlangt etwa 175 Prozent mehr. Die jährliche Stromrechnung erhöht sich dort gemäss Modellrechnung um rund 2029 auf 3185 Franken im Jahr.
Auch Heizöl und Benzin wird teurer
Ein ähnliches Bild zeigt sich auch beim fossilen Energieträger Erdöl: Die Marktnotierungen für die Nordseesorte Brent sind im Frühjahr nach Beginn des Ukraine-Kriegs geradezu explodiert. Mittlerweile haben sie sich von diesen Hochs zwar wieder beruhigt, stehen aktuell aber immer noch rund 10 Prozent höher als vor einem Jahr.
Diese Bewegungen haben sich auch auf die Kosten für Heizöl und Treibstoff wie Benzin und Diesel in der Schweiz ausgewirkt. Der Heizölpreis ist hierzulande im November laut BFS-Daten auf rund 140 Franken für 100 Liter angestiegen (bei einer Bezugsmenge von 3000 bis 6000 Litern). Zwei Jahre zuvor waren es noch 63 Franken.
Aktuell ist der Preis gemäss dem Vergleichsportal «Heizoel24.ch» zwar etwas zurückgekommen, bleibt mit 131 Franken aber auf einem vergleichsweise hohen Niveau. Bei einer Nachfrage von 3000 Litern – so viel fasst für gewöhnlich ein Heizöltank in der Schweiz.
Autofahrer zahlten an den Tankstellen zudem für Benzin im Durchschnitt 1,92 Franken und für Diesel 2,26 Franken den Liter. Im November 2020 waren es noch 1,39 Franken beziehungsweise 1,50 Franken. Hier dasselbe wie beim Heizöl: Die Preise sind seit November 2022 wieder etwas zurückgekommen, aber immer noch deutlich höher als noch vor zwei Jahren. Gemäss dem Touring Club Schweiz (TCS) sind es aktuell 1,79 Franken für Benzin und 2,08 Franken für Diesel.
Sorgen um Dieselversorgung
Besonders der Dieselpreis ist also stark angestiegen. «Der Weltmarkt ist weiterhin von einem spürbaren Dieselmangel geprägt», sagt dazu Thomas Puls vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW). Die Preise für Mitteldestillate würden an der Energiebörse ICE deutlich über denen für Benzin liegen, was auch für eine weiter anhaltende Knappheit spreche.
«Zwar hat China jetzt seine Produktion hochgefahren, aber das wird wohl für Europa keine spürbaren Auswirkungen haben», sagt der Ökonom. Fielen die Importe russischen Diesels im nächsten Jahr weg, werde es in Europa schwer, diese Mengen zu ersetzen. Zwar seien die Importe aus Saudi-Arabien bereits erhöht worden, aber es zeichne sich ab, dass die Versorgung Europas mit Diesel in den kommenden Monaten herausfordernd wird.
SDA/ij
Fehler gefunden?Jetzt melden.