Schweiz sieht in CS-Razzien einen Affront
Die Niederlande haben eine grosse Aktion gegen mutmassliche Steuerbetrüger in mehreren Ländern losgetreten. Die Bundesanwaltschaft in Bern ist erbost.
Die Schweizer Behörden waren nicht informiert über die koordinierten Razzien von gestern bei Credit-Suisse-Filialen in den Niederlanden, in Grossbritannien, Frankreich, Deutschland und Australien. Die Bundesanwaltschaft reagierte auf einen Medienbericht «befremdet über die Art und Weise, wie diese Operation unter bewusstem Nichteinbezug der Schweiz» organisiert worden sei.
Die geltenden Gepflogenheiten und Regeln der internationalen Zusammenarbeit und des Rechtshilfeverkehrs seien «hier offensichtlich nicht eingehalten» worden, heisst es in einer Mitteilung der Bundesanwaltschaft von heute. Sie erwarte eine schriftliche Erklärung der zuständigen federführenden niederländischen Behörden und prüfe das weitere Vorgehen.
Zu «SRF 4 News» sagte der Sprecher der Bundesanwaltschaft, André Marty, «hier sind die Regeln bewusst geritzt worden». Alle bei Eurojust zusammengeschlossenen Länder seien in der internationalen Verbrechensbekämpfung darauf angewiesen, dass die Kooperation gut funktioniere.
Hinweis zu Geheimkonten
Credit Suisse hatte am Vormittag in einer Mitteilung von «Besuchen in Büroräumlichkeiten in Filialen in London, Paris und Amsterdam» durch lokale Behörden gesprochen und damit einen Bericht der Nachrichtenagentur Reuters bestätigt, wonach in mehreren Ländern Razzien stattgefunden hätten und wonach insgesamt rund 55'000 verdächtige Konten bei einer Schweizer Bank betroffen seien.
Hintergrund für die Razzien sei ein Hinweis zu Geheimkonten bei einer Schweizer Bank gewesen, teilte die niederländische Behörde zur Verfolgung von Finanzvergehen (FIOD) heute laut Reuters mit. Betroffen seien mehrere Inhaber von insgesamt 3800 Konten mit Verbindungen in die Niederlande. Über die Tausenden von verdächtigen Konten seien die anderen betroffenen Länder von der niederländischen Regierung informiert worden.
Goldbarren und Vermögen beschlagnahmt
Bei den Razzien in mehreren Städten wurden in den Niederlanden zwei Personen festgenommen. Die Behörden beschlagnahmten Luxusautos, Dutzende Gemälde, Immobilien, Schmuck und Bankkonten sowie Daten von Tausenden Kontoinhabern, wie eine niederländische Behördensprecherin mitteilte.
Mutmasslich seien Finanzmittel im Wert von mehreren Millionen Euro vor den Behörden versteckt worden, hiess es weiter. Ähnliche Untersuchungen seien in Grossbritannien, Australien, Deutschland und Frankreich im Gange. Nach niederländischen Behördenangaben sind in den kommenden Wochen weitere Schritte geplant.
Ermittlungen in Grossbritannien und Australien
Gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters kündigt die Bank eine interne Untersuchung an. «Wenn Einzelpersonen in die Fälle verwickelt sind oder gegen bestehende Prozesse oder Richtlinien verstossen haben, werden wir das sehr rasch ausfindig machen», sagte Iqbal Khan, Leiter des internationalen Vermögensverwaltungsgeschäfts der Bank. Seines Wissens sei niemand in Haft.
Die britischen Steuerbehörden leiteten nach eigenen Angaben Ermittlungen ein wegen Steuerflucht und Geldwäscherei im Zusammenhang mit einem «globalen Finanzinstitut»; in Australien identifizierten die Behörden mehr als 340 Personen, die der Steuerflucht über Schweizer Bankkonten verdächtigt werden.
CS beteuert Strategie der Steuerkonformität
Die Credit Suisse versichert in ihrer Mitteilung, sie arbeite mit den Behörden zusammen. Sie wende die geltenden Abkommen an und habe Steueroffenlegungsprogramme der Niederlanden und Frankreichs «erfolgreich umgesetzt». Die Beziehungen zu nicht steuerkonformen Kunden habe sie beendet. Khan sagt deshalb: «Ich bin nicht sicher, ob das (Verfahren) bestehende Kunden betrifft.»
Die CS habe zudem den automatischen Informationsaustausch, der im April 2017 in Kraft tritt, für ihre europäischen Standorte umgesetzt. Die Bank verfolge weiterhin eine Strategie der vollständigen Steuerkonformität, betonte das Institut.
sda/AP/rub
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