Schlagworte, mehr nicht
Sicher? Sauber? Schweizerisch? Das neue Energiegesetz bewirkt das Gegenteil dessen, was Doris Leuthard sagt.

Sicher, sauber, schweizerisch. Unter dieser Devise hat Bundesrätin Doris Leuthard an ihrer Pressekonferenz vom 22. März die künftige Energieversorgung unseres Landes angepriesen. Wir stimmen darüber am 21. Mai ab, weshalb es sich lohnt, diese Schlagworte genauer unter die Lupe zu nehmen.
Sicher?
Das grosse Problem des neuen Energiegesetzes ist eben gerade, dass es keine sichere Stromversorgung gewährleistet. Warum? Wir haben zu wenig einheimischen Strom, vor allem im Winter. Zur Lösung dieses Problems bietet das neue Gesetz aber gar nichts. Im Artikel 2 wird ein Zubau von neuen erneuerbaren Energien (ausdrücklich ohne Wasserkraft) von 1716 Gigawattstunden im Jahr 2015 bis zum Jahr 2035 auf 11 400 GWh vorgesehen. Selbst wenn dies mit massiven Subventionen und durch eine beträchtliche Landschaftsverunstaltung möglich sein sollte, trägt dieser Ausbau kaum dazu bei, den Strommangel im Winter zu beheben. Wind und Sonne sind wetterabhängig und können bei Nebellagen nur wenig zur Stromproduktion beitragen. Deshalb muss bei Annahme des Energiegesetzes der Import deutlich verstärkt werden. Die Auslandsabhängigkeit wächst. Alt Ständerat Carlo Schmid-Sutter (CVP, AI), heute Präsident der Eidgenössischen Elektrizitätskommission, warnte am Stromkongress, dass eine Importstrategie beim Strom nicht funktioniere, weil es nachweisbar falsch sei anzunehmen, dass Stromimporte jederzeit möglich seien.
Sauber?
Wenn wir mehr importieren müssen, ist das entweder Atomstrom aus Frankreich oder/und vor allem Kohlestrom aus Deutschland. Wohl niemand kann Kohlestrom als sauber bezeichnen. Das zeigt die CO2-Bilanz von Deutschland. Trotz mehrjähriger Subventionen in grosser Milliardenhöhe in die neuen erneuerbaren Energien steigt in Deutschland der CO2. Dieser stammt vor allem aus (Braun-)Kohlekraftwerken, die mit Volllast betrieben werden müssen, wenn Wind und Sonne nur wenig produzieren. Dafür hat Deutschland im Sommer Strom im Überfluss. Dieser muss prioritär ins Netz aufgenommen (so auch in der Schweiz) und wieder abgenommen werden. Die Deutschen heizen deshalb im Sommer die Weichen der Bundesbahn. Die Strompreise sausen in den Keller und machen nebenbei unsere Wasserkraft kaputt, die wohl sauberste Energie überhaupt.
Schweizerisch?
«Das Geld bleibt hier und die Jobs auch», wird lauthals verkündet. Trifft das zu? Solarpanels werden vorwiegend in China produziert. Es bleibt, diese hier zu installieren, zu putzen und vom Schnee zu befreien. Hingegen ist es richtig, so viel wie möglich fossile Energien einzusparen beziehungsweise zu ersetzen. Das braucht mehr Strom, aber es braucht das neue Energiegesetz nicht. Das CO2-Gesetz steht vor der Beratung. Hier können eine massvolle Unterstützung von Gebäudesanierungen ebenso wie sinnvolle Effizienzvorschriften weitergeführt werden. Gar nicht schweizerisch wäre es, wenn Industrien ins Ausland verlagert würden, weil unser Land keine zuverlässige Stromversorgung mehr gewährleisten kann.
Das Hauptanliegen einer ausgewogenen Energiepolitik muss deshalb sein, das komplexe Energiesystem mit seinen Auswirkungen auf die Klimapolitik und die Wirtschaft in ein gut durchdachtes Ganzes zu überführen, das sowohl eine angemessene wetterunabhängige Versorgungssicherheit gewährleistet wie auch die Klimaziele und die Kosten in Rechnung stellt. All das ist im neuen Energiegesetz nicht geregelt. Ein Nein dazu am 21. Mai bietet die Chance für ein besseres Gesetz.
Vreni Spoerry, Horgen, war Nationalrätin der FDP Zürich von 1983 bis 1996 und Ständerätin des Kantons Zürich von 1996 bis 2003.
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