Wahlen in Basel-StadtStephanie Eymann verpasst absolutes Mehr um 79 Stimmen
Drei Regierungsratssitze sind noch unbesetzt. Es kommt zu einem zweiten Wahlgang. Wir berichten live aus dem Kongresszentrum.
Das Wichtigste in Kürze:
Die Zwischenergebnisse zu den Grossratswahlen offenbaren, dass Rot-Grün keine Mehrheit im Grossen Rat haben wird. Die SP muss 4 Sitze abgeben. Zu den anderen Verlieren zählen die SVP und die FDP, die beide je 3 Sitze verloren haben.
Wer schafft es in den Regierungsrat? Ganz beantworten kann man diese Fratge erst nach dem zweiten Wahlgang. Nach den Schlussresultaten um 17.30 Uhr ist lediglich klar, dass vier Regierungsräte gewählt sind: Tanja Soland (SP, bisher), Lukas Engelberger (CVP, bisher), Conradin Cramer (LDP, bisher) und Beat Jans (SP, neu). Die restlichen Kandidaten müssen in den zweiten Wahlgang.
Sie SP bleibt mit 30 Sitzen in Basel-Stadt die mit Abstand stärkste Partei, was sich auch im Spitzenresultat der SP-Finanzdirektorin Tanja Soland widerspiegelte. Die SP, die in der Regierung gleich zwei ihrer Sitze wieder besetzen musste, brachte mit Nationalrat Beat Jans noch einen weiteren Kandidaten in der ersten Runde durch. Der dritte Kandidat, Kaspar Sutter, muss in den zweiten Wahlgang.
Grosse Siegerinnen bei den Parlamentswahlen sind das Grüne Bündnis und die GLP. Das Grüne Bündnis konnte seine Sitzzahl um vier auf 18 erhöhen und ist somit in der neuen Legislatur, die im Februar 2021 beginnt, zweitstärkste Kraft im Parlament.
Die GLP konnte ihre Mandatszahl auf acht verdoppeln. Auch bei den Regierungsratswahlen gelang ihr mit der Kandidatur von Esther Keller, welche die amtierende grüne Regierungsrätin überrundete, ein beachtliches Resultat.
SVP als grosse Verliererin
Die grösste Verliererinnen ist die SVP, die vier Sitze einbüsste und mit elf Sitzen den Spitzenplatz bei den bürgerlichen Fraktionen an die baselspezifische LDP abgeben musste. Diese konnte ihre Sitzzahl von 14 allerdings nicht steigern.
Zu den Gewinnerinnen gehörte bei den Parlamentswahlen auch die EVP. Sie konnte ihre Sitze von einem auf drei steigern. Das ist die Folge einer Revision des Wahlrechts, welche die Wahlhürde für Kleinparteien minimierte. Deshalb schaffte auch der rechtsextreme und renitente Vertreter der Volksaktion gegen zu viele Ausländer, Eric Weber, die Wiederwahl in den Grossen Rat.
Die Wahlbeteiligung lag mit rund 47 Prozent bei der Regierungsratswahlen und 43,5 Prozent bei den Grossratswahlen deutlich höher als noch vor vier Jahren.
Nun kommen die Schlussresultate bei den Grossratswahlen. Es gab noch eine Verschiebung. Die Grünen gewinnen vier Sitze, nicht nur drei. Dafür verliert die SVP noch einen weiteren Sitz. Damit verlierten sowohl die SVP als auch die Sozialdemokraten je vier Sitze. Die Grünliberalen und die Grünen hingegen gewinnen je vier Sitze.
Stephanie Eymann, die um ein Haar die Wahl in den Regierungsrat verpasst hat, meldet sich per Video-Botschaft aus der Quarantäne. Sie habe sich «unglaublich» gefreut über das Resultat. Sie spricht von einem Wechselbad der Gefühle, weil sich ihre Eltern heute wegen des Coronavirus im Spital befinden und sie selbst zu Hause bleiben muss. Aber auf die Wahl bezogen sei es ein wunderbarer Tag und sie freue sich auf den zweiten Wahlgang.
Statt wie vorgesehen um 21.00 Uhr werden die Schlussresultate der Grossratswahlen erst um 22.30 Uhr bekannt gegeben.
Stephanie Eymann verbuchte die meisten Stimmen in der Wahl ums Regierungsratspräsidium. Da alle drei Kandidatinnen für dieses Amt in einen zweiten Wahlgang müssen, ist dieses Rennen allerdings noch völlig offen.

Die Schlussresultate der Regierungsratswahlen sind bekannt. Definitiv gewählt sind Tanja Soland (SP), Lukas Engelberger (CVP), Conradin Cramer (LDP) und Beat Jans (SP). Drei Regierungsratssitze bleiben somit noch unbesetzt. Die LDP-Kandidatin Stephanie Eymann verpasst das absolute Mehr um 79 Stimmen. Es wird einen zweiten Wahlgang geben.

FDP-Präsident Luca Urgese sieht zwei Gründe für das schlechte Resultat seiner Partei an den Grossratswahlen. Zum einen das neue Wahlgesetz, das Kleinparteien in die Karten spielt: «Wir gingen mit der Erwartung von acht Sitzen ins Rennen. Jetzt ist es einer weniger.» Vielleicht komme die FDP aber noch zu einem Restmandat. Der zweite Grund: «Die grüne Welle setzt sich auch in Basel-Stadt weiter fort. Dies entspricht einem Trend, der sich auch in anderen Kantonen zeigt, etwa dem Aargau.»

Die SP verliert voraussichtlich vier Sitze. Damit ist Parteipräsident Pascal Pfister nicht besonders glücklich. «Für uns ist das schlimmste Szenario eingetreten», sagt er. Die Gründe sieht er zum einen in der grünen Welle, die auch in vielen anderen kantonalen Wahlen wie dem Jura zu sehen war. Andererseits jedoch leide die SP auch unter der neuen Wahlquorum-Regel: Bei den letzten Wahlen war es nämlich noch so, dass Parteien nur in jenen Wahlkreisen zur Sitzverteilung zugelassen sind, in denen sie mindestens 4 Prozent der Stimmen erreicht haben. Das half den grossen Parteien, schadete aber den kleinen.
GLP-Vizepräsident Emmanuel Ullmann stichelt in einem Beitrag auf Twitter gegen die FDP und seinen alten Kollegen Christophe Haller.

Der wohl umstrittenste Basler Politiker der letzten 10 Jahre zieht wieder in den Grossen Rat ein. Eric Weber (VA) ist aller Vorrausicht nach gewählt. Sein Jubel fällt entsprechend gross aus. Gegenüber der BaZ sagt er, er habe bereits «950 Vorstösse vorbereitet».
Nun könne er «endlich mit den Ungerechtigkeiten aufräumen.» Nach wie vor fährt er einen radikalen Rechtskurs: «Wir Schweizer müssen alles zahlen, währenddessen die Asylanten alles gratis bekommen», sagt er etwa und dass er einige Zeit bei der AfD verbracht habe. Diese Erfahrung möchte er nun gerne in seine weitere Politkarriere in Basel-Stadt einfliessen lassen.

Die Grünliberalen sind die grossen Wahlsieger. Nach der Auszählung der brieflichen Stimmen sieht es ganz so aus, als würden sie 4 Sitze gewinnen. Damit hätte die relativ junge Partei neu 8 Sitze – mehr als CVP und FDP, die beide neu auf je 7 Sitze kommen. Wie haben sie das geschafft?
«Das liegt nicht nur an Esther Keller – es ist das Gesamtpaket», sagt Katja Christ. «Wir haben eine sehr starke Kandidatin für den Regierungsrat, wir haben zum ersten Mal eine volle Liste an Grossratskandidaten und dann kommt natürlich noch die grüne Welle hinzu.» Ein Trend, von dem die GLP in Basel-Stadt voraussichtlich mehr profitieren konnte als die Grünen selber.

Sie haben drei Sitze dazugewonnen, aber ihre Regierungsratskandidatin ging unter. Wie fühlt man sich da? «Nach diesen neusten Zahlen geht es uns natürlich sehr gut», sagt Harald Friedl kurz nach Verkündung der Zwischenresultate um 16.00 Uhr. Weshalb seine Partei die grüne Welle in den Parlamentswahlen mitnehmen konnte, in den Exekutivwahlen aber daran scheiterte, erklärt er sich mit persönlichen Vorbehalten. «Ich denke, einige Leute wollten unserer Kandidatin Elisabeth Ackermann einen Denkzettel verpassen.» Friedl zeigt sich allerdings guten Mutes, dass Ackermann es im Wahlgang schaffen wird.

So präsentiert sich die Sitzverteilung im Grossen Rat nach der ersten Zwischenrechnung:
Die brieflich ausgezählten Resultate für die Grossratswahlen sind doch überraschend: Die SP wahrt mutmasslich die Mehrheit im Grossen Rat mit 30 Sitzen, verliert aber 4 Sitze. Der Grüne Trend zieht sich indessen weiter: GLP und Grüne holen 7 Sitze. Die FDP verliert 3 und hat nur noch 7 Grossratssitze. Auch die SVP zählt zu den Verlieren mit 3 verlorenen Sitzen. Aller Voraussicht nach wird es im Grossen Rat trotzdem keine rot-grüne Mehrheit geben.
Das Glanzresultat von Stephanie Eymann weckt natürlich Begehrlichkeiten. Die LDP-Regierungsratskandidatin, die seit gestern ja in Quarantäne ist und den Wahlsonntag also zuhause verbringen muss, dürfte ziemlich warme Ohren haben: Ein Telefon-Interview nach dem anderen muss sie geben, alle wollen etwas von ihr, ist doch klar.
Ausser grosser Freude über das Spitzenresultat kann Eymann jedoch noch nicht viel Analytisches preisgeben: Wer 145 Stimmen über dem absoluten Mehr liegt, muss noch immer um die Wahl zittern.
Kurz vor 15.00 Uhr wird im Kongresszentrum bekannt gegeben, dass sich die Zwichenresultate der Grossratswahlen um eine weitere Stunde verzögern. Der Grund ist, dass «viele veränderte Wahlzettel» eingingen und die Auszählung daher mehr Zeit benötige.
SP-Präsident Pascal Pfister zieht ein durchzogenes Fazit nach den Zwischenresultaten in den Regierungsratswahlen: «Es steht uns viel Arbeit bevor, wenn wir die rot-grüne Mehrheit im Kanton verteidigen wollen.» Er freue sich «ausserordentlich» über das gute Ergebnis von Finanzdirektorin Tanja Soland. «Das zeigt, dass unsere Politik sehr breit abgestützt ist.» Es sei jetzt aber wichtig, dass die Linke die Mehrheit im zweiten Wahlgang verteidigen kann. «Sonst wird jemand von den Bürgerlichen das Finanzdepartement übernehmen. Das heisst dann Steuersenkungen für die Reichen und für die anderen ist dann die Frage, was noch übrig bleibt.»
Es sei ein langer Wahlkampf gewesen, mit vielen Kandidierenden, gibt Pfister zu bedenken. Er habe sich ein besseres Resultat erhofft.
Elisabeth Ackermann ist sichtlich enttäuscht. Sie führt ihr schlechtes Wahlresultat (Stand 12 Uhr) auf den «unpopulären Entscheid» zurück, den sie kurz vor den Wahlen treffen musste. Damit meint sie die Freistellung des ehemaligen Direktors des Historischen Museums, Marc Fehlmann.
Die grüne Regierungspräsidentin stellt sich für einen zweiten Wahlgang zur Verfügung: «Stand jetzt trete ich nochmals an.»

Die SVP ist immer noch mächtig sauer auf die übrigen bürgerlichen Parteien, weil diese ohne sie in den Wahlkampf gingen. «Wären die Bürgerlichen mit der SVP gegangen, wäre zumindest Stephanie Eymann gewählt – vielleicht auch Baschi Dürr», sagt er.
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