Saif al-Islam warnt vor Bürgerkrieg
Der Sohn des libyschen Staatschefs hat angesichts der Proteste gegen seinen Vater vor einem Bürgerkrieg gewarnt. Er wandte sich am Sonntagabend ans Volk und kündigte historische Reformen an.
Islamisten und Oppositionelle versuchten, die Einheit des Landes zu zerstören, sagte Saif al-Islam. Das Land mit seinen zahlreichen Stämmen drohe dabei auseinanderzubrechen. Kriminelle könnten sich der Ölvorkommen bemächtigen, die Lebensmittelpreise könnten steigen und schliesslich könnten fremde Mächte das Land wieder kolonialisieren.
Saif machte eine «ausländische Verschwörung» gegen Libyen für die Ausschreitungen verantwortlich. Mit Blick auf die erfolgreichen Proteste in Tunesien und Ägypten sagte er mehrmals: «Libyen ist nicht Tunesien oder Ägypten.»
Er bestätigte in der fast 40-minütigen Rede, dass die Demonstranten einige Militärstützpunkte, Panzer und Waffen unter ihre Kontrolle gebracht hätten. Die Streitkräfte stünden aber weiter hinter seinem Vater, der sich im Land aufhalte.
Reformen angekündigt
Der Sohn des libyschen Machthabers kündigte für die kommenden Tage Reformen an, die er als historisch bezeichnete. Das Regime sei bereit, einige Restriktionen aufzuheben und eine Diskussion über die Verfassung zu beginnen, sagte Ghadhafi. Er bot Veränderungen an einer Reihe von Gesetzen an, darunter die Medien- und die Strafgesetze.
Ferner räumte Ghadhafi ein, dass die Streitkräfte während der Proteste gegen die Regierung Fehler gemacht hätten. Für die Gewalt machte er jedoch auch Verbrecherbanden verantwortlich. Die jüngsten Angaben über mehr als 200 Tote bezeichnete er als übertrieben und ging von 84 Opfern aus.
Ausweitung auf Tripolis
Zuvor hatte sich die Lage in Libyen immer weiter zugespitzt. Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch unter Berufung auf Spitalmitarbeiter wurden bislang über 230 Menschen getötet. Zentrum der Proteste gegen Staatschef Ghadhafi, der das Land seit 42 Jahren mit eiserner Hand regiert, ist die zweitgrösste Stadt Bengasi.
Am Sonntagabend kam es auch in der Hauptstadt Tripolis erstmals zu Zusammenstössen zwischen Tausenden Regierungsgegnern und Anhängern Ghadhafis, wie der arabische Fernsehsender al-Jazeera berichtete. Augenzeugen berichteten von Schüssen und brennenden Autos. Demonstranten warfen Steine auf Ghadhafi-Plakate. Die Polizei setzte Tränengas ein.
EU ruft zu Ende der Gewalt auf
Die EU und die USA verurteilten am Sonntagabend das blutige Vorgehen der libyschen Regierung. «Wir verurteilen die Unterdrückung von friedlichen Demonstranten und beklagen die Gewalt sowie den Tod von Zivilpersonen», erklärte die EU-Aussenbeauftragte Catherine Ashton.
In einer Erklärung nach einem informellen EU-Aussenministertreffen in Brüssel hiess es: «Die EU fordert die Behörden zu Zurückhaltung und Ruhe auf. Sie sollen sich ab sofort weiterer Gewalt gegen friedliche Demonstranten enthalten.»
Auch aus den USA kam Protest. Der Sprecher des US- Aussenministeriums, Philip Crowley, sagte in Washington, die USA seien «zutiefst besorgt über die beunruhigenden Berichte und Bilder, die aus Libyen kommen».
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