Russland schickt Hilfskonvoi in die Ukraine
Die ukrainische Regierung ignoriert eine Feuerpause und setzt zum Sturm auf die Millionenstadt Donezk an. Dort wird die Situation immer prekärer: Lebensmittel und Wasser werden langsam knapp.
Bei der Offensive gegen die prorussischen Separatisten steht die ukrainische Armee nach eigener Darstellung vor einem Erfolg. Die Regierungstruppen bereiteten sich auf die letzte Phase zur Einnahme der Rebellenhochburg Donezk vor, sagte Militärsprecher Andrej Lyssenko. «Unsere Soldaten haben Donezk komplett von Lugansk abgeriegelt», sagte er. «Wir arbeiten daran, beide Städte zu befreien, aber es ist besser, zuerst Donezk zu befreien - es ist wichtiger.»
Die von den Regierungstruppen in Donezk eingeschlossenen prorussischen Separatisten haben jedoch eine Gegenoffensive in den kommenden zwei bis drei Tagen angekündigt.
Separatisten-Anführer Alexander Sachartschenko teilte mit, seine Kämpfer seien für einen Gegenangriff bereit. Sie seien ausreichend dafür bewaffnet, sagte der gebürtige Ostukrainer, der in der vergangenen Woche den Russen Alexander Borodaj an der Spitze der Rebellenbewegung abgelöst hatte.
Lebensmittel und Wasser knapp
In der Industrie-Metropole Donezk mit einst 900'000 Einwohnern werden derweil Lebensmittel und Wasser immer knapper. Jene Einwohner, die nicht aufs Land geflüchtet sind, gehen kaum auf die Strasse. Banken blieben geschlossen. Renten und Sozialhilfe werden zurzeit nicht ausgezahlt.
Russland liefert nun in Zusammenarbeit mit dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) humanitäre Hilfe in die Ostukraine. Darüber informierte Kremlchef Wladimir Putin den EU-Kommissionspräsidenten José Manuel Barroso bei einem Telefonat, wie der Kreml in Moskau mitteilte. Barroso warnte Putin nach Angaben der EU-Kommission vor «einseitigen militärischen Aktionen, unter egal welchem Vorwand, inklusive humanitärer Einsätze».
Zuvor hatte Moskaus Aussenminister Sergej Lawrow mitgeteilt, dass sich Russland und die Ukraine auf Hilfslieferungen durch das IKRK geeinigt hätten. Die ukrainische Regierung hat einer vom Roten Kreuz angeführten Hilfsmission im Osten des Landes zugestimmt.
Die ukrainische Führung hatte mehrfach die Befürchtung geäussert, Russland könnte unter dem Deckmantel eines Hilfskonvois Soldaten und Waffen über die Grenze schaffen. NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen erklärte, er stufe die Wahrscheinlichkeit einer russischen Invasion als hoch ein.
Gefängnis von Granate getroffen
In Donezk war die Nacht hindurch aus den Aussenbezirken Feuer schwerer Waffen zu hören. Eine Artilleriegranate traf am späten Sonntagabend ein Hochsicherheits-Gefängnis in der westlichen Vorstadt. Dabei wurde nach Angaben der Stadtverwaltung ein Häftling getötet. Über 100 Insassen seien entkommen. Mehr als 30 von ihnen kamen aber nach Angaben des ukrainischen Strafvollzugs wenig später wieder zurück.
Auch in Lugansk gilt die Lage als zunehmend aussichtslos für die Menschen. Am Montag waren bereits den neunten Tag in Folge rund 250'000 Bewohner bei Sommerhitze ohne Strom und Wasser, wie der Stadtrat mitteilte. Zahlreiche Geschäfte waren geschlossen.
Wegen der blutigen Kämpfe riet die ukrainische Regierung den Bewohnern der umkämpften Regionen zur Flucht. «Für Zivilisten ist es besser, Donezk und Lugansk zu verlassen», sagte Lyssenko vom Sicherheitsrat.
Die «Anti-Terror-Operation» werde fortgesetzt, in jeder Stadt gebe es Fluchtkorridore. Die Armee müsse schnell handeln, damit die prorussischen Separatisten sich nicht neu formieren und mit Nachschub ausrüsten könnten.
Hoher Blutzoll
Die Kämpfe mit den Separatisten in der Ostukraine hatten Anfang Mai nach dem Beitritt der Halbinsel Krim zu Russland begonnen. Seither wurden nach Angaben der ukrainischen Regierung 568 Soldaten in den Gefechten getötet. Nach Einschätzungen der UNO wurden seit Ausbruch des Konflikts über 1100 Soldaten, Rebellen und Zivilisten getötet.
Mehr als drei Wochen nach dem mutmasslichen Abschuss des malaysischen Flugzeugs MH17 teilten die Separatisten in dem von ihnen kontrollierten Absturzgebiet mit, alle Leichenteile und privaten Gegenstände der 298 Opfer geborgen zu haben.
Von internationalen Experten gab es zunächst keine Bestätigung. Die Helfer hatten das Gebiet nach der Tragödie vom 17. Juli abgesucht, mussten die Region aber zuletzt wegen der Gefechte verlassen.
SDA/mrs
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