Rot versprochen, BLT-Gelb geliefert
Mit den neuen Zügen wird die Marke Waldenburgerbahn fast verschwinden.

Bei einigen früheren Aktionären der Waldenburgerbahn AG dürften die Worte des damaligen Verwaltungsratspräsidenten Urs Steiner noch in den Ohren hallen: «Auch das neue Rollmaterial wird wie bis anhin in der Farbe Rot zwischen Waldenburg und Liestal verkehren.» Dies hat Steiner im Juni 2016 gesagt, und zwar just an jener Generalversammlung, an der die WB-Eigner die Fusion mit der Baselland Transport AG (BLT) besiegelten. Seit vorgestern ist jedoch klar: Statt wie versprochen in Rot wird die WB ab Dezember 2022 in BLT-Gelb unterwegs sein.
Urs Steiner hat seit dem Zusammenschluss der beiden Transportunternehmen keine Entscheidungskompetenz mehr. Doch die BLT habe damals explizit in Aussicht gestellt, bei der bisherigen Farbe zu bleiben, bestätigt der frühere WB-Chef auf Nachfrage der BaZ. Fredi Schödler, der stellvertretende Direktor der BLT, entgegnet: «An der GV hatten andere Themen Priorität als die Farbe. Es ging immerhin um eine Fusion.»
In den sozialen Medien gehen die Wogen wegen der neuen Farbe hoch. Die bekannten Köpfe aus dem Tal zeigen sich etwas gemässigter. Hier dominiert die Freude, dass die WB überhaupt erhalten bleibt und modernisiert wird.
«Ich bin mit der Farbwahl nicht unbedingt zufrieden und hätte es begrüsst, wenn die BLT beim alten Rot-Weiss geblieben wäre», sagt Andrea Kaufmann, Gemeindepräsidentin von Waldenburg und FDP-Landrätin. Doch sie könne nachvollziehen, dass die BLT mit einer einheitlichen Farbkombination auftreten möchte.
Kein WC, keine 1. Klasse
Auch Kurt Grieder, der Präsident des Vereins Dampfzug Waldenburgerbahn, ist in erster Linie erfreut über das Weiterbestehen der Bahn – und dass für die historische Dampflokomotive «Gedeon Thommen» eine Lösung gefunden werden konnte. Diese befindet sich seit Montag in einer Remise bei der Haltestelle Talhaus in Bubendorf.
Lorenz Degen, Historiker und Bahnjournalist aus Liedertswil, ist vom BLT-Gelb wenig überrascht: «Es war klar, dass etwas komplett Neues kommen wird.» Dass die BLT hier ihre Duftmarke setzen will, sieht man auch an der vorgesehenen Anzeige vorne am Zug: «19 Liestal». Damit präsentiert sich die WB künftig deutlich als Teil des BLT-Tramnetzes im weiteren Sinn. Die Aufschrift «WB» bleibt zwar erhalten, wirkt neben der prominent platzierten Linienbezeichnung aber eher wie das Emblem einer Automarke.
Neben dem neuen Look wird die WB künftig mit deutlich komfortablerer Ausstattung daherkommen. Der Niederflurzug bietet mehr Platz, ist vollklimatisiert und verfügt über ein integriertes Fahrgastinformationssystem.
Bahn-Experte Lorenz Degen relativiert: «Das ist heute eigentlich selbstverständlich.» Was in seinen Augen aber fehlt, sind Abteile der 1. Klasse sowie ein WC. «Das ist eine verpasste Chance. Damit hätten allenfalls zusätzliche Fahrgastsegmente erschlossen werden können. Mit einer Art ‹business class› hätte die BLT einen Anreiz geschaffen, dass Leute vom Auto auf den Zug umsteigen.»
Auch die Maximalgeschwindigkeit der neuen Züge von 80 Stundenkilometern lässt Degen stutzen. Der Standard bei vergleichbaren Meterspur-Bahnen in der Schweiz liege bei 100 Stundenkilometern. Das würde beim heutigen Fahrplankonzept zwar nicht viele Vorteile bringen, doch schränke es die Möglichkeiten in Zukunft ein: «Ich erwarte schon, dass mit den neuen Zügen auch ein neuer Fahrplan kommt. Eine Idee wäre, in den Hauptverkehrszeiten ab Hölstein direkt bis nach Liestal zu fahren und die Haltestellen ohne grosses Publikumsaufkommen auszulassen. Dadurch könnte die Reisezeit bedeutend verkürzt werden.»
«Strecke zu kurz»
Die BLT habe diese Punkte diskutiert, so Fredi Schödler. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer im Zug sei jedoch zu kurz, als dass sich eine 1. Klasse oder ein WC lohnen würden. Das Potenzial, zusätzliche Passagiere gewinnen zu können, schätzt Schödler als «sehr gering» ein. Beim WC handle es sich zudem um eine Frage der Kapazität: «Wir bieten lieber mehr Sitzplätze und mehr Komfort statt eine Toilette.» Ferner bedeuteten sanitäre Anlagen auch mehr Aufwand im Unterhalt.
Ein Eilzug zu Stosszeiten, der einzelne Stationen auslässt, sei technisch zwar möglich. Aktuell ist dies laut Schödler jedoch nicht vorgesehen. Daher wäre eine Anschaffung von Zügen mit höherer Maximalgeschwindigkeit «unverhältnismässig» gewesen und der Zeitgewinn durch das höhere Tempo würde sich im Sekundenbereich bewegen. Klar sei, dass die WB bestmöglich auf die Anschlüsse am Bahnhof Liestal abgestimmt werde.
Bis Dezember 2021 fährt die Waldenburgerbahn noch in gewohnter Manier. Daraufhin bleibt die Schiene für ein Jahr gesperrt und die Passagiere müssen mit dem Bus Vorlieb nehmen. In dieser Zeit wird die Fahrbahn erneuert und von 75-Zentimeter- auf Meterspur umgestellt. Ab Dezember 2022 kommt schliesslich das neue Rollmaterial zum Einsatz.
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