Romano Prodi verpasst Wahl um 109 Stimmen
Italiens Parlament hat nach zwei Tagen noch keinen Nachfolger für Staatspräsident Giorgio Napolitano gewählt. Die Allianz um Silvio Berlusconi boykottierte den vierten Wahlgang.

Bei der Präsidentenwahl in Italien hat das Mitte-Links-Bündnis von Pier Luigi Bersani Ex-Regierungschef Romano Prodi ins Rennen geschickt, nachdem Kompromisskandidat Franco Marini in zwei Wahlgängen gescheitert war. Aber auch mit Prodi kam das Bersani-Lager im dritten und vierten Wahlgang nicht zum Erfolg. Im vierten Wahlgang hätte Prodi 504 von 1007 Stimmen erreichen müssen. Er erhielt aber lediglich 395 Stimmen: Damit verpasste Prodi die Wahl um 109 Stimmen. Der frühere EU-Kommissionspräsident kann sich morgen Samstag erneut zur Wahl stellen.
Bei der Wahl um die Nachfolge von Staatspräsident Giorgio Napolitano bekam Stefano Rodotà am zweitmeisten Stimmen. Rodotà war für Beppe Grillos Protestbewegung «Fünf Sterne» ins Rennen gegangen. Der angesehene Jurist und frühere Datenschutzbeauftragte konnte 213 Stimmen auf sich vereinen. An dritter Stelle folgte die amtierende Innenministerin Anna Maria Cancellieri mit 78 Stimmen. Vereinzelte Stimmen fielen auf sechs weitere Personen.
Um Prodis Wahl zu boykottieren, hatten die Mitte-Rechts-Allianz um Ex-Premier Silvio Berlusconi und die rechtsföderalistische Lega Nord beschlossen, nicht am vierten Wahlgang teilzunehmen. Selbst im eigenen Lager gab es etliche Parlamentarier, die nicht für Prodi stimmten. Der frühere Regierungschef und EU-Kommissionspräsident hätte auf dem Papier rund 500 Stimmen von den Mitte-Links-Parteien erhalten müssen. Ob beim fünften Wahlgang am Samstagvormittag ein Kandidat auf die absolute Mehrheit von 504 Stimmen kommt, scheint am heutigen Freitagabend noch unklar.
Neues Zerwürfnis zwischen Bersani und Berlusconi
Das Mitte-Links-Bündnis um Bersani hatte Prodi nominiert, weil aus den eigenen Reihen massive Kritik an Marini gekommen war. Den früheren Senatspräsidenten und Gewerkschaftsführer hatte Bersanis Demokratische Partei gemeinsam mit der von Silvio Berlusconi geführten rechts-konservativen Partei Volk der Freiheit auf den Schild gehoben. Die Nominierung Prodis hat inzwischen einen neuen Streit zwischen den Lagern von Bersani und Berlusconi provoziert. Berlusconi beschuldigte Bersani, lediglich die eigenen Interessen zu verteidigen und die Suche nach einem parteiübergreifenden Kandidaten zu boykottieren. Bersani entscheide sich damit für vorzeitige Parlaments-Neuwahlen. «Wir sind der Ansicht, dass Italien wichtiger ist als die Interessen einer Linksfraktion», betonte Berlusconi.
Vor dem Parlament kam es am Nachmittag zu einer Demonstration von Mitte-Rechts-Aktivisten gegen Prodis Kandidatur. Zu den Demonstranten zählte Duce-Enkelin Alessandra Mussolini, die sich mit dem provokantiven T-Shirt zeigte: «Der Teufel trägt Prodi.»
Politische Blockade seit den Wahlen im Februar
Die aus Mitgliedern des Abgeordnetenhauses und des Senats sowie Vertretern der Regionen zusammengesetzte Versammlung war am Donnerstag in Rom zusammengekommen, um den Nachfolger des 87-jährigen Napolitano zu wählen. Napolitanos siebenjähriges Mandat endet am 15. Mai.
Italien befindet sich seit den Wahlen Ende Februar in einer politischen Blockade. Bei der Parlamentswahl hatte Bersanis Bündnis zwar die Mehrheit im Abgeordnetenhaus, nicht aber im Senat erzielt. Seither ist das Land blockiert, eine Regierungsbildung ist nach wie vor nicht in Sicht. Und der scheidende Staatschef Napolitano kann so kurz vor Ende seiner Amtszeit keine Neuwahl veranlassen, dafür muss erst ein Nachfolger im Amt sein.
sda/afp/dapd/vin
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