Richterswil betreibt Heim selbst
Der Gemeinderat will für das geplante Wohn- und Pflegeheim an der Gartenstrasse selber verantwortlich sein. Der private Bewerber Seniocare AG geht leer aus, obwohl er sich zuvor in einem öffentlichen Verfahren gegen einen Mitkonkurrenten durchgesetzt hatte.
Von Elio Stamm Richterswil – Stimmen die Richterswiler im kommenden Herbst dem Baukredit zu, steht 2014 an der Gartenstrasse im Zentrum ein neues Wohn- und Pflegeheim mit 56 Plätzen. Die Gemeinde wird den 15 Millionen Franken teuren Bau dann nicht nur selbst finanziert haben, sondern auch selbst betreiben. Dies hat der Gemeinderat an einer Pressekonferenz bekannt gegeben. Damit hat er seine Strategie seit dem Kauf des Grundstücks 2007 stark geändert: Damals ging die Exekutive davon aus, das neue Heim weder zu finanzieren noch zu betreiben. Für beides wäre ursprünglich die Seniocare AG vorgesehen gewesen. Die schweizweit grösste private Gruppe im Bereich der Pflege und Betreuung älterer Menschen führt bereits den Etzelblick mit seinen 42 Pflegebetten direkt neben dem geplanten Pflegeheim. Erst scheiterten vor eineinhalb Jahren die Verhandlungen über die Finanzierung durch die Seniocare, und nun geht die Firma komplett leer aus, obwohl sie bis zuletzt für den Betrieb des neuen Heims favorisiert war. Anfang September hatte sich der Gemeinderat nach einer öffentlichen Ausschreibung und einem Evaluationsverfahren für die Seniocare und gegen einen anderen Anbieter als möglichen privaten Betreiber entschieden. Mit Seniocare wurde bereits ein möglicher Leistungsvertrag ausgehandelt. Weil der Gemeinderat aber unzufrieden war, dass nur zwei Bewerbungen eingegangen waren, prüfte er in den vergangenen Monaten den Eigenbetrieb. Das hat er offen kommuniziert. «Brauchen keinen Gewinn» Wieso sich der Gemeinderat nach dem Gegenüberstellen der beiden Optionen für einen Betrieb in Eigenregie entschieden hat, erklärt Gesellschaftsvorsteherin Renate Büchi (SP) mit den Einflussmöglichkeiten und den Kosten. Obwohl im Leistungsvertrag bis hin zur Höhe der Löhne der Angestellten ziemlich genau geregelt gewesen wäre, welche Aufgaben die Seniocare zu erfüllen gehabt hätte, ist sich Büchi sicher: «Nach Abschluss der Vereinbarung wäre unser Einfluss auf die Pflegeleistungen geringer gewesen als bei einem Eigenbetrieb.» Die Gemeinde habe eine sehr klare Vorstellung davon, wie die Pflege für die eigenen Bewohner auszusehen habe. Zudem betreibe sie seit vielen Jahren im Wisli erfolgreich ein eigenes Alterszentrum. Ausser im Bereich der Betreuung von dementen Personen könne Richterswil daher auf langjährige Erfahrung zählen.Auch auf Kostenseite sieht der Gemeinderat in seiner Lösung keine Nachteile. Im Gegensatz zu einem privaten Betreiber müsse die Gemeinde keinen Gewinn erwirtschaften. «Es genügt, wenn wir eine schwarze Null schreiben», sagt Büchi. Die Annahmen der Gemeinde Richterswil basieren darauf, dass sie das Pflege- und Wohnheim bei gleicher Qualität gleich effizient wie die Seniocare betreiben kann. Seniocare-Chef Beat Ammann, der ebenfalls an der Pressekonferenz teilnahm, sieht das ein wenig anders. Ohne die Richterswiler Qualitäten in Abrede stellen zu wollen, ist Ammann überzeugt, dass private Anbieter kosteneffizienter arbeiten als öffentliche: «Allein durch die Zusammenlegung der zentralen Dienste und bessere Konditionen bei Lieferanten wegen unserer Grösse sind die Ausgaben geringer.» Ammann ist sicher, dass die Seniocare die Pflege ganz nach den Wünschen der Gemeinde angeboten hätte. «Wir haben zu den von der Gemeinde diktierten Details des Leistungsvertrags uneingeschränkt Ja gesagt.»Die Seniocare ist enttäuscht über den Richterswiler Entscheid. Für Ammann «strebt die Gemeinde eine Monopolstellung an». Er betont aber, dass die gute Zusammenarbeit im benachbarten Etzelblick-Heim fortgesetzt werden soll. Bis die 56 Plätze an der Gartenstrasse bezugsbereit sind, sei der Betrieb des sanierungsbedürftigen Heims gesichert. Ob die Seniocare den Etzelblick darüber hinaus als Pflegeheim betreibt, ist noch unklar. Das hänge von der Entwicklung der Nachfrage nach Pflegeplätzen ab. Die Gemeinde ist überzeugt, dass ein Eigenbetrieb des geplanten Heims günstiger kommt. Visualisierung Archiv
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