Reisende meiden Kreuzfahrten wegen Coronavirus
Die Schweizer Reederei MSC leidet unter sinkender Nachfrage. Die Krise bedroht die Wachstumspläne der Branche, die 100 neue Schiffe bestellt hat.

Es sollte eine Traumreise werden, doch die Kreuzfahrt entwickelte sich zu einem Höllentrip: 14 Tage lang sassen rund 3700 Passagiere auf der Diamond Princess vor Japan fest, 691 haben sich mit dem Coronavirus infiziert. 4 sind mittlerweile gestorben. Durch die Quarantäne wurde der Vergnügungsdampfer zu einer Brutstätte für die Lungenkrankheit.
Dieser Tage verweigerten Jamaika und Grand Cayman der MSC Meraviglia mit rund 4570 Passagieren an Bord das Anlegen. Ein Besatzungsmitglied und eine junge Passagierin zeigten Grippesymptome. Labortests haben nun bestätigt, dass beide nicht vom Coronavirus infiziert sind. Jetzt könnten die Gäste wie geplant im mexikanischen Cozumel ihren Landgang antreten, teilte die Schweizer Reederei MSC Cruises mit.
Die Angst vor dem Virus greift um sich und trifft den Tourismussektor hart. Dabei zählt die Kreuzfahrtbranche hier bisher zu den Wachstumsstars, sie setzt weltweit rund 42 Milliarden Franken um. Mit MSC Cruises, die 17 Schiffe in Betrieb hat und rund 3 Milliarden Franken umsetzt, hat die Nummer drei des Marktes in der Schweiz ihren Sitz. Das Unternehmen ist im Besitz der Gründerfamilie Aponte.
MSC ist weniger exponiert
Die Branche trifft die Corona-Krise gleich doppelt: zum einen dadurch, dass Schiffsreisen nach Asien abgesagt oder umgeleitet werden. Die Fahrtkosten werden den Gästen erstattet. Das geht ins Geld. Dieser Effekt lässt sich beziffern: Für Platzhirsch Carnival, zu dem Marken wie Aida und Costa gehören, schätzen die Analysten der Berenberg Bank den Gewinnrückgang für das laufende Jahr auf 14 Prozent.
MSC ist hier weniger exponiert, weil die Genfer bisher nur ein Schiff in Asien unterwegs hatten. Nach Angaben der Reederei wurde die MSC Splendida aus China abgezogen und ist nach umfangreichen Reinigungsarbeiten auf dem Weg nach Genua. Ferner hat MSC die Route der MSC Bellissima geändert, die im März vom Persischen Golf nach Asien ablegen soll. Die Anlaufhäfen in China wurden gestrichen. Zu den Kosten macht MSC keine Angaben, sie sollten aber überschaubar sein.
Gefährlicher ist dagegen, dass die Corona-Angst die Lust der Touristen auf Kreuzfahrten dämpft. «Die Buchungswelle für den bevorstehenden Sommer fällt verhaltener aus», berichtet George Studer, Gründer des Online-Buchungsportals Cruise-Center. Gerade Familien würden zögern, besonders bei Standardreisen im Mittelmeerraum. Vereinzelt hätten Gäste ihre Schiffsreise auch storniert.
Im Mittelmeerraum sieht sich MSC Cruises als Marktführer. Daher räumt auch ein Unternehmenssprecher eine «gewisse Abschwächung» bei den Verkäufen ein. Zahlen nennt das Privatunternehmen keine.
Jeder Gast wird vor dem Einsteigen per Wärmescan überprüft – wer Anzeichen von Fieber hat, darf nicht einsteigen.
Je länger die Krise geht, desto stärker dürfte der Effekt anhalten. Die Analysten der Bank Berenberg rechnen damit, dass der Corona-Effekt sich bei den Buchungszahlen bis ins Jahr 2021 hineinziehen dürfte. Die börsenkotierten Anleihen der MSC kamen unter Druck.
Das Unternehmen tut alles, um seine Passagiere zu beruhigen, und hat die Sicherheitsvorkehrungen verschärft. So wird jeder Gast vor dem Einsteigen per Wärmescan überprüft – wer Anzeichen von Fieber hat, darf nicht einsteigen. Zudem darf niemand ein MSC-Schiff betreten, der in den vergangenen 30 Tagen in Festlandchina, Hongkong und Macao unterwegs war oder dort auch nur am Flughafen umgestiegen ist. Auch den Begleitpersonen dieser Gäste wird dann der Zugang zum Schiff verweigert.
Die Corona-Krise trifft die wachstumsverwöhnte Kreuzfahrtbranche zu einer Zeit, in der die Reedereien mit Volldampf auf Expansionskurs sind. Bis 2027 sollen 100 neue Schiffe den Betrieb aufnehmen, die Kapazität an Kabinenplätzen wird um 40 Prozent zunehmen, hat der Branchendienst Cruise Industry News ermittelt. MSC gilt als besonders aggressiv, die Genfer wollen laut Geschäftsbericht bis 2027 bis zu 16 neue Schiffe in Betrieb nehmen. Der Investitionsplan hat ein Volumen von über 11 Milliarden Euro.
Experte erwartet Preissenkungen
Vor allem Asien galt als der Markt der Zukunft. Nun ziehen Reedereien ihre Schiffe von dort ab und setzen sie unter anderem im Mittelmeerraum ein. Sprich: Mehr Angebot trifft auf eine sinkende Nachfrage.
Laut Branchenexperte Studer würden im Frühjahr die Frühbucherrabatte, die um die 13 Prozent ausmachten, jetzt normalerweise auslaufen. «Das dürfte jetzt wohl ausbleiben», sagt der Experte.
MSC Cruises erklärt dagegen, Preissenkungen seien nicht geplant. Dagegen zeigt sich die Reederei gegenüber den Gästen auf der MSC Meraviglia, die durch die Karibik irrte, kulant: Sie bekommen die Kosten der Reise komplett erstattet.
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