Neues Basler Tropenhaus eröffnetReise in eine exotische Welt
Im Botanischen Garten, unweit des Spalentors, kann man den tropischen Tiefland-Regenwald erleben.

Eine Expedition in die Tropen muss nicht zum Äquator führen. Sie kann auch beim Spalentor stattfinden. Das soeben eröffnete neue Tropenhaus im Botanischen Garten der Universität Basel lockt zu einer Entdeckungsreise.
«Alle reden von Biodiversität. Hier kann man sie hautnah erleben», sagt Bruno Erny, Leiter des Botanischen Gartens, bei einem Rundgang mit der BaZ. Wir lassen den Verkehrslärm hinter uns. Und tauchen ein in eine exotische Welt. Dieser Geruch! Leicht modrig, moosig, feucht. Dieses Grün! Oliv-, smaragd-, grasfarben. «Es ist ein Universum für sich, ein Stück tropischer Tiefland-Regenwald», sagt Erny nicht ohne Stolz.
Das Basler Tropenhaus stand 1589 am Rheinsprung, im 18. Jahrhundert beim Universitätsspital und im 19. Jahrhundert an der Gartenstrasse nahe dem Aeschenplatz. Seit 1965 ist es am heutigen Standort zwischen Spalentor und Petersplatz zu finden. Vor vier Jahren musste das Haus allerdings abgerissen werden. «Es war nicht isoliert, die Scheiben waren blind, die Technik veraltet», erinnert sich Erny.
Jetzt, vier Jahre und rund elf Millionen Franken später (das Geld stammt unter anderem vom Uni-Immobilienfonds, privaten Förderern und Stiftungen), steht es da in neuem Glanz. Es wurde erbaut auf dem Fundament des alten Gebäudes, ist aber etwas höher als sein architektonischer Vorgänger. Natürlich wurde es topmodern ausgerüstet. Zur Bewässerung dienen Regen- und Grundwasser.
Fernwärme liefert die Kehrichtverbrennungsanlage. Egal, ob es in der Stadt klirrend kalt oder sengend heiss ist – drinnen zeigt das Thermometer stets zwischen 20 und 24 Grad an. Wenn das Sonnenlicht besonders intensiv auf die UV-durchlässigen Scheiben aus Isolierglas fällt, kann die Temperatur aber auch schon mal auf maximal 28 Grad steigen.
Im Tropenhaus braucht man keine Machete, um sich einen Weg durchs Dickicht zu schlagen oder die riesigen Blätter der Bananenbäume beiseitezuschieben. Ein zivilisiertes Weglein führt durch die Pflanzenwelt. Die Schuhe bleiben sauber.
Bruno Erny zeigt auf eine unscheinbare Blattspitze, die zylindrisch aus dem Boden ragt. Es ist die legendäre Titanwurz – ein botanischer Superstar. Denn wenn sie blüht – was selten der Fall ist –, erblüht sie wunderschön. Allerdings ist nach drei Tagen die Pracht schon wieder vorbei. 2011, 2012 und 2014 zog das blühende Wunder in Basel jeweils zehntausend Zuschauer an.
Noch ist die Titanwurz derzeit bloss etwa so gross wie eine Hand. Botanische Laien könnten sie glatt übersehen. «Warten Sie ab», sagt Bruno Erny: «Sie kann innert 24 Stunden rund acht Zentimeter in die Höhe wachsen.» Am Ende wird das Regenwald-Gewächs eine Grösse von bis zu zweieinhalb Metern erreichen.
Ursprünglich ging die Uni Basel davon aus, dass die Titanwurz dieses Jahr im August erneut aufblühen werde. Roger Erny verrät nun: «Wir rechnen damit, dass dies bereits Ende Juni der Fall sein könnte.»
Einen anderen prominenten Bewohner des Tropenhauses werden Besucher nicht mehr zu Gesicht bekommen: die grosse Echse mit dem Namen Basilisk. Seit 2002 war das Tier dort zu Hause. Doch es ist alt geworden. 22 Jahre alt, um genau zu sein. Dabei beträgt die durchschnittliche Lebenserwartung dieser Echsenart bloss etwa 13 Jahre. Der Senior ist schwach und ausserdem auf beiden Augen blind. Deshalb musste er ins Altersasyl weichen, das sich in einem Nebengebäude befindet.
Bruno Erny lenkt die Schritte vom Tropenhaus hinüber in einen weiteren, kleineren Neubau, der dem Hauptbau angegliedert ist: das Nebelwaldhaus. «Hier herrscht sozusagen ewiger Oktober», erklärt er. Die Luft ist feuchter als im Tropenhaus, aber kühler. «Da, schauen Sie», sagt Erny: «Eine Dracula-Orchidee!» Anders als ihr Name vermuten lässt, sieht sie nicht furchterregend aus. An Baumstämmen, die aus dem Baselbiet und dem Tessin stammen und im Boden einbetoniert wurden, wachsen weitere Orchideenarten, aber auch Moose, und Lianen klettern an den Stämmen empor.
Im neuen Tropenhaus kann man während 365 Tagen im Jahr eine stille, entschleunigte Welt bestaunen. Und das erst noch gratis und franko, denn der Eintritt ist frei.
Tag der offenen Tür mit Infoposten, die einen vertieften Einblick zum Neubau und der tropischen Flora ermöglichen, am Samstag, 27. Mai, von 10 bis 16 Uhr. Spalengraben 8 (Tramhaltestelle Spalentor). Beizli im Garten.
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