Gratis-Kitas für alle im BaselbietAlso doch: Gegenvorschlag zu 170 Millionen teurem SP-Begehren
Showdown im Landrat: Mit dem knappsten aller Resultate hat das Parlament den Regierungsantrag abgelehnt, nur die Initiative für gebührenfreie Kinderbetreuung der Stimmbevölkerung vorzulegen.

Am Ende waren die Bürgerlichen die grossen Verlierer. Wobei: Alle Bürgerlichen? Nicht ganz. Die Mitte/GLP-Fraktion war diesen Donnerstag gespalten und spielte – einmal mehr – das Zünglein an der Waage. Zum Vorteil der Sozialdemokraten und einer Mehrheit der Grünen und EVP, die von derartigen Differenzen gern (und berechtigterweise) Profit schlagen.
Doch von Anfang an: Um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist es im Baselbiet schlecht bestellt. Die Kosten für die familienergänzende Betreuung sind im Landkanton schweizweit nach Uri die zweithöchsten. In der 2021 eingereichten, und kontrovers diskutierten Initiative «Gebührenfreie Kinderbetreuung für alle Familien» forderte die SP auch deshalb in allen Gemeinden gebührenfreie Kinderbetreuung in Kindertagesstätten, Tagesfamilien und Spielgruppen bis zur ersten Klasse. Zudem sollen die Arbeitsbedingungen und die Qualität in den Kitas verbessert werden.
Im August letzten Jahres lehnte die Regierung das Begehren aber vor allem wegen der immensen Kosten ab. Die Annahme des Vorschlags hätte jährlich wiederkehrende Ausgaben von über 170 Millionen Franken – und wohl eine beachtliche Erhöhung der Einkommenssteuer – zur Folge. Ausserdem sei der Regierungsrat bereits daran, «mögliche Lösungsvorschläge» zur Weiterentwicklung des Systems zu erarbeiten, hiess es damals. Trotz alledem hat die landrätliche Justiz- und Sicherheitskommission (JSK) dem Parlament vor ein paar Wochen beantragt, beim Regierungsrat einen Gegenvorschlag zur Initiative in Auftrag zu geben. Diesem Antrag kam das Parlament nun nach – wenn auch äusserst knapp.
SVP singt Loblied auf SP-Regierungsrätin
Der Landrat hat mit 44 zu 43 Stimmen den Regierungsantrag abgelehnt, nur die Initiative der Stimmbevölkerung vorzulegen. In den nächsten Monaten muss ein Gegenvorschlag erarbeitet werden. Dies kritisierten vor allem SVP und FDP. Man könne kein Begehren mit Maximalvorschlag einreichen und dann erwarten, dass ein Gegenvorschlag kommt, monierte SVP-Fraktionssprecher Hanspeter Weibel. Parteikollege Peter Riebli fragte sich, ob die Sozialdemokraten Angst vor der Bevölkerung hätten. Und FDP-Frau Jacqueline Bader fand: «Wenn man eine Initiative lanciert, muss sie so verheben, dass es keinen Gegenvorschlag braucht.»
Interessant an der Debatte: SP-Justizdirektorin Kathrin Schweizer war in diesem Geschäft für einmal anderer Meinung als ihre Partei und schlug sich als Regierungsmitglied auf die Seite der zwei grossen bürgerlichen Parteien. Sie plädierte stark dafür, den Regierungsrat anstelle eines Gegenvorschlags an den bereits lancierten Vorschlägen zur Weiterentwicklung der familien- und schulergänzenden Betreuung arbeiten zu lassen. «Damit schaffen wir nicht nur für den vorschulischen Bereich Lösungen, sondern auch für den schulischen und können beide Gebiete aufeinander abstimmen.»
Die Voten der Justizdirektorin stiessen bei den Bürgerlichen auf Wohlwollen, was im Landrat nicht alltäglich ist. SVP-Politikerin Caroline Mall sagte sogar: «Selten habe ich ein so gutes Votum von Kathrin Schweizer gehört. Bravo.» Nur: Die schmeichelnden Worte brachten der Regierungsrätin und ihren Kollegen schliesslich wenig. Linksgrün hingegen zeigte sich überglücklich, den Regierungsantrag – mit Unterstützung der Mitte/GLP-Fraktion – gekippt zu haben.
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