Regierung macht Empfehlung ohne Abklärung
Exekutive lässt sich Vorstoss zu Änderung von Tabakgesetz überweisen und überlegt sich Stellungnahme dazu im Nachhinein.

Elektrische Zigaretten und elektrische Shishas sind bei Jugendlichen in der Stadt Zürich beliebt. In einer Schülerbefragung ziehen 60 Prozent der rauchenden Schüler die E-Shisha der echten vor. 14,5 Prozent ziehen lieber an einer elektrischen Zigarette als an einer wirklichen. Bei den E-Zigaretten klafft auf Gesetzesebene im Gegensatz zu normalen Zigaretten allerdings ein Loch. Der Verkauf an Jugendliche ist noch nicht geregelt.
Zwar wird in den eidgenössischen Räten zurzeit über das Tabakproduktegesetz beraten, das diese Lücke schliessen soll. Kantonalen Gesundheitspolitikern geht dieser Gesetzgebungsprozess – das Gesetz soll frühestens 2022 in Kraft treten – allerdings zu wenig schnell, und so machen sie Vorstösse, um den Verkauf von E-Zigaretten kantonal zu regeln. Ein Vorreiter ist der Kanton Wallis. Dort hat der Grosse Rat im Juni das Alter für den Verkauf von Zigaretten von 16 auf 18 Jahre erhöht und es auf die E-Zigaretten sowie auf legales Cannabis ausgeweitet.
Geht es nach dem Basler Grossen Rat, soll die Regierung dem Walliser Vorbild folgen. In einer kürzlich stattgefundenen Sitzung hat das Parlament einen Vorstoss von Annemarie Pfeifer (EVP) mit 53 zu 33 Stimmen bei sieben Enthaltungen deutlich an die Regierung überwiesen. Sie hat dem Grossen Rat empfohlen, die sogenannte Motion für eine Gesetzesänderung zu überweisen, um prüfen und berichten zu können.
Zürich machts umgekehrt
Anders ist derselbe Prozess im Kantonsrat von Zürich gelaufen. Die Regierung hat den Parlamentariern eine Ablehnung derselben Vorlage empfohlen. Das Parlament ist dem nachgekommen. Die Zürcher Kantonsregierung begründet ihren Entscheid zur Ablehnung damit, dass der Bund und die Tabakbranche die zum Jugendschutz erforderlichen Sofortmassnahmen bereits ergriffen hätten. So hat die Vereinigung des Schweizerischen Tabakwarenhandels zusammen mit dem Bundesamt für Lebensmittelsicherheit Detailhändler wie Coop, Denner, Kioske und andere dazu verpflichtet, das Alter beim Verkauf von E-Zigaretten zu prüfen und derartige Raucherwaren nicht an unter 18-Jährige abzugeben. Die Zürcher Kantonalregierung schreibt gestützt auf das Bundesamt, dass dieser Kodex den «Jugendschutz in Bezug auf das Abgabealter und Werbeeinschränkungen deutlich verbessere». Es brauche daher keine kantonale Lösung bis zur Inkraftsetzung des Tabakproduktegesetzes vom Bund.
Die Basler Regierung hat sich zu einem kantonalen Tabakgesetz in Bezug auf die E-Zigaretten noch keine Gedanken gemacht. Auf Fragen, weshalb die Regierung den Kodex nicht als genügend erachtet, schreibt das zuständige Gesundheitsdepartement von CVP-Regierungsrat Lukas Engelberger: «Wir können Ihre Fragen leider noch nicht beantworten. Aktuell sind wir am Erarbeiten einer Stellungnahme des Regierungsrats Basel-Stadt.» Daraus lässt sich auch ableiten, dass die Basler Regierung sich mit der Materie offenbar gar noch nicht befasst hat und sich die Motion trotzdem hat überweisen lassen wollen.
FDP-Grossrätin Martina Bernasconi findet diese Haltung der Regierung «merkwürdig» und ungewöhnlich. «Ich bin eigentlich davon ausgegangen, dass, wenn die Regierung den Vorstoss von Annemarie Pfeifer annehmen will, sie sich dabei etwas überlegt hat.» Womöglich wolle die Regierung aber das kantonale Gesetz strenger ausarbeiten, als es die nationalen Räte wollen.
Bund soll sich darum kümmern
Für LDP-Grossrat André Auderset geht es hingegen in Ordnung, dass sich die Regierung im Vorfeld der Motion keine Gedanken gemacht hat. «Ich hoffe aber, dass nach dem ausgearbeiteten Bericht die Regierung sich die Motion als schwächeren Anzug überweisen lassen will. Der Bund hat signalisiert, dass er eine Regelung für den fehlenden Schutz bei E-Zigaretten finden will.» Da sei es nicht zielführend, wenn die Basler denselben Prozess zur Schaffung eines Gesetzes bemühten.
Joël Thüring, SVP-Grossrat, hat ganz allgemein das Gefühl, dass die Regierung etwas zu viele Motionen entgegennehmen will. «Sie ist da meistens sehr grosszügig, ausser die Vorstösse kommen von der SVP oder von ganz links.» Es stelle sich schon grundsätzlich die Frage, weshalb die Regierung etwas entgegennehme, das sie nicht fundiert studiert habe.
Oliver Bolliger von der BastA! findet es legitim, dass die Regierung ihre Haltung nicht vorher geprüft hat, sich aber die Motion trotzdem überweisen lassen wollte. «Sie kann nun den Sachverhalt abklären und einschätzen. Falls sie zum Schluss kommt, dass ein kantonaler Gesetzgebungsprozess keinen Sinn macht, dann kann sie die Motion immer noch zur Abweisung empfehlen.»
Die Regierung muss nun innerhalb der nächsten drei Monaten überprüfen und berichten, ob sie die Motion von Annemarie Pfeifer umzusetzen gedenkt und das Gesetz ändern will.
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