Basler Tennisspielerin auf dem VormarschRebeka Masarova auf den Spuren von Patty Schnyder
Die 23-jährige Baslerin ist neu WTA-Top-100-klassiert und hat das Potenzial für mehr. Die 2018 zurückgetretene Bottmingerin Patty Schnyder war die letzte und bislang einzige Regiospielerin, die in der «Open Era» zu den Weltbesten zählte.

Rückblende in den Frühsommer 2016: Eine junge Schweizer Tennisspielerin sorgt für Furore, gewinnt das Juniorinnenturnier der French Open und steht Wochen später gar im Halbfinal des Gstaader WTA-Frauenanlasses. Die erst 16-Jährige heisst Rebeka Masarova und kommt aus Basel. Der so verheissungsvolle Aufbruch zu einer grossen Karriere geriet dann aber aus verschiedenen Gründen ins Stocken – und nahm erst Mitte 2021 wieder so richtig Fahrt auf.
Nachdem die gebürtige Stadtbaslerin und heutige Wahlspanierin – nach Differenzen mit Swiss Tennis vollzog Masarova 2018 einen sportlichen Nationenwechsel und spielt seitdem für das Heimatland ihrer Mutter – das Tennisjahr 2022 auf WTA-Position 130 beendet hatte, gelang ihr in der letzten Woche mit einem Exploit der erstrebte Aufstieg in die Top 100 der Welt. In Auckland spielte sie sich an einem stark besetzten WTA-Turnier mit sechs Siegen in Folge bis in den Final (Niederlage gegen die Weltnummer 7 Coco Gauff) vor und wurde am Montag als WTA-94 zum ersten Mal in den ersten hundert geführt.
Mit dem richtigen Mindset
Der erste Final auf der Tour und als gleich zweite Premiere das Knacken der Top-100-Marke: Wie erklärt sich die 1.86 Meter grosse Modellathletin den spektakulären Start ins Jahr 2023? Beim Whatsapp-Gespräch aus Melbourne verweist sie auf die intensive dreiwöchige Pre-Season-Vorbereitung im Dezember und sagt: «Ich fühlte mich in Auckland mental sehr frisch und blieb jederzeit fokussiert. Und natürlich hat es geholfen, dass mein Aufschlag so gut funktioniert hat.» Dass sie nur drei Tage nach dem Final in Neuseeland im neunten Spiel innert elf Tagen in Melbourne in Runde zwei der Australian-Open-Qualifikation gegen die stark aufspielende Italienerin Lucrezia Stefanini (WTA-140) in drei Sätzen knapp verlor, kam aufgrund ihres nicht mehr vollen Akkus nicht sonderlich überraschend. Leicht ärgerlich für Masarova war dabei gewiss der Fakt, dass ihr neustes Ranking für die Direktaufnahme ins Hauptfeld des ersten Jahresmajors komfortabel ausgereicht hätte.
Grosses Potenzial
Die Ausgangslage der Frau mit dem mächtigen Aufschlag (Spitzentempi um die 180 km/h) präsentiert sich für die nächsten Monate nun vielversprechend. In den kleineren Turnieren der Tour sollte sie direkt Aufnahme im Maindraw finden und könnte da im Vergleich zum Vorjahr klar mehr Punkte sammeln. Eine weitere Verbesserung des Rankings liegt also durchaus drin. Besitzt die aktuell in Barcelona lebende Offensivspielerin aber mittelfristig das Potenzial, sich auf der Frauentour durchzusetzen und vielleicht die Top 50 zu knacken? Zumindest die Voraussetzungen dazu scheinen vorhanden zu sein. Wer wie in Auckland arrivierte Topspielerinnen wie Sara Errani, Sloane Stephens, Anna Blinkova und Karolina Muchova der Reihe nach in jeweils zwei Sätzen schlägt, muss einiges draufhaben. Physisch zählt Masarova, nicht zuletzt dank ihrer Grösse, bereits jetzt zu den stärksten Tourspielerinnen. In spielerischer Hinsicht hat sie gewiss noch Luft nach oben, noch hängt ihr Rendement zuweilen etwas sehr von der Quote des ersten Aufschlags ab. Ein Quervergleich mit einer Spielerin, die sich in den Top 50 längst etabliert hat, lässt Masarovas Möglichkeiten ebenfalls erahnen. Im Final des French-Open-Juniorinnenturniers bezwang sie eine gewisse Amanda Anisimova, die aktuelle WTA-Nummer 29.
Zur Frage, welche Änderungen der neue Status als Top-100-Spielerin mit sich bringen wird, konnte oder wollte die Schweiz-Spanierin kurz nach dem Ausscheiden in Melbourne noch nicht viel sagen. Und meinte dann doch: «Es läuft gut, viel verändern werde ich kaum. Mit meinem Hauptcoach Pipo Maresmo werde ich in Barcelona jetzt erst mal das Programm der nächsten Wochen besprechen.» In Neuseeland und Down Under wurde sie nicht vom Spanier, sondern vom Australier Harrison Lombe betreut. So oder so darf man zumindest hoffen, dass die mehrsprachig (Deutsch, Spanisch und Slowakisch) aufgewachsene Baslerin ihre lokale Vorgängerin Patty Schnyder dereinst nachhaltig beerben kann. Wobei dieser Anspruch hoch ist: Die Baselbieterin zählte sagenhafte 15 Jahre, von 1996 bis 2011, zum Club der Top-100-Spielerinnen.
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