RB Leipzig droht der Ausschluss aus der Champions League
Der umstrittene Aufsteiger mischt die Bundesliga auf. Dennoch muss Leipzig möglicherweise auf den Europacup verzichten. Der Grund.
Eigentlich scheint Red Bulls Fussballstrategie sehr gut aufzugehen. In Österreich wurde Salzburg in den letzten drei Jahren Meister – seit 2006 schloss das Team keine Saison schlechter als auf dem zweiten Rang ab –, und in Deutschland fordert RB Leipzig das grosse Bayern München. Der Aufsteiger steht in der Bundesliga aktuell auf dem zweiten Platz – mit zehn Punkten Vorsprung auf das fünftplatzierte Frankfurt. Doch genau da beginnen die Probleme für den österreichischen Brausehersteller.
Denn einerseits ist da das Financial Fairplay. So darf ein Europacup-Teilnehmer in den vorangegangenen drei Jahren vom selben Geldgeber nicht mehr als 30 Millionen Euro bekommen haben, um ein Defizit auszugleichen. Auch deshalb bezahlte Leipzig für Naby Keita und Bernardo dem Partnerclub Salzburg Ablösesummen, die deutlich über dem Marktwert liegen. Eine mehr oder weniger versteckte Massnahme, damit der österreichische Serienmeister problemlos die Qualifikation zur Champions League bestreiten konnte.
Zauberwort Wettbewerbsintegrität
Dieser Kniff könnte sich jetzt aber rächen. Denn in den letzten drei Jahren gab Leipzig 100 Millionen Euro für Transfers aus – gemäss «11 Freunde» fliessen aber jährlich nur 10 Millionen von anderen Sponsoren als Red Bull in die Vereinskasse. Total sollen sich die Werbeeinnahmen auf rund 40 Millionen pro Jahr belaufen. Trotz intensiver Bemühungen gestaltet sich die Sponsorensuche äusserst schwierig. Zu abschreckend ist die öffentliche Abneigung gegenüber dem Verein, zu dominant vertreten ist die Marke Red Bull.
Und dann sind da vor allem noch die Uefa-Bestimmungen zur Wettbewerbsintegrität. Diese verbieten es, dass zwei Clubs gleichzeitig an europäischen Wettbewerben teilnehmen, die «auf irgendeine Art und Weise entscheidend von ein und derselben natürlichen oder juristischen Person beeinflusst werden könnten». Auf Oliver Mintzlaff beispielsweise, Vorstandsvorsitzender und Geschäftsführer von RB Leipzig und Head of Global Soccer bei Red Bull, trifft diese Beschreibung ziemlich genau zu. Zwar ist Red Bull nicht mehr offizieller Besitzer von Salzburg, sondern nur noch Hauptsponsor, dennoch sind Mintzlaffs Verstrickungen mit dem österreichischen Fussballclub für die Uefa zumindest prüfenswert. Immerhin hat er noch ein Büro in Salzburg – dort soll aber nur noch ein Kühlschrank stehen, der mit Energy-Getränkedosen gefüllt ist.
Die zweite Schlüsselperson heisst Helmut Gross. Der Berater und Mentor von Leipzig-Sportdirektor Ralf Rangnick soll öfters mal auf den Anlagen Salzburgs anzutreffen sein, um sicherzustellen, dass der Verein taktisch und technisch so arbeitet, wie es sich Rangnick vorstellt. Nach Bernardos Transfer in die Bundesliga schimpfte Salzburg-Trainer Oscar Garcia im ORF: «Der Club teilte mir gestern mit, dass … wir unsere Ziele ändern müssen. Wir sind jetzt mehr ein Ausbildungsverein.» Auch YB-Trainer Adi Hütter und der jetzige Leverkusen-Trainer Roger Schmidt sollen wegen ihrer Zeit in Salzburg nicht gut auf Gross zu sprechen sein.
Rangnick verplappert sich
Weil bereits 13 Spieler von Salzburg zum aktuellen Bundesligazweiten wechselten, kritisierte Gladbachs Sportchef Max Eberl kürzlich: «Was mich an RB stört, ist dieses Geschiebe von Spielern von Salzburg nach Leipzig und von Leipzig nach Salzburg. Das hat für mich einen faden Beigeschmack, weil sie im Grunde zwei Kader haben.» Der Transfer von Bernardo war ein besonders absurder Fall. Nach Bekanntgabe des Wechsels wurde Rangnick nach den Ablösemodalitäten gefragt. Seine überraschende Antwort: «Das wird noch zu besprechen sein.» Es dürfte in der Geschichte des Fussballs noch nicht viele Transfers zwischen zwei unabhängigen Vereinen gegeben haben, ohne dass zuvor der Preis fixiert wurde.
Sollte die Uefa eine Untersuchung einleiten, dürften auch die anschliessenden Aussagen Rangnicks belastend wirken. Der 58-Jährige verriet: «Bei Bernardo wissen wir einfach genau, was wir bekommen. Er ist schon in unserem Sinne in den letzten acht Monaten so ausgebildet worden.» Sich aus dieser Angelegenheit herauszureden, wird schon schwieriger, als zu erklären, weshalb Salzburgs Spieler Andreas Ulmer im Juli 2016 in der zweiten Halbzeit versehentlich mit einem Leipzig-Shirt spielte. Sportrechtler Paul Lambertz sagt gegenüber «11 Freunde»: «Angesichts all dieser Indizien kann man schon davon sprechen, dass der böse Schein einer Einflussnahme auf zwei Vereine durch ein und dieselbe Person gleich mehrfach besteht.»
Leipzigs Geschäftsführer Mintzlaff macht sich offenbar keine Sorgen. Der «Bild» sagte er: «Mit Überraschung habe ich den Artikel der ‹Salzburger Nachrichten› gelesen. Glauben Sie mir, es gibt bei RB Leipzig keine Nervosität, und auch die vermeintlichen Signale der Uefa gibt es nicht.» Und auch Salzburg-Sportdirektor Christoph Freund geht davon aus, «dass sowohl Leipzig als auch Salzburg in der nächsten Saison an einem internationalen Wettbewerb teilnehmen können.»
Aktiv wird der europäische Fussballverband erst, wenn sich beide Teams für den Europacup qualifizieren – was nur noch Formsache sein dürfte. Dann liegt es an Leipzig und Salzburg, zu beweisen, dass sie die Integrität des Wettbewerbs nicht gefährden. Gelingt das nicht, darf nur die in ihrer Liga höher klassierte Mannschaft in der Königsklasse auflaufen. Weil auch in diesem Jahr Salzburg auf Titelkurs ist, dürften das die Österreicher sein – ausser der Ausbildungsclub verspielt die Meisterschaft noch auf wundersame Art und Weise.
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