Ratingagentur straft Russland ab
Die Sanktionsspirale dreht sich: Die USA und die EU verschärfen die Sanktionen gegen Russland. Dieses reagiert umgehend. Doch erste Schäden sind angerichtet.

Die Perspektiven für Russlands Kreditwürdigkeit haben sich nach Einschätzung der US-Ratingagentur Standard & Poor's angesichts der derzeitigen Krim-Krise eingetrübt. Der Ausblick sei nicht mehr stabil, sondern negativ, hiess es in einem heute veröffentlichten Bericht der Agentur. Begründet wurde dies mit dem «gestiegenen geopolitischen Risiko» und der Aussicht auf Wirtschaftssanktionen der USA und EU gegen Moskau nach der «Einverleibung» der ukrainischen Halbinsel Krim durch Russland. Diese könne sich negativ auf Investitionen auswirken und zum verstärkten Abzug von Kapital führen.
Dadurch wiederum könnte die sich bereits verschlechternde wirtschaftliche Leistung Russlands weiter zurückgehen, heisst es in dem Bericht weiter. Er wurde erstellt, bevor Brüssel und Washington eine Verschärfung der bisherigen Strafmassnahmen gegen Russland ankündigten. Bisher stuft Standard & Poor's Russlands Bonität mit «BBB» ein, also nahe dem unteren Bereich der Kreditwürdigkeits-Skala.
USA drohen mit Sanktionen gegen «Schlüsselsektoren»
Mehrere russische Regierungsbeamte sowie eine Bank sind von den neuen Strafmassnahmen der USA. Es handelt sich um die Rossija Bank, die von dem Geschäftsmann Juri Kowaltschuk kontrolliert wird. Ausserdem habe Washington eine «Reihe anderer Individuen mit bedeutenden Ressourcen und Einfluss», die Russlands Führung unterstützen, auf die Sanktionsliste gesetzt, teilte US-Präsident Barack Obama heute mit. Insgesamt richten sich die US-Strafmassnahmen gegen 20 Einzelpersonen aus Putins Umfeld.
Gleichzeitig machte Obama mit einem Erlass den Weg für Sanktionen gegen ganze russische Wirtschaftszweige frei. In einer neuen Verordnung habe er die Grundlage für mögliche Sanktionen gegen «Schlüsselsektoren» der russischen Wirtschaft geschaffen, auch den Gas- und Öl-Sektor. Sanktionen gegen solche «Schlüsselsektoren» hätten «bedeutende Auswirkungen» auf die russische und die globale Wirtschaft, betonte Obama. «Russland muss wissen, dass eine weitere Eskalation es nur weiter von der internationalen Gemeinschaft isolieren würde.» Der US-Präsident warnte Moskau vor «weiteren Einfällen in den Süden und Osten der Ukraine».
Als Vergeltung für Sanktionen der Vereinigten Staaten hat Russland nur Minuten nach Obamas Rede ein Einreiseverbot gegen einzelne US-Abgeordnete und Regierungsvertreter verhängt. Das Aussenministerium veröffentlichte eine Liste, auf der unter anderen der Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, John Boehner, und der Chef des Auswärtigen Ausschusses im Senat, Robert Menendez, stehen. Jede «feindliche Handlung» werde entsprechend beantwortet, daran dürfe «kein Zweifel» bestehen, hiess es in der Ankündigung.
EU sagt Russland-Gipfel ab
Die Europäische Union und die USA hatten bereits am Montag Kontensperrungen und Einreiseverbote für ranghohe Politiker aus Russland und von der Krim beschlossen. Nun haben beide die Strafmassnahmen ausgeweitet. Die EU hat zudem einen geplanten EU-Russland-Gipfel abgesagt.
Die nun neu beschlossenen Strafmassmassnahmen bewegen sich nach dem Drei-Stufen-Modell der EU weiter auf Stufe zwei: Es handelt sich um Visabeschränkungen und Kontensperrungen für Personen, die für die Abspaltung der bislang ukrainischen Halbinsel Krim und deren Angliederung an Russland verantwortlich gemacht werden. Nur der Kreis der betroffenen Personen wurde ausgeweitet.
Duma stimmt Krim-Annexion deutlich zu
Das Unterhaus des russischen Parlaments hat heute erwartungsgemäss den Vertrag über die Aufnahme der Krim in die Russische Föderation ratifiziert. Das Abkommen wurde mit 443 Ja- und einer einzigen Neinstimme angenommen. Um wen es sich beim Neinsager handelte, ist gegenwärtig noch unklar.
Die Abgeordneten stimmten ausserdem für ein neues Gesetz, das die Eingliederung der Krim in das russische Staatsgebiet regelt. Nun muss der Vertrag morgen noch den Föderationsrat, das russische Oberhaus, passieren. Eine Zustimmung galt als sicher. Der Vertrag war am Dienstag bereits von Staatschef Wladimir Putin unterzeichnet worden, nachdem sich die Bewohner der ukrainischen Halbinsel in einem umstrittenen Referendum für eine Abspaltung von der Ukraine ausgesprochen hatten.
Weitere Truppen werden auf die Krim verlegt
Die Ukraine hat derweil ihren Anspruch auf die Halbinsel Krim bekräftigt. «Die Ukraine wird niemals den Kampf um die Befreiung der Krim aufgeben, so lang und schmerzhaft er auch sein mag», hiess es in einer heute vom Parlament in Kiew verabschiedeten Resolution. Das ukrainische Volk werde die «Annexion der Krim niemals anerkennen». Die Abgeordneten forderten auch die internationale Gemeinschaft auf, die «sogenannte Krim-Republik» nicht anzuerkennen.
Heute kündigte Russland zudem einen weiteren Aufbau seiner Streitkräfte auf der Krim an. Russland hat bereits Truppen auf der Halbinsel stationiert. «Es wird notwendig sein, die militärische Infrastruktur auf der Halbinsel auszubauen, damit die Krim ein würdiger Vertreter der Russischen Förderation sein und gegen alle möglichen Übergriffe geschützt werden kann», zitierte die Nachrichtenagentur Itar-Tass Vize-Verteidigungsminister Juri Borisow.
Mutmasslicher Heckenschütze gefasst
Nach tödlichen Schüssen auf einen ukrainischen Soldaten und einen prorussischen Aktivisten auf der Krim haben die Behörden den mutmasslichen Täter festgenommen. Es handle sich um einen 17 Jahre alten Heckenschützen aus der Westukraine, sagte der moskautreue Vizeregierungschef Rustam Temirgalijew der Agentur Interfax.
Der Jugendliche soll am Dienstag absichtlich auf beide Lager gefeuert haben, um Chaos zu stiften. Die Krim-Führung und Russland behaupten stets, ukrainische «Faschisten» aus der Westukraine planten Provokationen auf der abtrünnigen Halbinsel. Bei dem Vorfall in Simferopol waren auch zwei Menschen verletzt worden.
sda/AFP
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