Rajoys zögerlicher Antritt
Spaniens designierter Premierminister Mariano Rajoy behält in seiner Regierungserklärung noch viel für sich.
Von Oliver Meiler, Barcelona Man kann nicht behaupten, dass sich die spanische Politik von den Wirren und dem Tempo der Finanzmärkte beeindrucken liesse. Fast einen Monat nach den Parlamentswahlen, die der konservative Partido Popular mit einer absoluten Mehrheit gewann, und aus Rücksicht auf die zeremoniellen Gepflogenheiten hat der künftige Premierminister erst am Montag sein Regierungsprogramm vorgestellt: 90 Minuten, alles abgelesen. Mariano Rajoy, der heute Dienstag zum Regierungschef gewählt werden dürfte, kündigte an, dass er alle mit Brüssel ausgemachten Defizitvorgaben einhalten wolle und deshalb für 2012 Kostenreduktionen von 16,5 Milliarden Euro plane. Die Wirtschaft soll mit Steuererleichterungen angekurbelt, die Arbeitslosigkeit bald gesenkt werden. Sogar die Renten sollen per 1. Januar erhöht werden, um die Inflation auszugleichen. Nur eines verriet er nicht, nämlich, wie er das alles gleichzeitig schaffen will. Erst Ende Jahr, so Rajoy, habe er den Überblick über alle Zahlen, um ins Detail seiner Reformen gehen zu können. Der Galicier hatte schon während der gesamten Wahlkampagne mit konkreten Angaben über seine Absichten gegeizt, um die Wähler nicht zu verscheuchen. Nun aber denken viele Spanier, Rajoy könnte endlich präziser werden. Bis heute ist denn auch unklar, wen er zu seinem Wirtschaftsminister berufen wird. Zapateros Sabbatical Dabei ist der Übergang nahezu vollzogen. Sein Vorgänger José Luis Rodríguez Zapatero zog gestern aus dem Moncloa-Palast aus, dem Madrider Sitz des Regierungschefs. Er ist grauer geworden über die Jahre – vor allem zuletzt, in der grössten Wirtschaftskrise des Landes seit dem Ende der Diktatur. Auch Falten hat Zapatero, den die Medien wegen seines einst bubenhaft frischen Auftritts «Bambi» nannten, einige mehr als 2004. Für eine Frührente ist er aber mit seinen 51 Jahren noch etwas gar jung. Und so interessiert die Spanier, was aus dem Sozialisten wird. Umso mehr, als der Berufspolitiker keine andere Arbeitswelt kennt als die politische. Aus seiner Entourage verlautet, Zapatero wolle sich zunächst eine öffentliche Auszeit von mindestens einem Jahr nehmen – ohne Medienpräsenz und ohne jede Einmischung in die Angelegenheiten seiner Partei, dem PSOE, der sich im nächsten Februar eine neue Führung geben will. Er wolle sich in dieser Zeit stattdessen «intensiv» mit seiner Familie beschäftigen, sagte er den Seinen, seine Archive studieren, 10 000 Bücher aus seiner Bibliothek verschenken. Sein neues Büro richtet er sich in der Stiftung Ideas ein, einer Denkfabrik der Sozialisten.Als Mitglied des Staatsrats, dem er nun beitritt, bekommt er ein Jahresgehalt von 75 000 Euro. Das Gremium steht jedem ehemaligen spanischen Regierungschef offen, sofern er gleichzeitig auf private Mandate verzichtet. Das kommt selten vor. José Maria Aznar zum Beispiel, Zapateros konservativer Vorgänger, der nach zwei Amtszeiten ebenfalls mit 51 aus der Politik ausschied, nahm lieber lukrative Mandate in Verwaltungsräten an. Zusätzlich erhält er als Ex-Premier ein Ruhegehalt von jährlich 72 000 Euro. Das sollte reichen für ein Sabbatical.
Fehler gefunden?Jetzt melden.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch