
Der Mann, den die einen «Schlächter vom Balkan» nennen und den die anderen als Volkshelden verehren, bleibt lebenslang hinter Gittern, das haben jetzt die Richter in Den Haag bestätigt. Das Massaker von Srebrenica, die Belagerung von Sarajevo: Ratko Mladić hat die schwersten Verbrechen in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg zu verantworten.
Das Urteil gegen ihn bringt Gerechtigkeit und Genugtuung für die Angehörigen der Opfer. Ob es der Gesellschaft des gespaltenen Bosnien-Herzegowina zu Versöhnung verhilft, ist eine andere Frage.
Das heutige Bosnien-Herzegowina gründet sich auf den beim Friedensschluss eingefrorenen Kriegszustand.
Auch wenn Mladić im Gefängnis bleibt: Sein düsteres Werk lebt fort. Die Teilung des Landes ist das Produkt jener «ethnischen Säuberungen», die er in den 1990er-Jahren betrieben hat. Das heutige Bosnien-Herzegowina gründet sich auf den damals eingefrorenen Kriegszustand.
Der politische Klimawandel der jüngsten Zeit lässt ihn antauen. Serbenführer Milorad Dodik spielt immer ungehemmter – mit Rückendeckung aus Moskau – mit dem Szenario einer Abspaltung der serbischen Teilrepublik. Dodik leugnet den Genozid von Srebrenica, er verherrlicht die Täter von damals.
Solche vorgestrigen Nationalisten haben in der Region Zulauf, weil den Menschen Perspektiven fehlen. Ein Beitritt zur EU ist immer mehr in die Ferne gerückt, auch weil die EU verstärkt mit sich selbst beschäftigt war.
Das Urteil ist auch der EU zu verdanken.
Dabei ist die Tatsache, dass Mladić 2011 überhaupt aus Serbien, wo er seinerzeit öffentlich gefeiert wurde, nach Den Haag ausgeliefert wurde, letztlich der EU zu verdanken. Brüssel hatte es zur Bedingung für weitere Aufnahmegespräche gemacht, dass beitrittswillige Länder mit dem Tribunal kooperieren.
Dauerhafte Gerechtigkeit für die Menschen in Bosnien-Herzegowina hiesse, in einem Land leben zu können, das frei von Hassrhetorik ist, dessen Justiz Täter vor Gericht stellt; einem Land, das ihnen Perspektiven für sich und ihre Kinder bietet. Dies sicherzustellen, ist auch die Aufgabe der internationalen Gemeinschaft.
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Kommentar zum Urteil in Den Haag – Ratko Mladićs düsteres Werk lebt fort
Die Teilung Bosnien-Herzegowinas geht auf Mladićs «ethnische Säuberungen» zurück.