Qualität und Schund
Einst kämpfte der Schweizerische Werkbund für die «gute Form». In der Gestaltung hatte er lange die Deutungsmacht über Gut und Böse. Und heute? Ein Buch beleuchtet die 100-jährige Geschichte.
«Negerdörfli», «Chüngeliställ», «Kommunistennest» – die Konservativen liefen Sturm gegen die Neubühlsiedlung. Was da von 1930 bis 1932 auf dem freien Acker in Zürich-Wollishofen gebaut wurde, war zu jener Zeit absolut avantgardistisch. Eine so gross angelegte, genossenschaftliche Wohnsiedlung mit über 100 Häusern in systematischem Zeilenbau, noch dazu mit Flachdächern. Ein Affront fürs Auge! Man war in den städtischen Wohnvierteln Blöcke mit Innenhöfen gewohnt. Doch der Clou dieser parallel gestellten Häuserreihen war, dass sie perfekt zur Sonne gerichtet und gegen Lärm geschützt waren. Geht man heute durch diese Vorzeigesiedlung des neuen Bauens, die für eine intellektuell aufgeschlossene Mittelschicht entworfen worden war, spürt man das 80-jährige Luft-und-Licht-Programm dank der grossen Fenster und Zwischengärten noch immer. Vor allem aber sind es menschliche Dimensionen, die man hier durchschreitet.