Das hat Basel 2021 bewegt«Psycho»-Polizisten, Beat Jans mit schlechtem Gewissen und ganz viel Regen
Im vergangenen Jahr gab es einige Themen, die in der Region Basel zu Dauerbrennern wurden. Eines davon ignorieren wir in diesem Rückblick ab den Sommermonaten. Und nein, es ist nicht Corona.
Januar

Das Jahr hat begonnen, wie es jetzt aufhört: mit endlosen Diskussionen rund um die Corona-Massnahmen. In Grossbritannien ist eine neue Mutation des Coronavirus aufgetaucht, das die Behörden in Alarmstimmung versetzt. Kurze Zeit später fährt der Bundesrat das Land herunter: Aus Angst vor einer «brutalen dritten Welle» (Gesundheitsminister Alain Berset) mussten ab Mitte Januar Einkaufsläden und Märkte für Güter des nicht täglichen Bedarfs schliessen, und eine Homeoffice-Pflicht wurde verfügt.
Die Region Basel hatte derweil so ihre eigenen Probleme. Weil die Schweiz damals – wie aktuell erneut – von Deutschland zu einem Risikogebiet erklärt wurde, hätten Baslerinnen und Basler damals nicht zum Shopping nach Deutschland fahren dürfen. Es blieb beim «hätte». Viele ignorierten die Regelung und die Bussenandrohung, was bei den Angepassten für Empörung sorgte. Als dann das benachbarte Bundesland Baden-Württemberg kurz darauf die Regeln für den Grenzübertritt weiter verschärfte, wuchs die Besorgnis der lokalen Politik und der Wirtschaft, weil die Region auf die zahlreichen Pendler angewiesen ist.
Im Basler Impfzentrum hatte man zu Beginn noch gewisse Anlaufschwierigkeiten. Während die Leute überall sonst auf Abstände bedacht und zum Homeoffice verdonnert waren, kam es bei den Impfwilligen am Messeplatz zu chaotischen Szenen und grosser Drängelei.
Februar

Im Februar sollten Basels liebste drei Tage stattfinden. Doch an eine normale Fasnacht war wegen Corona auch 2021 nicht zu denken. Den grössten Aufreger lieferte der Basler Gesundheitsdirektor Lukas Engelberger gleich selbst, als er dem Lokalsender Telebasel untersagte, die Schnitzelbänke mit Schutzkonzept im Studio zu filmen. Es galt damals ein Singverbot. Später ruderte Engelberger unter grossem öffentlichem Druck zurück und erlaubte die Aktion dann doch.
Am Morgenstreich fanden sich trotz Corona zahlreiche Fasnächtler in der Innenstadt ein – aus Prinzip und mit Maske statt Larve. Ein Highlight des nächtlichen Treibens war unser rasender Reporter -minu, der auf dem Marktplatz von den Polizisten ermahnt wurde, eine Maske zu tragen. Trocken fragte das Stadtoriginal die bedauernswerten Beamten: «Ihr seid doch so eine Psycho-Gruppe, oder?» Die Polizisten nahmen es mit Humor.
Für viele Diskussionen sorgte im Februar (und in den nachfolgenden Monaten) auch das zweite Lieblingsthema der Baslerinnen und Basler: der FCB. In einem Interview, einige Monate nach seinem Rücktritt als Spieler, kritisierte Zdravko Kuzmanovic die Entwicklung des Clubs unter Bernhard Burgener, der damals (noch) das Sagen hatte bei Rotblau. Die ungeschminkten Worte hallten in der Stadt lange nach.
März

Im März war dann der FCB regelmässig das Stadtgespräch. Und eigentlich nie im positiven Sinne. Begonnen hatte es bereits im Vorjahr mit Gerüchten zu einem möglichen Verkauf der Aktienmehrheit an die britische Investmentfirma Centricus. Konkret wurde es dann in diesem Frühjahr, als eine Basler Briefkastenfirma, die auch von Bernhard Burgener kontrolliert worden sein soll, ein Angebot für die FCB-Aktien hinterlegte. Kurz darauf schaltete sich der frühere FCB-Spieler David Degen ein – und unterbreitete ebenfalls ein Kaufangebot.
Der Basler Architekt Jacques Herzog bemängelte dann zu aller Unbill auch noch den Zustand «seines» Stadions, das nach 20 Jahren eine Renovation nötig hat, wie er in deutlichen Worten kundtat.
Die Volksseele kochte im März aber auch wegen Corona. Insbesondere zwei Events sorgten für grosse Aufregung. Eine feuchtfröhliche Party von rund 5000 FCB-Fans vor dem Stadion, die als Demo getarnt war, und eine grosse Demonstration von ebenfalls rund 5000 Corona-Kritikern in Liestal, die national für Aufsehen sorgte.
April

Der Streit um den FCB spitzte sich im April zu. Anfang des Monats brach David Degen sein Schweigen und gab der BaZ ein viel beachtetes Interview. Darin sprach er über seine Pläne mit dem Fussballclub und den Rechtsstreit mit Bernhard Burgener.
Zwischenzeitlich musste dann beim FCB noch der von den Fans wenig geliebte Trainer Ciriaco Sforza seinen Spind räumen.
Neben Corona und dem FCB bewegte in diesem Jahr noch ein drittes Thema die Stadt: die Bettler. Mit den wärmenden Sonnenstrahlen wuchs die Zahl der Bettlerinnen und Bettler wieder. Die politischen Lager standen in der Thematik so weit auseinander, wie es nur geht, wie ein Streitgespräch zwischen Barbara Heer (SP) und Benjamin von Falkenstein (LDP) in der BaZ exemplarisch zeigte. Er forderte die Wiedereinführung eines weitgehenden Bettelverbots, sie wollte staatliche Unterstützung für die Roma.
Mai

Im Folgemonat übernahm David Degen beim Basler Fussballclub definitiv das Ruder, und die Ereignisse überschlugen sich von Tag zu Tag. Mal musste CEO Roland Heri sowie der ehemalige Publikumsliebling Massimo Ceccaroni gehen, mal wurde Mittelfeldspieler Valentin Stocker beurlaubt. Und davor sorgten die Fans noch mit einem geschmacklosen Protest für Ärger: Sie deponierten einen abgetrennten Schweinekopf vor der Geschäftsstelle. CEO Roland Heri wurde zudem von den Fans in der Öffentlichkeit verbal angegangen, und vor seinem Haus wurden in der Nacht Böller gezündet. So viel Chaos beim FCB in einem Monat, das reicht für ein gesamtes Jahr. Darum wird dieser Rückblick fortan fussballfrei sein. Versprochen!
Auch das Bettlerthema fand im Mai seinen (vorläufigen?) Höhe- und Endpunkt: Die neue Basler Justiz- und Sicherheitsdirektorin Stephanie Eymann kündigte die Einführung eines weitgehenden Bettelverbots an. Die halbe Stadt schien daraufhin kollektiv vor Erleichterung aufzuschnaufen. Denn die Bettler machten in den Tagen zuvor vielen zu schaffen. Die BVB baten sogar die Polizei um Unterstützung, weil man mit den vielen Bettlerinnen und Bettlern in den Trams überfordert war.
Apropos Tram: Die beiden regionalen Transportunternehmen BVB und BLT sowie die beiden Basler Regierungen stellten ihre Ideen vor, wie das Tramnetz ab 2030 aussehen soll. Kurze Zusammenfassung: eigentlich fast gleich wie heute. Die grün-gelbe Wand in der Innenstadt zumindest soll mehr oder weniger bleiben. Das verstanden nicht alle.
Zwischendurch sorgte noch eine von vielen Demos für Aufregung. Oder besser gesagt, die Demonstranten selbst. Bei einer unbewilligten Kundgebung zum Palästinakonflikt auf dem Barfüsserplatz kam es zu einer Hetzjagd auf eine junge Frau, die mit einer Israelflagge auftauchte.
War da noch was? Ach ja: Corona. Das Virus verabschiedete sich langsam in die Sommerpause. Der Bundesrat lockerte die Massnahmen im Gegenzug ganz schnell. Das sorgte bei der Presse im Ausland für Verwunderung. Vor allem deutsche Medien blickten mit einer Mischung aus Verwunderung, Irritation, bisweilen aber auch Sehnsucht auf die Schweiz.
Juni

Die Tage wurden länger und heisser. Heiss war auch die viel beachtete Geschichte über eine Frau, der ein Mann nicht genügt. Miriam Siegenthaler ist polyamor. Im BaZ-Podcast hat sie äusserst offen darüber gesprochen, wie es ist, mit zwei Männern zusammen zu sein.
Corona interessierte im Juni nur beschränkt und über das andere Thema, das mit dem Ball und den 22 Männern, hüllen wir hier den Mantel des Schweigens. In Basel zeigte derweil die Roche ein erstes Mal der Öffentlichkeit, wie das zweite Hochhaus von innen aussieht und wie beeindruckend die Aussicht vom höchsten Gebäude der Schweiz ist.
Juli

Endlich Sommer. Das bedeutete in diesem Jahr vor allem: Regen. Und geregnet hat es viel. So viel, dass der Rhein über die Ufer trat und einen Teil davon unterspülte. Für zwei Fischergalgen bedeutete dies das Todesurteil.
Und sonst? Basler Pflegerinnen und Pfleger machten sich grosse Sorgen, dass ähnlich wie im Nachbarland Frankreich eine Corona-Impfpflicht für Pflegeberufe eingeführt werden könnte.
August

Neben dem Thema, das hier nicht mehr erwähnt werden soll, bewegten aus lokaler Sicht im August die privaten Nöte von Basels selbst ernanntem oberstem Klimabeauftragtem Beat Jans. Der Regierungspräsident verbringt nämlich viel Zeit im Flugzeug. In den letzten 17 Jahren sei er wegen seiner Ehefrau, einer US-Amerikanerin, bestimmt zehnmal in die USA geflogen. Er habe das aber immer mit einem schlechten Gewissen getan, versicherte er im Interview mit der BaZ.
Der Fall einer Vergewaltigung an der Elsässerstrasse beschäftigte das Basler Appellationsgericht mehr, als ihm lieb war: Wegen einer fragwürdigen Formulierung erntete das Gericht einen Sturm der Entrüstung. Das Gericht habe der vergewaltigten Frau eine Mitschuld an der Tat gegeben, weil das Opfer alkoholisiert gewesen sei und «falsche Signale» an Männer ausgesendet habe, lautete der Vorwurf. Die Frau habe «mit dem Feuer gespielt», sagte die Richterin an der Urteilsverkündigung. Am Ende sah sich das Gericht zu einer Rechtfertigung genötigt.
September

Im Herbst sinken die Temperaturen. Dafür erhitzen sich die Gemüter wegen der Weigerung des Unternehmens Mitte, die neue Zertifikatspflicht richtig umzusetzen. Heiss ging es früher auch im ehemaligen Basler Pornokino Corso zu und her. Jetzt ist das ehemalige Filmtheater eine Wohnung. Und was für eine! Ein Hauch von Versailles weht nun am Burgfelderplatz.
Die Wogen gingen auch in Rheinfelden hoch. Dort allerdings nicht wegen eines kleinen Virus, sondern wegen grosser Pläne von Xherdan Shaqiri. Der Fussballstar will sich nämlich einen Betonbunker im Wohnquartier bauen. Die Nachbarn sind mässig begeistert.
Mässig euphorisch, um es diplomatisch zu formulieren, fielen die Kritiken auch beim «Tower Light»-Projekt des Pharmakonzerns Roche aus. Die Lichtshow auf der Fassade zum 125-Jahr-Jubiläum des Konzerns sei zu langweilig. Roche hat schnell reagiert und die Dramaturgie für die weiteren Vorführungen angepasst.
Oktober

Der Daig ist in Basel immer ein Thema. Die Reichen unserer Stadt sind eine Art Ersatz für die fehlende Monarchie. Das Interesse war darum riesig, als die BaZ akribisch den Stammbaum der Besitzerfamilie hinter dem Roche-Konzern aufgearbeitet hat.
Apropos Daig. Die Politik in Basel wird stark geprägt von der Familie Eymann. In unserem Doppelinterview verrieten Alt-Regierungsrat Christoph Eymann und seine Nichte, die aktuelle Regierungsrätin Stephanie Eymann, was ihnen Sorgen bereitet und über welche Themen am Familientisch gestritten wird.
Ganz andere Sorgen als Politiker und reiche Menschen haben nicht so reiche Baslerinnen und Basler. Und von denen gibt es doch einige. Sie sollen künftig beim günstigen Einkaufen auf der anderen Seite der Grenze mehr an Vater Staat abliefern. Die Schweiz will Einkaufstouristen am Zoll nämlich zur Kasse bitten.
November

Gegen Jahresende nähern wir uns wieder der Situation von Angang Jahr. Nur ist diesmal Omikron statt Delta schuld. Corona dominiert wieder die Schlagzeilen. Daneben hat in der Region vor allem das Thema Wohnen für Schlagzeilen gesorgt. Zum Beispiel die aussergewöhnliche Geschichte eines jungen Mannes, der in Binningen bis zum Schluss in einer abbruchreifen Liegenschaft gelebt hat, während seine Nachbarn längst das Weite gesucht haben.
Oder die Abstimmung über die Wohnschutzinitiative, bei der die Befürworter selbst nach ihrem Sieg an der Urne noch nicht zufrieden waren.
Dezember

Die letzten Tage des Jahres stehen wieder komplett im Zeichen Coronas. Wer entscheidet im Basler Unispital über eine Triage? Und wird das nötig? Darüber hat Hans Pargger, Chefarzt der Intensivstation, in einem Interview offen gesprochen. Derweil empörten sich die Geimpften in der Region über einen Buchladen in Arlesheim, bei dem nur Ungeimpfte Zutritt haben.
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