Prozess gegen Mladic ausgesetzt
Weil die Anklagevertreter Fehler begangen hätten, wird der Kriegsverbrecherprozess gegen den ehemaligen bosnisch-serbischen Militärführer auf unbestimmte Zeit vertagt.
Einen Tag nach Beginn des Kriegsverbrecherprozesses gegen den früheren bosnisch-serbischen Militärführer Ratko Mladic hat das UN-Tribunal in Den Haag die Beweisaufnahme auf unbestimmte Zeit vertagt. Die Anklagevertreter hätten Fehler bei der Offenlegung von Beweisen für die Verteidigung gemacht, sagte der Vorsitzende Richter Alphons Orie zur Begründung.
Mladic muss sich 20 Jahre nach dem Beginn des Bosnienkriegs in elf Anklagepunkten wegen Völkermordes, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen verantworten.
Der ehemalige Oberkommandierende der bosnisch-serbischen Truppen wird unter anderem für das Massaker von Srebrenica an rund 8000 muslimischen Jungen und Männern verantwortlich gemacht. Unter den Zuhörern im Saal waren auch Angehörige der Opfer von Srebrenica.
Keinerlei Emotionen
Der gesundheitlich angeschlagene 70-Jährige winkte gestern beim Betreten des Saals seinen Anhängern auf der Galerie zu und reckte die Daumen nach oben. Später machte er sich Notizen und zeigte keinerlei Emotionen, als er die Ausführungen der Anklage zu den Vorwürfen gegen ihn verfolgte.
Die Anklage muss Mladics Anwälten Einsicht in alle ihre Beweise gewähren. Richter würden noch das Ausmass der Fehler prüfen, und er wolle sobald wie möglich einen neuen Termin ansetzen, sagte Orie. Die Anklage hatte bereits Fehler eingeräumt und legte keinen Einspruch gegen die Vertagung ein. Mladics Anwälte forderten eine sechsmonatige Unterbrechung. Ursprünglich sollte die Beweisaufnahme am 29. Mai beginnen.
Videoaufnahmen aus Sarajevo
Zum Prozessauftakt gestern begann Ankläger Dermot Groome seine Einleitung mit dem Schicksal eines 14-jährigen Jungen, dessen Vater und Onkel unter den 150 Männern gewesen seien, die im November 1992 von bosnisch-serbischen Soldaten ermordet worden seien. Mladics Truppen hätten bis 1995 weiter getötet, bis zum Massaker von Srebrenica. «Als Mladic und seine Soldaten Tausende in Srebrenica ermordeten, waren sie im Handwerk des Mordens gut geübt», sagte Groome dem Gericht.
Er zeigte dann Videoaufnahmen von einem Markt in Markale in Sarajevo nach einem Beschuss. Dabei wurden Dutzende Menschen getötet. Groome erklärte, alle Angriffe seien Teil des Plans gewesen, aus Teilen von Bosnien alle Nichtserben zu vertreiben. Auf einem anderen Video sagt Mladic: «Jedes Mal, wenn ich in Sarajevo hereinschaue, töte ich jemanden im Vorbeigehen.» Am zweiten Prozesstag zeigte Ankläger Peter McCloskey Aufnahmen eines Massengrabs und exhumierter Leichen.
Mladic hat die Vorwürfe gegen ihn zurückgewiesen und erklärt, er habe die Serben in Bosnien verteidigen wollen. Bei einer Verurteilung droht ihm lebenslange Haft. Im Bosnien-Krieg von 1992 bis 1995 kamen rund 100.000 Menschen ums Leben.
In der ehemaligen serbischen Hochburg Pale wurde der Prozess vor dem Fernseher verfolgt. Als Mladic am Mittwoch den Gerichtssaal betrat, applaudierten die Zuschauer. «Mladic ist unser Held. Es ist traurig, dass wir ihn dort (vor Gericht) sehen», sagte der 20-jährige Jurastudent Milan Ivanovic.
dapd/kle
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