Problem AHV noch lange nicht gelöst
Trotz Bedenken muss man aus Arbeitgebersicht zum Schluss kommen, dass eine Annahme der kombinierten Steuer-/AHV-Vorlage für die Stabilisierung unserer AHV von Vorteil wäre.

Bekanntlich hat das eidgenössische Parlament Ende September das Bundesgesetz über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung (Staf) verabschiedet. Das Gesetz ist umstritten, weil es zwei Themen verknüpft, die keinen sachlichen Zusammenhang haben. In einer möglichen Volksabstimmung kann die Bevölkerung deshalb nur zu beiden Themen gemeinsam Stellung nehmen, diese aber nicht einzeln beurteilen.
Die Diskussionen über diese fragwürdige Verknüpfung haben in den Hintergrund treten lassen, dass der Bundesrat gleichzeitig einen separaten Vorschlag zur Reform der AHV ausgearbeitet hat. Leider erfüllt auch dieser Entwurf die Erwartung der Arbeitgeberseite in keiner Weise, denn die bekannten strukturellen Probleme der Ersten Säule werden nicht angegangen. Die Defizite sollen nämlich einfach mit zusätzlichen 1,5 Mehrwertsteuerprozent aufgefangen werden. Auf der Leistungsseite hingegen sieht der Bundesrat ausschliesslich die Erhöhung des Frauenrentenalters auf 65 Jahre vor. Den dadurch entstehenden Spareffekt torpediert er aber gleich selbst wieder, indem er völlig übertriebene «Ausgleichsmassnahmen» in die Vorlage geschrieben hat.
Die von den Arbeitgebern und ihren Verbänden geforderte strukturelle Reform lässt also weiter auf sich warten. Anstatt schrittweise vorzugehen und die AHV-Finanzierung in einer ersten Etappe «nur» bis Mitte der 2020er-Jahre zu stabilisieren, will der Bundesrat wieder Steuererhöhungen auf Vorrat einführen. Trotzdem würde mit der neuen Vorlage das sogenannte Umlagedefizit bereits 2030 wieder zwei Milliarden und per 2035 sogar sechs Milliarden Franken betragen.
Auch die Arbeitgeber sind grundsätzlich bereit, eine Mehrwertsteuererhöhung mitzutragen. Jedoch nicht im vorgeschlagenen Umfang, sondern – wie bereits im ersten Revisionsvorschlag 2017 – höchstens bis zu 0,6 Prozentpunkten. Allerdings bestünde die Möglichkeit, die Steuererhöhung erneut zu halbieren, falls die Bevölkerung die Staf-Vorlage annähme, weil darin bereits ein Mehrwertsteuer-Zuschuss von 0,3 Prozentpunkten für die AHV enthalten ist. Voraussetzung dafür wäre aber, dass die Erhöhung des Frauenrentenalters und die Zusatzfinanzierung rechtlich gekoppelt werden. Unverständlicherweise sieht der Vorschlag des Bundesrats dies bisher nicht vor.
Einen weiteren Kritikpunkt bilden die Vorschläge des Bundesrats zur Flexibilisierung des Rentenbezugs. Denn anstatt das freiwillige Arbeiten auch über das ordentliche Rentenalter hinaus zu fördern, macht die neue Vorlage im Gegenteil sogar den Vorbezug der Rente attraktiver. Von einer Erhöhung des AHV-Freibetrags für Erwerbseinkommen nach der ordentlichen Pensionierung und der Schaffung von steuerlichen Anreizen für freiwillige Weiterarbeit ist hingegen keine Rede.
Trotz grosser grundsätzlicher Bedenken muss man aus Arbeitgebersicht zum Schluss kommen, dass eine Annahme der kombinierten Steuer-/AHV-Vorlage für die Stabilisierung unserer AHV von Vorteil wäre. Sie würde den Umfang der erforderlichen Mehrwertsteuererhöhung reduzieren, und die Politik hätte etwas mehr Zeit, die eigentliche AHV-Vorlage so zu überarbeiten, dass eine echte, strukturelle Reform und die finanzielle Stabilisierung der Ersten Säule erzielt werden können.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch