Post-Chefin Ruoff soll von Buchhaltungstricks gewusst haben
Nach Bekanntwerden der verwegenen buchhalterischen Manöver der Postauto AG sieht sich Susanne Ruoff mit neuer Kritik konfrontiert.

Die Ankündigung, dass Postauto über 78 Millionen Franken Subventionen zurückzahlen muss, kam überraschend. Dabei waren die Mauscheleien beim Bus-Unternehmen ein offenes Geheimnis. Die Post-Spitze wusste davon, der Bund und auch die Verantwortlichen der Kantone.
Der «Blick» hat am Donnerstag aufgedeckt, dass die Konzernleitung der Post spätestens seit 2013 im Bild war. In einer vertraulichen Aktennotiz, die auch an Post-Chefin Susanne Ruoff adressiert war, ist zwar nicht von illegalen Buchungen die Rede. Die «Kostenumbuchungen zu Lasten des öffentlich finanzierten Verkehrs» sind aber klar ausgewiesen. 2011 betrugen sie 11 Millionen Franken, 2012 waren es 19 Millionen Franken.
Diese Zahlen decken sich mit den Angaben im Bericht des Bundesamts für Verkehr (BAV), das die Unregelmässigkeiten bei Postauto aufgedeckt hatte. Ruoff will davon nichts gewusst haben: «Ich erhielt Mitte November 2017 erstmals Kenntnis von den Vorwürfen des BAV», lässt sie sich auf Anfrage zitieren. Erst die folgenden internen Abklärungen hätten zu Tage gefördert, dass durch illegale Buchungen gegen geltendes Recht verstossen wurde.
Druck der Konzernleitung
Das interne Post-Papier gibt auch Aufschluss darüber, warum ein Bundesunternehmen überhaupt Bundessubventionen erschleicht. Die Geschäftsleitung von Postauto sehe «in Anbetracht der für Postauto definierten Gewinnziele zur Zeit keine andere Möglichkeit», heisst es darin. Trotzdem bestreitet die Konzernleitung gegenüber der Nachrichtenagentur sda, dass überhaupt Gewinnvorgaben existieren. Die Rede ist von «gemeinsam vereinbarte Zielsetzungen». Die Frage nach der Höhe dieser Ziele beantwortete die Post nicht.
Doch nicht nur die Post war im Bild. Auch die Bundesbehörden können nicht ahnungslos gewesen sein. Der «Bund» und der «Tages-Anzeiger» zitierten aus Briefen aus den Jahren 2011 und 2012, in welchen die Kantone das Bundesamt für Verkehr (BAV) auf die überhöhten Abgeltungen aufmerksam machten.
Keine Antworten
Unter öV-Fachleuten war das Thema ein Dauerbrenner. Werner Glünkin, Abteilungsleiter öffentlicher Verkehr des Kantons Graubünden, war bis 2016 Präsident der Konferenz der kantonalen Delegierten des öffentlichen Verkehrs (KKDöV). Im Rahmen der Generalversammlung hätten sich die Fachleute jährlich zu einer Aussprache mit der BAV-Direktion getroffen, sagte er der sda. Die Overhead-Kosten und die internen Verrechnungspreise seien dabei immer ein Thema gewesen.
Genützt hat es wenig. Intransparenz prägte laut Glünkin die Verhandlungen mit Postauto. Er spricht von einer Blackbox: Die Verantwortlichen hätten nie befriedigende Antworten bekommen, wie die anrechenbaren Kosten zustande kamen.
Damit stellt sich die Frage, warum die Bundesbehörden erst 2016 aktiv geworden sind. Vor den Medien hatte BAV-Direktor Peter Füglistaler erklärt, dass Postauto die Umbuchungen von Gewinnen aufwendig verschleiert habe. Pro Jahr hätten bis zu 18'000 Buchungen durchleuchtet werden müssen. Zudem seien teilweise Beträge von wenigen hundert Franken umgebucht worden. Die Revisionsabteilung des BAV ist mit drei Personen besetzt.
Politiker fordern Rücktritt von Post-Chefin Ruoff
Der politische Druck auf Post-Chefin Susanne Ruoff steigt. Nachdem am Donnerstag bekannt wurde, dass sie offenbar seit Jahren über die Buchhaltungstricks bei Postauto Bescheid wusste, fordern bekannte Nationalräte Konsequenzen.
Deutliche Worte findet etwa SP-Fraktionspräsident Roger Nordmann. Das sei sicher nicht im Sinne von Service public, sagte Nordmann am Donnerstag in der Sendung «Rendez-vous» von Radio SRF. «Ich glaube, sie ist nicht mehr tragbar.» Das Vertrauen sei verspielt. Auch Parteikollegin Edith Graf-Litscher, welche die nationalrätliche Verkehrskommission präsidiert, sagt: «Das ist dicke Post.»
Unter Beschuss gerät Ruoff aber auch von bürgerlicher Seite. Der Aargauer SVP-Nationalrat Ulrich Giezendanner erklärte im Radio SRF: «Wenn das wirklich stimmt, dann muss sie suspendiert werden, bis die Untersuchung abgeschlossen ist.» Das sei völlig klar. Giezendanner hätte schon am Dienstag bei Bekanntwerden der Affäre eine Stellungnahme von Verwaltungsratspräsident Urs Schwaller erwartet.
«Ich erwarte, dass sie totale Rechenschaft ablegt»
Für den Aargauer FDP-Nationalrat Thierry Burkart muss die Post nun genau darlegen, um was es geht und was genau passiert ist. In einem zweiten Schritt müssten personelle Konsequenzen gezogen werden. Der letzte Schritt sei die politische Aufarbeitung. «Was können wir tun, damit solches Treiben nicht noch einmal passieren kann?»
Vor einem Schnellschuss warnt dagegen der Bündner CVP-Nationalrat Martin Candinas. «Zuerst müssen die Vorkommnisse restlos aufgeklärt werden.» Die Post stehe dabei in der Pflicht des Volkes. «Ich erwarte, dass sie totale Rechenschaft ablegt», sagte Candinas auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda.
Erst danach stelle sich die Frage personeller Konsequenzen und ob Post-Chefin Ruoff noch tragbar sei. Laut Candinas fällt dies in erster Linie in den Aufgabenbereich des Verwaltungsrates der Post. Es sei nicht Sache der Politik, ein Köpferollen zu fordern, schon gar nicht auf Grundlage eines Zeitungsartikels.
SDA/nag
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