Posse um Südafrikas Schatzmeister
Erneut schickt Präsident Jacob Zuma einen angesehenen Finanzminister in die Wüste. Die Folgen könnten erbarmungslos sein.

Das Unheil für Pravin Gordhan bahnte sich bereits am Montag an: Der südafrikanische Finanzminister erhielt von seinem «Chef», dem Präsidenten Jacob Zuma, die Order, die laufende Werbetour bei Investoren in London abzubrechen und unverzüglich nach Hause zurückzukehren. Die Nachricht löste an den Märkten sogleich Befürchtungen aus, der in Wirtschafts- und Finanzkreisen respektierte Minister werde entlassen. Prompt ging der südafrikanische Rand zum Sinkflug über.
Der grosse Knall erfolgte gestern. Zuma hat neben dem 67-jährigen Gordhan noch neun weitere Minister und zehn Stellvertreter ihrer Ämter enthoben, die er allesamt zu seinen Kritikern zählte. Neuer Kassenwart wird der bisherige Innenminister und enge Zuma-Vertraute Malusi Gigaba, der über keinerlei Erfahrung in finanziellen und wirtschaftlichen Belangen verfügen soll. Doch nicht so sehr die Berufung eines «Amateurs» in dieses für die wirtschaftliche Stabilität des Landes so wichtige Amt hat die Märkte in neue Unruhe versetzt. Für Verunsicherung sorgt vielmehr die Aussicht auf einen politischen Machtkampf, der in einer Spaltung des seit 1994 regierenden Afrikanischen Nationalkongresses (ANC) und in einer Revolte gegen Zuma gipfeln könnte. Und dies zwei Jahre vor den nächsten Wahlen am Kap.
Vertrauen zurückgewonnen
Zugleich werden Erinnerungen wach an den Dezember 2015. Schon damals hatte der Präsident mit Nhlanhla Nene einen ihm unbequemen, aber weithin anerkannten Finanzminister geschasst und ihn durch einen unbekannten Parlamentsabgeordneten ersetzt. Das darauf einsetzende Gewitter an den südafrikanischen Finanzmärkten zwang Zuma jedoch schon nach vier Tagen zu einer Neubesetzung des Amtes – seine Wahl fiel auf Pravin Gordhan. Mit dessen jetziger Abhalfterung erlebt Südafrika in gut zwei Jahren nicht weniger als vier Finanzminister.
Nach Gordhans Amtsantritt kehrte wieder Ruhe ein, nicht zuletzt weil er die grossen Ratingagenturen davon überzeugen konnte, dass es ihm mit der Gesundung der Staatsfinanzen ernst ist. Die Agenturen verzichteten auf eine Rückstufung der Bonität Südafrikas, was im Falle von Standard & Poor's und Fitch bedeutet hätte, dass die Staatsanleihen des Landes Schrottstatus erlangt hätten. Die Erleichterung darüber verhalf dem Rand und den südafrikanischen Schuldscheinen zu einer stetigen Höherbewertung im letzten Jahr.
Gleichzeitig führten aber die Stabilisierungsbemühungen des Finanzministers zu regelmässigen Kollisionen mit Zuma und seiner Patronage-Politk. So stemmte sich Gordhan gegen den Bau von Atomkraftwerken, weil sie seiner Ansicht für Südafrika finanziell nicht zu verkraften sind. Auch mit seinem Kampf gegen die grassierende Vetternwirtschaft in den Staatsbetrieben des Landes machte sich der Minister beim Präsidenten nicht beliebt.
Nachwehen der Gupta-Saga
Das Fass zum Überlaufen brachte aber die Gupta-Saga. Die wohlhabende indischstämmige Gupta-Familie unterhält nicht nur enge geschäftliche Beziehungen zum Zuma-Clan. Der Präsident soll den Guptas auch unzulässig Einfluss auf die Ernennung von Ministern und Topmanagern gewährt haben, wie ein im November 2016 veröffentlichter Bericht einer unabhängigen Untersuchungskommission eruierte. Laut der Aussage von Vize-Finanzminister Mcebisi Jonas vor der Kommission hat ihm die Gupta-Familie angeboten, ihn anstelle von Gordhan an die Spitze des Ministeriums zu hieven. Als er dies ablehnte, soll ihm die Familie umgerechnet knapp 40 Millionen Euro offeriert haben. Auch Jonas hat gestern im Zuge der grossen Regierungsumbildung seinen Posten verloren.
Bereits kurz nach Bekanntwerden des Eklats hat der Rand gegenüber dem Dollar rund 4 Prozent an Wert verloren. Seit Beginn dieser Woche belaufen sich die Einbussen der südafrikanischen Währung damit auf etwa 9 Prozent. In dieser Fluchtbewegung widerspiegeln sich die Ängste von Investoren, die Ratingagenturen könnten die sich abzeichnende schwere politische Krise am Kap zum Anlass nehmen, um Südafrika nun doch auf Schrottniveau herabzustufen.
Ein solcher Schritt hätte zur Folge, dass die Anleihen des Landes aus den einschlägigen Indizes herausfallen und deshalb verkauft werden (müssen) von zahlreichen Grossinvestoren, die sich an diesen Indizes ausrichten. Südafrika müsste dann mit höheren Zinskosten rechnen, aber wohl auch mit rückläufigen Direktinvestitionen aus dem Ausland. Keine ermutigenden Aussichten für ein Land, das schon jetzt unter schwachem Wachstum – weniger als 1 Prozent im letzten Jahr – und einer drückend hohen Arbeitslosigkeit von annähernd 27 Prozent leidet.
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