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«Populismus ist ein Ballon, der hoch steigt, aber dann zerplatzt»

Rechtspopulist Heinz-Christian Strache auf einer Wahlparty seiner Freiheitlichen Partei (FPÖ) im Oktober 2017. Da war das Ibiza-Skandalvideo schon aufgenommen, dessentwegen er dann 2019 stürzte. Foto: Alex Domanski (Getty Images)

Herr Pelinka, 2019 haben die rechten Stars Heinz-Christian Strache und Matteo Salvini ihre Regierungsämter verloren, in Ostdeutschland hat die AfD reüssiert und der Brexit ist nun unumgänglich. War dieses Jahr für Nationalisten in Europa eher ein gutes oder ein schlechtes Jahr?

Der Österreicher Strache und der Italiener Salvini haben nach aussen ihre angebliche Freundschaft gerne zur Schau gestellt, der Ungar Orbán posierte mit dem Niederländer Wilders und dem Deutschen Meuthen. Sind solche Fraternisierungen Anzeichen einer nationalistischen Internationale?

«Es handelt sich bei der Front der Nationalisten in Europa vor allem um verbales Geklingel.»

Von welchen Gegensätzen sprechen Sie?

Die Agitation ist durchaus wirkungsvoll, wie man an den Wahlerfolgen sieht.

Sie sprechen von politischer Vereinfachung. Was kann man sich darunter vorstellen?

Kommen wir zum ungarischen Nationalismus. 2020 jährt sich der Vertrag von Trianon zum 100. Mal ...

«Ethnonationalismus kann brandgefährlich werden, manchmal zeigt sich das erst zeitversetzt.»

In dem Vertrag musste das im Ersten Weltkrieg unterlegene Ungarn viel Territorium an die Tschechoslowakei, an Rumänien und das spätere Jugoslawien abtreten. Westungarn wurde etwas später fast zur Gänze an Österreich angegliedert, das heutige Burgenland. Auf das alles zu verzichten, das wirkt schon happig, oder?

Ethnonationalismus klingt nach emotionaler Besetzung, kann man das so sagen?

Betreibt die FPÖ auch so einen Ethnonationalismus? Im Parteiprogramm steht nämlich, Österreich vertrete die Interessen aller «Altösterreicher deutscher Muttersprache aus dem Bereich der ehemaligen k.u.k. Monarchie».

Dabei hat Haider die österreichische Nation als «ideologische Missgeburt» geschmäht und im selben Satz die «Volkszugehörigkeit» betont.

Trotzdem halten sich viele Freiheitliche für «Deutsche», im aktuellen Parteiprogramm findet sich nach wie vor der nationalsozialistische Kampfbegriff der deutschen «Volksgemeinschaft». Wie geht das zusammen mit dem rot-weiss-roten Fahnenschwenken der FPÖ?

Einen Tag vor Weihnachten kam der Bericht der FPÖ-Historikerkommission heraus, der sich mit der Geschichte der Freiheitlichen und Vorgängerbewegungen befasst. Bei dessen Präsentation hiess es, es habe in der Vergangenheit ein «Nahverhältnis zum Nationalsozialismus» gegeben – ein Befund, den die Historikerin Margit Reiter in einem Buch bereits dokumentiert hat. Wie bewerten Sie die Arbeit der Historikerkommission?

2019 verlief ab Mai für die FPÖ desaströs: In der Folge der Ibiza-Affäre verlor die Partei die Regierungsbeteiligung und ihren langjährigen Frontmann Strache, der inzwischen zum Quell weiterer Affären und zum politischen Gegner geworden ist. Derzeit dümpeln die Freiheitlichen in Umfragen auf Platz 4 bei 14 Prozent. War es das nun mit der Erfolgssträhne der Nationalisten in Österreich?

«Brexit-Hardliner Farage hat mit einer Schrotflinte auf Europa gezielt und dabei Grossbritannien getroffen»

Die FPÖ wuchs unter Strache mehr und mehr, vor knapp drei Jahren lag sie bei 30 Prozent in Umfragen, die Partei war Vorbild für die deutsche AfD. Wie konnten die Freiheitlichen überhaupt neue Wähler gewinnen?

Machtpolitisch hat Kurz also alles richtig gemacht?

«Insgesamt hat der Brexit eine abkühlende Wirkung für Nationalisten.»

Wieso ist das ein Nachteil? Populismus hat die FPÖ doch erst stark gemacht.

Schauen wir auf 2020: Die britischen Nationalisten haben sich durchgesetzt, das Vereinigte Königreich scheidet aus der EU aus. Wie wird sich der Brexit auf die übrige Europäische Union auswirken?

«Neben der disziplinierenden Wirkung dürfte EU-Europa nach dem Weggang der Briten besser funktionieren.»

Stärkt also der Austritt Grossbritanniens die Bindekraft Europas?

Der bevorstehende EU-Austritt könnte das Vereinigte Königreich zu Kleinbritannien machen. Wie stehen die Chancen der schottischen Nationalisten auf Unabhängigkeit?

Die Brexiteer-Parole «Take back control» könnte von den Schotten und Nordiren übernommen werden.

Kommen wir zu Deutschland. Da gab es lange keine Partei rechts von CDU und CSU, nun ist mit der AfD eine Partei in Landtagen und im Bundestag vertreten, die sich immer weiter radikalisiert. Warum fällt der Nationalismus in der Bundesrepublik auf fruchtbaren Boden?

Inwiefern?

«Der innereuropäische Nationalismus, der sich früher gegen andere europäische Staaten gerichtet hat, ist überwunden.»

Worauf wollen Sie hinaus?

Nicht, dass ich wüsste.

Welche Richtung nimmt also der Nationalismus?

Und was ist mit dem Antisemitismus? Erhebungen zeigen, dass Hass auf Juden nicht nur unter Muslimen, sondern auch bei der politischen Linken, vor allem aber bei der Rechten vorhanden ist.