Polit-Hochburg in alter Stärke
Aus der Gemeinde Gossau kommen doppelt so viele Kantonsräte wie bisher. Einer vertritt Winterthur.
Von Walter Sturzenegger Gossau – Gossau zählt 9500 Einwohner und stellt derzeit 2 der 180 Kantonsräte: Gemeindepräsident Jörg Kündig (FDP) und Meteorologe Patrick Hächler (CVP). Die Delegation ist gleich gross wie jene von Wetzikon (22 000 Einwohner). Doch jetzt überflügeln die Gossauer alle. Gleich vier nehmen die neue Legislatur in Angriff: Zu Kündig und Hächler stossen Cornelia Keller und Marcel Lenggenhager (beide BDP). Lenggenhager schaffte die Wahl in Winterthur, wo er eine Dreier-Liste anführte und überraschend einen der 13 Sitze eroberte. «Die BDP wollte in allen Wahlkreisen antreten und suchte Kandidaten», erklärt Lenggenhager seinen ungewöhnlichen Weg in den Kantonsrat. Zudem liege ihm Winterthur «sehr am Herzen». Der 53-jährige Unternehmer ist Inhaber, Verwaltungsratspräsident und Geschäftsführer der Treuhandfirma Wigra, die seit 2010 eine Filiale in Winterthur betreibt. Was will Lenggenhager für Winterthur erreichen? «Wir müssen Lösungen finden für die Pendlerströme, und zwar für Winterthur wie fürs Oberland.» Er will sich stark machen für den Brüttemertunnel. Beide wechselten die Partei Mit Cornelia Keller hat Lenggenhager einiges gemeinsam. Er war Gossauer Primarschulpräsident, bevor sie dieses Amt übernahm. Und er kehrte seiner Partei ebenfalls den Rücken. Während Keller nach der vergeblichen Kandidatur für den Gemeinderat die SVP verliess, kündigte er der FDP nach 30 Jahren die Mitgliedschaft. Die Freisinnigen seien heute «zu wenig profiliert» und lehnten sich zu stark an die SVP an, kritisiert er. Hinter den vier Gewählten haben sich mehrere Gossauer in Position gebracht. So verdrängte Gemeinderat Daniel Baldenweg auf der EVP-Liste den Bubiker Thomas Illi vom zweiten Listenplatz. Laut Insidern dürfte er für den mit 14 Jahren amtsältesten Oberländer Kantonsrat Gerhard Fischer nachrücken. Fischer hält sich aber noch bedeckt: «Ich lasse mir ein Jahr Zeit, um zu entscheiden.» Auf der SVP-Liste stehen hinter den vier Bisherigen – darunter die 61-jährigen Hans-Heinrich Heusser und Ruedi Menzi sowie Peter Preisig (59) – Elisabeth Pflugshaupt und Daniel Wäfler bereit. Und bei den Grünliberalen ist Gemeinderätin Andrea Gisler erster Ersatz. Als neue Präsidentin der Zürcher Frauenzentrale dürfte sie das Interesse allerdings verloren haben. Zudem deutet nichts darauf hin, dass der Wetziker Gemeinderat Andreas Erdin vorzeitig zurücktreten könnte. Prominente Vorbilder Eher theoretisch sind auch die Aussichten, dass Gossau wieder in Bern vertreten ist. Zwar hat Barbara Marty-Kälin, die 2007 nach sieben Jahren die Wiederwahl in den Nationalrat verpasste, ihr Interesse angekündigt, für den neuen Regierungsrat Mario Fehr nachzurücken. Doch in der SP regt sich Widerstand gegen die 57-Jährige. Ob Fehr das Feld vorzeitig räumt, ist offen. Er liess sich gestern im «Tages-Anzeiger» mit den Worten zitieren: «Ich höre mir an, was die Partei will.» Gossau ist ein gutes Pflaster für Politkarrieren. Die künftigen Kantonsräte haben denn auch prominente Vorbilder: So sass beispielsweise Ernst Homberger für die FDP von 1979 bis 1991 im Kantonsrat, ehe er in den Regierungsrat gewählt wurde (1991–1999). Und Ernst Brugger (FDP) politisierte zwischen 1947 und 1959 im Kantonsrat, war danach zehn Jahre Regierungsrat und von 1969 bis 1978 gar Bundesrat.
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