Pirouetten und eine Beichte
Wirtschaftskammer und Unia dürfen bei Schwarzarbeitskontrollen keine Geschäftsgeheimnisse mehr einfordern – der Kanton bestätigt nun unsaubere Kontrollen.

Als Gesundheitsdirektor macht Regierungsrat Thomas Weber (SVP) eine gute Figur: Er tritt souverän und fachlich kompetent auf. Er vermittelt Glaubwürdigkeit und Weitsicht. Eine ganz andere Figur macht der Volkswirtschaftsdirektor Thomas Weber. In seiner Funktion als Aufsicht über die an die Sozialpartner ausgelagerten Arbeitsmarktkontrollen scheint er, etwas überspitzt ausgedrückt, den Slogan einer Käsewerbung verinnerlicht zu haben: Ein bisschen stinken muss es.
Diverse Medien haben schon über Probleme bei den Arbeitsmarktkontrollen berichtet. Wirtschaftskammer und Unia sind Trägerinnen eines Vereins, der Arbeitsmarktkontrolle für das Baugewerbe (AMKB). Zuletzt berichtete die BaZ über einen Maurer, bei dem die Kontrolleure sehr weit gegangen sind und unter Androhung polizeilichen Zwangs sensible Unterlagen einforderten.
Die BaZ berichtete über ein Gutachten aus Webers Direktion, das dem Maurer recht gibt, und die davon abweichende Rückmeldung Webers an den Maurer, wonach die Kontrolle korrekt erfolgt sei. Das «Regionaljournal» von Radio SRF 2 und die «Basellandschaftliche Zeitung» haben den Fall nachrecherchiert und kamen im Grunde zum selben Ergebnis: Die Direktion Weber widerspricht sich.
Der Maurer wehrte sich im Kern gegen die Herausgabe von Geschäftsgeheimnissen, wie etwa Kundenlisten, an die AMKB mit einer Aufsichtsanzeige bei Thomas Weber. Darauf der Regierungsrat: Die Kontrolle sei korrekt erfolgt. Der BaZ sagte Weber später: Die Kontrolle sei teilweise nicht korrekt gewesen. Ein 15-seitiger Expertenbericht aus seiner Direktion bestätigt: Die Kontrolle war nicht gesetzeskonform. Später gab es ein Treffen zwischen Weber und den Chefs der Unia und der Wirtschaftskammer. Schliesslich teilt Weber dem Maurer mit: Die Kontrolle war korrekt.
Konfrontiert mit unseren Recherchen, wollte sich der Volkswirtschaftsdirektor dazumal nicht konkret äussern. Im «Regionaljournal» und in der «Basellandschaftlichen Zeitung» liess er sich zwar jeweils verlauten, doch verstrickte er sich dabei in weitere Widersprüche. Etwa darüber, dass er das Gutachten nicht erhalten habe und dieses nur eine interne Aktennotiz sei, die der Amtsleiter nicht weitergab.
Die VGD gibt kleine Fehler zu und lässt die zentralen Probleme unerwähnt.
Und nun hat die Volkswirtschafts- und Gesundheitsdirektion (VGD) am Montagabend eine dreiseitige Medienmitteilung verschickt, in der sie nicht gerade glaubwürdiger wirkt. Kurz gesagt: Sie gibt kleine Fehler zu und lässt die zentralen Probleme unerwähnt. Und wieder diese Widersprüche: Nun ist das Gutachten keine interne Aktennotiz mehr, sondern ein vom Generalsekretär in Auftrag gegebenes Papier. Auf Nachfrage bestätigt die VGD, dass Weber sehr wohl über den Inhalt des Gutachtens informiert wurde.
Zu solchen Nebelpetarden, die Behörden bei unliebsamen Medienberichten immer mal wieder werfen, um vom eigentlichen Problem abzulenken, gehört der Klassiker der Krisenkommunikation: «Die VGD stellt fest, dass ihre bisherige Kommunikation in diesem Fall ungenügend war.»
Die Medienmitteilung der VGD beinhaltet im Wesentlichen eine Aufzählung der Ereignisse. Das von ihnen gezeichnete Bild von der Kontrolle wirkt so, als wollte die AMKB nur sichergehen und habe darum noch schriftliche Unterlagen verlangt. Der Maurer wird als wenig kooperativ dargestellt, wenn erwähnt wird, dass er die Unterlagen nicht aushändigte.
Wäre diese Darstellung aus Webers Direktion in dieser Form vollständig, man könnte mit Fug und Recht behaupten: Da lief nicht alles gut, aber nichts weiter Gravierendes und ja, die VGD hat intern wie extern nicht wirklich gut kommuniziert. Letzteres stimmt.
Webers seltsames Verhalten stört das Vertrauen in ihn oder die Behörden als solche.
Webers Nebelpetarde verhüllt das, was nicht in der Medienmitteilung steht, aber aktenkundig ist: Die AMKB hat vom Maurer sensible Unterlagen verlangt, wie etwa Kundenlisten, die nichts mit Schwarzarbeitskontrollen zu tun haben. Gemäss dem erwähnten Gutachten dürfen sie das nicht. Das ist der zentrale Aspekt – insbesondere auch deshalb, weil Hinweise bestehen, dass die AMKB systematisch so vorgegangen sein könnte, also nicht nur beim Maurer. Das erzählen uns ein ehemaliger Kontrolleur sowie weitere KMUler. Belegen lassen sich deren Vorwürfe nicht, auch wenn sich ihre Schilderungen ähneln. Aber darum ist es so wichtig, dass die Aufsicht solche Kontrollen nicht toleriert. Webers seltsames Verhalten stört das Vertrauen in ihn oder die Behörden als solche. Seine Rauchpetarde half nicht weiter.
In einem langen Gespräch mit Webers Generalsekretär Olivier Kungler über das zweifelhafte Bild, das die Direktion abgibt, sagt Kungler schliesslich: «Die VGD stellte bereits im Rahmen ihres jährlichen Reviews fest, dass von der AMKB sensible Unterlagen einverlangt wurden, die aus Sicht VGD für eine Schwarzarbeitskontrolle nicht notwendig sind. In der Folge hat die AMKB ihre Praxis jener der VGD angepasst. Dies geschah unabhängig vom Fall des Maurers und wurde so in der Sitzung vom 22. Juni 2018 auch protokollarisch festgehalten.»
Seit Juni 2018 angeblich darf die AMKB also keine sensiblen Unterlagen mehr einfordern, die nichts mit Kontrollen zu tun haben. Das teilt Webers Direktion aber erst im Juni 2019 mit, auf Nachfrage und nach massivem Druck aller Medien. Ferner bestätigt Kungler nun auch, dass es mehrere bemängelte Kontrollen gegeben hat.
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