Petraeus wird doch vor Geheimdienstausschuss aussagen
Der zurückgetretene CIA-Chef wird sich am Freitag zum Anschlag von Benghazi befragen zu lassen. Präsident Obama hat sich derweil erstmals zum Fall Petraeus geäussert.
Der zurückgetretene CIA-Chef David Petraeus soll nun doch vor dem Kongress in Washington zu dem Angriff auf das US-Konsulat im libyschen Benghazi aussagen. Petraeus werde am Freitag vor dem Senat erscheinen, teilte die Kongresskammer gestern Abend mit. Petraeus soll den Angaben zufolge am Freitag morgen hinter verschlossenen Türen vor dem Geheimdienstausschuss des Senats aussagen.
Petraeus war am Freitag wegen einer ausserehelichen Beziehung mit seiner Biografin Paula Broadwell zurückgetreten. Dabei untersuchten die Behörden auch, ob der einstige Vier-Sterne-General vertrauliche Informationen an Broadwell weitergegeben haben könnte. Eigentlich war nach dem Rücktritt vorgesehen gewesen, dass Petraeus' Stellvertreter und Interimsnachfolger Michael Morell vor dem Kongress zu der Benghazi-Attacke aussagt.
Die Geheimdienst CIA war wegen der Attacke auf das Konsulat in die Kritik geraten, weil er der Regierung von Präsident Barack Obama Fehlinformationen über die Hintergründe geliefert haben soll. In den vergangenen Tagen sorgte ein Video von einem Vortrag Broadwells für Aufsehen, bei dem die Petraeus-Biografin nahelegt, bei der Benghazi-Attacke könnte es sich um eine Befreiungsaktion gehandelt haben. Die CIA soll demnach auf dem Konsulatsgelände libysche Milizionäre gefangengehalten haben. Der Geheimdienst bestreitet dies.
Obama geht nicht von Geheimnisverrat aus
Die Affären um die Vier-Sterne-Generäle David Petraeus und John Allen gefährden nach Einschätzung von US-Präsident Barack Obama nicht die Sicherheit des Landes. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt gebe es keine Anhaltspunkte dafür, dass vertrauliche Informationen offengelegt worden seien.
Das sagte Obama in Washington in seiner ersten Stellungnahme zu dem Fall. Obama sagte, er hoffe, dass der Skandal eine «einzelne Randnotiz» in Petraeus' ansonsten bemerkenswerter Karriere bleibe. Petraeus sei zurückgetreten, weil er seine eigenen Verhaltensstandards nicht habe erfüllen können.
Leistung gewürdigt
Obama würdigte die «aussergewöhnliche Karriere» von Petraeus als General in der US-Armee und an der Spitze des Geheimdienstes CIA. «Wir sind dank der Arbeit von David Petraeus sicherer, und meine Hoffnung ist, dass er und seine Familie fähig sind, darüber hinwegzukommen», sagte der Präsident.
Obama weigerte sich ausdrücklich, auf Fragen nähere Einzelheiten zu erörtern. Auch auf die Frage, wann genau er von der Affäre erfahren habe, ging er nicht ein. «Ich halte mich mit meinem Urteil zurück.» Es handele sich um ein laufendes Verfahren, da wolle er nicht eingreifen. Er habe aber volles Vertrauen zur Bundespolizei FBI, sagte Obama.
Sicherheitsfreigabe Broadwells aufgehoben
Derweil haben die US-Streitkräfte die Sicherheitsfreigabe für dessen frühere Geliebte Paula Broadwell aufgehoben. Broadwell ist eine ehemalige Geheimdienstoffizierin des Heeres und verfügte über eine umfangreiche Sicherheitsfreigabe, die ihr Zugang zu vertraulichen Informationen gewährte.
Die Bundespolizei FBI untersucht derzeit die Beziehung zwischen Petraeus und Broadwell und geht möglichen Verstössen gegen Geheimhaltungsvorschriften nach. So wurden auf Broadwells Computer möglicherweise vertrauliche Dokumente sichergestellt. Im Falle von Ermittlungen sei die Aufhebung der Sicherheitsfreigabe für Verdächtige üblich, hiess es gestern aus Militärkreisen.
Panetta nimmt Allen in Schutz
Verteidigungsminister Leon Panetta warnte unterdessen bei einem Besuch in Australien vor übereilten Schlüssen in dem Skandal um den US-Oberkommandierenden in Afghanistan, Allen. «Niemand sollte zu diesem Zeitpunkt bereits Schlussfolgerungen ziehen», sagte Panetta in Perth. Es war ebenfalls seine erste Äusserung zu der Affäre, die Allens Vorgänger in Afghanistan, Petraeus, zu Fall gebracht hatte.
Allen habe «auf jeden Fall weiterhin mein volles Vertrauen, unsere Streitkräfte zu führen und den Kampf fortzusetzen», erklärte der Minister. Auch NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen bekräftigte derweil sein Vertrauen in Allen.
Allen soll elektronische Post mit «kokettem» Inhalt an Jill Kelley geschickt haben, einer Freundin des Ehepaars Petraeus. Aus dem Umfeld des Verteidigungsministeriums verlautete, es würden Tausende Seiten umfassende E-Mails und andere Unterlagen untersucht, die Allens Kommunikation mit Kelley aus den Jahren 2010 bis 2012 beträfen.
«Liebling» und «Schatz»
Die erste Untersuchung der E-Mails lieferte aber offenbar keine Hinweise auf eine Affäre. Die Nachrichtenagentur AP berichtete unter Berufung auf Behördenvertreter, der Inhalt der ausgetauschten Nachrichten sei weder sexuell freizügig noch verführerisch gewesen.
Jedoch enthalten demnach manche Nachrichten Kosenamen wie «Liebling» und «Schatz». Die Ermittler stuften die E-Mails zwischen Allen und Kelley beim Lesen als relativ harmlos ein.
Die 37-jährige Kelley hatte die Ermittlungen gegen Petraeus ins Rollen gebracht, nachdem sie sich wegen an sie gerichteter mutmasslicher Drohmails an das FBI gewandt hatte. So kam ans Licht, dass der Direktor des Auslandgeheimdienstes eine uneheliche Affäre mit seiner Biografin, Paula Broadwell, unterhielt. Petraeus trat daraufhin vergangene Woche zurück.
US-Stabschef Martin Dempsey empfahl Verteidigungsminister Panetta, dass Allen vorerst auf seinem Posten bleiben solle. Allerdings legte Obama Allens Nominierung zum Oberkommandierenden der US-Streitkräfte und Nato-Truppen in Europa vorerst auf Eis. General Allen hatte Petraeus im Juli 2011 in dessen Amt als Oberkommandierender in Afghanistan abgelöst.
dapd/mw/chk
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