Per Gesetzeslücke zum Schweizer Pass
Ein Schweizer Kind schützt ausländische Sozialhilfeempfänger vor der Ausschaffung.

Fälle wie jener des angeblichen Bieler Hasspredigers Abu Ramadan sorgen in der Bevölkerung für Ärger und Unverständnis. Denn der Libyer, der als Flüchtling in die Schweiz kam, lebt seit seiner Ankunft 1998 fast ununterbrochen auf Kosten der Steuerzahler. Allein die Berner Gemeinde Nidau hat für Ramadan und seine Familie 600'000 Franken Sozialhilfe ausgegeben. Zwar sieht das Gesetz vor, dass die Behörden Ausländern das Aufenthaltsrecht entziehen können, wenn sie der Öffentlichkeit dauerhaft und erheblich zur Last fallen – seit Anfang des Jahres ist dies sogar bei Personen möglich, die über eine Niederlassungsbewilligung verfügen. In der Praxis ist es jedoch nicht so einfach, ausländische Sozialhilfebezüger loszuwerden.
Etwa dann nicht, wenn sie ihre Kinder einbürgern lassen. Eine Möglichkeit, von der im Kanton Bern offenbar rege Gebrauch gemacht wird. Dies zumindest vermuten die Behörden in einigen Berner Gemeinden. «Wir haben seit 2014 eine steigende Zahl von Einbürgerungsgesuchen Minderjähriger», sagt SVP-Gemeinderat Reto Gertsch, der von 2013 bis Ende 2017 in Münsingen für das Dossier zuständig war. «In dieser Zeit bürgerten wir 58 Personen ein, ein Drittel davon waren Kinder.»
Wenn sich Kinder verplappern
Ähnliche Erfahrungen machen die Behörden in Nidau. «Inzwischen bürgern wir pro Jahr etwa 20 Kinder ohne ihre Eltern ein – Tendenz steigend», sagt SVP-Gemeinderat Roland Lutz. Sowohl in Nidau als auch in Münsingen sind die Behörden der Meinung, dass in vielen dieser Fälle die Eltern ihre Kinder als Schutz gegen eine allfällige Ausschaffung missbrauchen.
Denn im Kanton Bern gelten seit der Annahme der Initiative der Jungen SVP im Jahr 2013 verschärfte Einbürgerungsregeln: Sozialhilfebezüger werden nicht mehr eingebürgert. Dasselbe gilt für jene, die früher einmal vom Staat Geld bezogen und dieses nicht zurückbezahlt haben. Zudem müssen die Gemeinden dem kantonalen Migrationsamt seit zwei Jahren jene ausländischen Personen melden, die 50 000 Franken Sozialhilfe bezogen haben. Sie müssen mit einem Entzug der Aufenthalts- oder der Niederlassungsbewilligung rechnen. Wie das kantonale Migrationsamt auf Anfrage bekannt gibt, entzog die Behörde im Jahr 2016 neun Aufenthalts- und fünf Niederlassungsbewilligungen. Letztes Jahr hat sich die Zahl der Wegweisungen mit insgesamt 66 Entzügen vervierfacht.
Ob hinter jedem kindlichen Gesuchsteller sozialhilfeabhängige Eltern stehen, wissen die Gemeindebehörden in der Regel nicht. «Aus Datenschutzgründen erfahren wir nichts über die familiäre Situation», so Gertsch. Im obligatorischen Einbürgerungsgespräch hätten sich jedoch schon einige Kinder verplappert. «Manche sind so schonungslos ehrlich, dass es einem schon fast leidtut.» Etwa dann, wenn sie den Behörden nicht nur erzählen, dass die Familie von der Sozialhilfe lebt, sondern auch vom Haus, das sie im Heimatland besitzen.
Mittlerweile beschäftigt sich auch die Berner Kantonsregierung mit den Kindereinbürgerungen. In einer kürzlich eingereichten Interpellation will die Bieler SVP-Grossrätin Sandra Schneider wissen, wie viele Kinder von Sozialhilfebezügern seit 2014 im Kanton Bern eingebürgert worden sind und weshalb solche Gesuche nicht abgelehnt oder ausgesetzt würden. «Es kann nicht sein, dass Fürsorgeabhängige oder sogar Kriminelle ihre Kinder dafür missbrauchen, geltendes Recht zu umgehen», sagt Schneider.
Behörden haben keine Handhabe
In Münsingen und Nidau würden die Behörden die Einbürgerungsgesuche am liebsten sistieren, bis die Kinder volljährig sind. «Dies, weil dann klar ist, ob sie finanziell auf eigenen Beinen stehen», sagt Lutz. Rechtlich hätten die Behörden allerdings kaum eine Möglichkeit, ein Gesuch eines in der Schweiz geborenen Kindes abzulehnen, sagt Gertsch. «Mit der letztes Jahr angenommenen erleichterten Einbürgerung werden die Gesuche der dritten Generation Ausländer nun ohnehin durchgewunken.»
Dass diese Befürchtung begründet ist, zeigt die Antwort des Bundesrats auf eine Interpellation von Barbara Steinemann. Die SVP-Nationalrätin wollte wissen, wie die Praxis des Bundes bei der erleichterten Einbürgerung in Bezug auf Sozialhilfebezüger respektive deren Kinder aussieht. Die Antwort aus dem Departement der zuständigen Justizministerin Simonetta Sommaruga ist ernüchternd: Weil die Kinder keine Schuld an der Fürsorgeabhängigkeit ihrer Eltern treffe, stehe einer Einbürgerung nichts im Wege. Wenn die Logik der Linken zutrifft, dass sich Armut ebenso vererbt wie Reichtum, dann bürgern die Behörden heute die Sozialhilfebezüger von morgen ein.
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