OSZE kritisiert Parlamentswahl in Weissrussland scharf
In der einstigen Sowjetrepublik dürfte der Autokrat Lukaschenko als grosser Sieger aus den Parlamentswahlen hervorgehen. Die Opposition spricht von Manipulation. Auch Wahlbeobachter üben Kritik.

Mit einer Wahl wie zu Sowjetzeiten hat der autoritäre Staatschef Alexander Lukaschenko seine Macht in Weissrussland gefestigt. Nach Einschätzung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) verlief die Wahl weder frei noch unparteiisch. «Diese Wahlen haben von Beginn an keinen Platz für Wettbewerb gelassen», erklärte der Koordinator der OSZE-Wahlbeobachtermission, Matteo Mecacci, am Montag. Den Wahlbehörden habe es an Neutralität und Unabhängigkeit gemangelt.
Auch habe es keine Meinungsfreiheit gegeben. «Eine freie Wahl impliziert, dass die Menschen frei sind, sich zu äussern, sich zu organisieren und ein Mandat anzustreben, aber wir haben nichts dergleichen während des Wahlkampfes gesehen», erklärte Mecacci. Seit 1995 wurde keine Wahl in Weissrussland mehr als frei und fair eingestuft.
Die weissrussischen Behörden wiesen jegliche Kritik zurück. «Die Beobachter sehen ihre Rolle nicht als eine Hilfe für uns an, sondern als Mittel, um Konfliktsituationen im Land zu schaffen», sagte die Vorsitzende der Wahlkommission, Lidija Jermoschina, laut der Nachrichtenagentur Interfax.
Streit um Wahlbeteiligung
Die weissrussische Opposition kritisierte die Parlamentswahl ebenfalls scharf und sprach von Manipulation. «Von einer Wahl zu sprechen, ist absurd. Das war eine Farce. Die Abgeordneten werden von Lukaschenko persönlich ernannt», schimpfte der Vorsitzende der oppositionellen Bürgerpartei (OGP), Anatoli Lebedko.
Der oppositionelle Christdemokrat Witali Rimaschewski sagte, die Wahlkommission lüge «schamlos»; ihre Angaben zur Beteiligung unterschieden sich «radikal» von denen der Wahlbeobachter.
Die Wahlkommission gab die Beteiligung mit 74,2 Prozent an. Rimaschewski hingegen sagte, Schätzungen seiner Partei zufolge hätten lediglich etwa 38 Prozent ihre Stimme abgegeben. Die wichtigsten Oppositionsparteien hatten im Vorfeld der Wahl zum Boykott aufgerufen.
Kein Sitz für Opposition
Nach Angaben der Wahlkommission sind am Sonntag nur jene Kandidaten ins Parlament gewählt worden, die loyal zu Präsident Lukaschenko stehen. Von den wenigen moderaten Oppositionellen, die sich zur Wahl gestellt hatten, erhielt niemand ein Mandat.
Ein Sprecher der amtlichen Wahlkommission erklärte: «Die Kandidaten der Oppositionsparteien geniessen anscheinend nicht das Vertrauen der Wähler.» Die Vorsitzende der Kommission, Lidija Jermoschina, sagte: «Die Opposition muss intensiv darüber nachdenken, wie sie ihre Arbeit machen muss, um ins Parlament zu kommen.»
Zahlreiche Oppositionelle in Haft
Nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten sind im Vorfeld der Wahlen zahlreiche Oppositionelle inhaftiert worden. Die OSZE kritisierte, einige prominente Politiker, die eine wichtige Rolle bei den Wahlen hätten spielen können, «sind nach wie vor im Gefängnis oder durften als Vorbestrafte nicht kandidieren».
Während der Wahl am Sonntag wurden ausserdem Medienberichten zufolge etwa 20 Wahlbeobachter kurzzeitig festgenommen. Die Polizei habe keine Begründung genannt, sagte die Leiterin des Projekts, Anastassia Matschenko, dem Internetportal udf.by in Minsk.
Ihnen seien Fingerabdrücke abgenommen worden, bevor sie nach drei Stunden freigekommen seien. Auch die unabhängige Agentur Belapan und das Menschenrechtszentrum Wesna berichteten über den Zwischenfall.
Lukaschenko wurde zuletzt im Dezember 2010 im Amt bestätigt. Anschliessende Massenproteste wegen mutmasslicher Wahlfälschungen wurden brutal niedergeschlagen. Noch heute sitzt ein Dutzend Oppositioneller und Menschenrechtsaktivisten in Haft.
dapd/kpn/rbi
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