Opposition von Treffen mit Janukowitsch enttäuscht
Die Regierungsgegner verhandelten vier Stunden mit dem ukrainischen Präsidenten. Dabei erreichten sie nur wenig: Verhaftete Demonstranten sollen frei kommen. Einen Rücktritt schliesst der Staatschef weiterhin aus.
Die Oppositionsführer in der Ukraine haben sich am Donnerstagabend enttäuscht über das Ergebnis eines vierstündigen Krisengesprächs mit Präsident Wiktor Janukowitsch gezeigt. Die Freilassung von Demonstranten und ein leichtes Entgegenkommen sind die einzigen Erfolge.
«Das einzige, was wir bei unserem Treffen mit Janukowitsch erreicht haben, ist das Versprechen, alle Demonstranten freizulassen», sagte Witali Klitschko vor Regierungsgegnern auf dem Unabhängigkeitsplatz in Kiew. Die Regierung habe zugesagt, die etwa 100 festgenommene Demonstranten würden innert dreier Tagen freikommen.
«Ich hoffe, sie hält ihr Versprechen», sagte der Oppositionspolitiker. Die Menge reagierte mit Pfiffen und «Schande«-Rufen. Klitschko bat die seit Wochen in der Hauptstadt ausharrenden Demonstranten derweil um Geduld und einen «Waffenstillstand».
«Deal» vorgeschlagen
Seinen eigenen Rücktritt oder den des Kabinetts lehnte Janukowitsch ab. Er schlug aber einen «Deal» vor. Die Gegner sollten sich aus der Gruschewski-Strasse in der Innenstadt zurückziehen, an der unter anderem das Parlamentsgebäude und der Regierungssitz liegen. Dort waren gewaltsamen Zusammenstössen zwischen Demonstranten und Polizisten mehrere Menschen getötet und unzählige verletzt worden.
Im Gegenzug wollte der Präsident die Lage auf dem symbolisch bedeutsamen Unabhängigkeitsplatz mit dem dortigen Protestlager beruhigen.
Das Machtlager sprach nach dem Treffen von «ersten positiven Schritten». Allerdings kritisierte Justizministerin Jelena Lukasch, die Opposition habe sich erneut geweigert, die Angriffe nationalistischer Demonstranten auf Sicherheitskräfte sowie die Besetzung öffentlicher Gebäude zu verurteilen. Lukasch kündigte weitere Verhandlungen an.
US-Vizepräsident Joe Biden warnte Janukowitsch in einem Telefongespräch, dass weiteres Blutvergiessen die bilaterlalen Beziehungen belasten würde. Auch die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel verurteilte die Gewaltausbrüche scharf.
Sondersitzung des Parlaments
Janukowitsch hatte sich vor der Verhandlungsrunde erstmals zum Entgegenkommen bereit erklärt und eine Sondersitzung des Parlaments beantragt. Laut dem Parlamentspräsidium wird die Sitzung vermutlich kommende Woche stattfinden.
Bei der Zusammenkunft sollen sowohl die Rücktrittsforderungen der Opposition als auch eine Rücknahme der jüngsten verschärften Demonstrationsregeln thematisiert werden. Ob auch vorgezogene Präsidentschaftswahlen auf der Tagesordnung stehen, blieb zunächst offen.
Klitschko: Spiel auf Zeit
«Janukowitsch versucht jetzt, mit einem Misstrauensvotum gegen den Ministerpräsidenten in der nächsten Woche auf Zeit zu spielen», schrieb Klitschko in einem neuen Gastbeitrag für die «Bild»-Zeitung (Freitagsausgabe). «Es wird ihm nicht gelingen. Ohne Neuwahlen werden wir nicht aufhören zu demonstrieren.» Janukowitschs Rücktritt gehört zu den Kernforderungen der Opposition.
In den vergangenen Tagen war die Gewalt in Kiew eskaliert. Drei Demonstranten wurden getötet und mehr als 150 Polizisten verletzt. Regierung und Opposition ringen seit November um die Macht, nachdem Janukowitsch ein mit der EU ausgehandeltes Partnerschaftsabkommen platzen liess und stattdessen das Land wieder stärker an Russland ausrichtete.
SDA/ldc/chk
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