
Im Kanton Basel-Stadt kommt es nur bei einem Bruchteil der angezeigten Vergewaltigungen zu einem Urteil. Doch nicht nur quantitativ gibt es für die Strafverfolgung und Justiz Handlungsbedarf. Das zeigt der Prozess rund um die Vergewaltigung in der Elsässerstrasse deutlich.
Schon der Erstkontakt des Opfers mit der Polizei ist ernüchternd. Wie auf dem Mitschnitt des Notrufs zu hören ist, verhält sich der Mitarbeiter der Einsatzzentrale geradezu ruppig zur Frau, die völlig aufgelöst eine Vergewaltigung schildert.
Bis zur Verurteilung des Täters musste das Opfer fünfmal detailliert Auskünfte zum Tathergang geben. Es ist bekannt, dass solche Befragungen für die Opfer eine Retraumatisierung bedeuten können. Traumatisierend sei für das Opfer auch der Gerichtsprozess sowie die damit zusammenhängende Öffentlichkeit gewesen, betonte dessen Anwältin.
Dabei besonders hervorzuheben ist die Strategie der Verteidigung, das Opfer und seinen Lebenswandel in den Dreck zu ziehen, um es zu diskreditieren. Diese Argumentation verfing nicht vollständig, aber teilweise. Die Strafe für den Täter wurde auch gemindert, weil das Opfer «mit dem Feuer spielte», so die Richterin.
Es gibt ein Wort dafür: Opfer-Täter-Umkehr. Schuld ist nicht der kurze Rock, nicht der Alkoholkonsum des Opfers. Sondern der Täter. Dass dieser moralisch-geschwängerte Mechanismus einen positiven Einfluss auf das Strafmass eines Vergewaltigers hat, ist beschämend und skandalös.
In unserem Justizsystem muss sich Grundlegendes verändern.
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Zum Vergewaltigungs-Prozess – Opfer-Täter-Umkehr darf es in einem Gerichtsurteil nicht geben
Das Schweizer Justizsystem tut sich mit Vergewaltigungen schwer. Es muss sich etwas ändern.