Ode an Les Stallbesitzer
Die ganze Schweiz beugt sich dem Raumplanungsdiktat des Bundes. Die ganze Schweiz? Nein! Ein von unbeugsamen Wallisern bevölkerter Kanton hört nicht auf, dem Eindringling Widerstand zu leisten.

Manchmal wäre ich gerne ein Walliser, weil ich glaube, Walliser haben weniger Probleme als die Menschen vom Rest der Welt. Ich hätte ein Haus, einen Stall, einen schmutzigen SUV, eine erfolgreiche Kampfkuh, eine von den gröbsten Auswüchsen der Emanzipation verschont gebliebene Frau, von elf Uhr morgens bis elf Uhr abends einen beschwingenden Weissweinpegel von einem Promille, danach 1,5.
Und nähme mir das Leben auch all das, so kapitulierte die Auslöschung doch vor dem Wesentlichsten, weil es aller Unbill zum Trotz unauslöschbar ins Herz gemeisselt ist; dem Stolz, ein Walliser zu sein. Weil es gibt kein schöneres Dach über dem Kopf als den Walliser Himmel, keine schöneren Hauswände als die Walliser Alpen, keinen schöneren Boden als die Walliser Erde und keine Sprache, die so sehr und mehr Musik ist.
Ich liebte seine Aprikosen, seine Staumauern, seine Rebberge, seine 2000 Sonnenstunden, seine 679 Gletscher, sein Aluminium, seine 100-Millionen-Franken-Investition in die Infrastruktur der Bergbahnen im Jahr 2013, seine 13 Zehnden, seine 126 Gemeinden und den FC Sion, der auch unschlagbar bleibt, wenn er verloren hat. Ich liebte das alles so sehr, dass es gar nicht schwer wäre, mich ebenso sehr zu lieben, und ich würde das Wallis stets aufrecht in Herz und Hose tragen.
Wenn ich Walliser wäre, würde ich jetzt sofort ein Referendum zur Unabhängigkeit machen, wie in Katalonien.
Das Wallis würde mich besitzen und ich das Wallis. Und ich würde einen Stall besitzen oder zwei oder drei, oben auf den Matten und Wiesen, bei den Wölfen und den Schafen, und ich müsste mir um nichts mehr Sorgen machen, wenn die Schweiz ein wenig mehr wie das Wallis wäre und endlich erlauben würde, dass wir unsere Ställe umbauen dürften zu kleinen Airbnbs oder Bed and Breakfasts, wie wir das fordern. Weil ein Stall, der nicht genutzt wird, ist in etwa so sinnlos wie eine Kampfkuh ohne Hörner. Und mit dem Geld, das wir Walliser dann machen würden, könnten wir investieren, in uns selbst, wir könnten den noch besseren Fendant machen, die noch besseren Kampfkühe, die noch besseren Frauen hervorbringen und so weiter, und wir könnten uns noch mehr lieben dann und noch stolzer sein auf uns. Wir könnten ganz gross rauskommen und grossartig, also wirklich gross und grossartig. Aber diese Üsserschwiizer aus Bern lassen uns nicht, haben Bedenken, dass wir unsere Matten und Wiesen verkommerzialisieren und verschandeln könnten, dabei ist das Wallis so schön, dass es unverschandelbar ist.
Wenn ich Walliser wäre, würde ich jetzt sofort ein Referendum zur Unabhängigkeit machen, wie in Katalonien, und dann sollen die Polizisten aus Bern nur kommen, sie werden auf Granit beissen und geschlagen vom Walliser Patriotismus. Und dann wären wir unabhängig, Chef im eigenen Stall, wären uns unsere eigene Leitkuh. Und vielleicht würden wir sein können, was wir bis jetzt nur fühlen: unsterblich schon zur Lebenszeit.
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