Obama beschwichtigt weltweite Sorgen wegen Trump
Nato-Kitt in Frage? Nein! Iran-Deal kaputt? Nein! Trotzdem sagt der scheidende US-Präsident: «Habe ich Sorgen? Absolut.»
Mit Verve hatte Obama noch kürzlich vor einer Präsidentschaft Trump gewarnt. Nun da der Republikaner wider Erwarten gewonnen hat, schlägt der scheidende Präsident ungewöhnlich milde Töne an. Sein Tenor: Gebt dem Mann Zeit.
Der scheidende US-Präsident Barack Obama hat für Geduld mit seinem künftigen Nachfolger Donald Trump geworben. Dieser werde sein Bestes tun, um die Nation zu einen, sagte Obama am Montag (Ortszeit) in seiner ersten Pressekonferenz nach dem Wahlsieg Trumps. Den Republikaner bezeichnete er ausserdem als pragmatisch. Trump werde an den Verpflichtungen gegenüber der Nato festhalten.
«Er hat gewonnen»
Mit seinen erstaunlich kritikarmen Äusserungen vollzog Obama eine Abkehr von seinen düsteren Warnungen vor Trump, die noch kürzlich den Wahlkampf geprägt hatten. Die neue Tonlage werteten Beobachter auch als ein Signal nach aussen: Weltweit hat Trumps überraschender Sieg mit Blick auf seine umstrittenen Wahlkampfansagen grosse Sorge ausgelöst.
«Er hat gewonnen», sagte Obama. «Er wird der nächste Präsident und ungeachtet der Erfahrung oder Annahmen, die er ins Amt mitbringt, weckt einen dieses Amt auf.» Es sei zu hoffen, dass er einige seiner Gaben, mit denen ihm der grösste politische Umsturz der Geschichte gelungen sei, in den Dienst des amerikanischen Volkes stelle.
Trotz seiner Einschätzung, dass sein Nachfolger ein «Pragmatiker» sei, machte Obama keinen Hehl daraus, dass er sich wegen dessen Präsidentschaft weiter Sorgen mache. Schliesslich seien sich er und sein Nachfolger bei vielen Themen uneins. «Habe ich Sorgen? Absolut,» sagte Obama.
Nicht nur der Präsident
Obama stellte zudem ein Einlenken seines designierten Nachfolgers im Umgang mit der Nato in Aussicht. Trump hatte sich am Wahlkampf als vehementer Kritiker des Militärbündnisses präsentiert und beklagt, dass dessen Mitglieder nicht genug für den Nato-Schutz zahlten. Doch bei deren Treffen im Weissen Haus vergangene Woche habe er sich schon anders angehört, sagte Obama. Trump habe grosses Interesse daran geäussert, «unsere wichtigsten strategischen Beziehungen zu bewahren», darunter «starke und robuste» Nato-Partnerschaften. Dies werde er den Verbündeten bei seiner bevorstehenden Reise nach Griechenland, Deutschland und Peru übermitteln, versicherte Obama.
Bildstrecke – die US-Wahl und die Folgen:
Der Wahlsieg Trumps hat bei den Nato-Verbündeten grosse Sorgen ausgelöst. Der künftige Präsident hat im Wahlkampf nicht nur deutlicher als frühere Amtsinhaber mehr Engagement der Europäer im Verteidigungsbereich gefordert. Auch stellte er die innerhalb der Nato geltende Beistandsgarantie bei bewaffneten Angriffen für jene Länder in Frage, die nach seiner Ansicht selber zu wenig in die Verteidigung investieren.
Beziehungen und Politik gingen über Präsidenten hinaus, sagte er weiter. US-Militärs, Diplomaten und Geheimdienstmitarbeiter würden auch in Zukunft mit ihren ausländischen Kollegen kooperieren.
Iran-Deal hält
Obama zeigte sich auch zuversichtlich, dass sein Nachfolger entgegen seinen Ankündigungen nicht aus dem Atom-Abkommen mit dem Iran austreten werde. Es sei etwas Anderes, dieses im Wahlkampf einen «schrecklichen Deal» zu nennen, als dann als Präsident selber für dieses Abkommen verantwortlich zu sein, das den Iran an der Erlangung von Atombomben hindere.
Der US-Präsident verwies auch auf die Komplikationen, die ein US-Austritt aus dem Abkommen über den Iran hinaus im Verhältnis zu anderen Staaten mit sich bringen würde. In diesem Fall wären die USA nach seinen Worten gezwungen, die anderen Partnerstaaten des Iran-Abkommens, sofern sie an der Vereinbarung festhielten, mit Sanktionen zu belegen.
Obamas Rat an Trump
Auch Obamas Sicherheitsberaterin Susan Rice trat den Sorgen der Europäer entgegen. Sie sollten darauf zählen, dass die USA aufgrund ihrer «globalen Führungsrolle und der damit verbundenen Verantwortung» ihre aus den Sicherheitsbündnissen resultierenden Verpflichtungen weiter einhielten, sagte sie der Nachrichtenagentur AFP.
Video – New York schreibt sich den Frust von der Seele:
Obama räumte ein, dass er Trump Rat angeboten habe. So habe er ihm nahegelegt, nun vom Wahlkampf in den Regierungsmodus zu schalten. Dazu gehöre auch die Notwendigkeit, die Tonlage nach der erbitterten Wahl anzupassen. «Ich denke nicht, dass er ideologisch ist», sagte Obama über Trump. «Und das kann ihm nützlich sein, solange er gute Leute um sich hat und einen klaren Richtungssinn.»
Ausweichend bei Bannon
Obama kündigte zudem an, sich bei Trump für ein Bleiberecht für junge Migranten einzusetzen, die schon im Kindesalter in die USA kamen. Er werde Trump drängen, «sehr lange und gründlich nachzudenken», ehe er sein Dekret zur Aussetzung der Abschiebung dieser Menschen rückgängig mache, sagte der scheidende Präsident.
Einer Frage über Trumps umstrittene Entscheidung, den von rechten Kreisen gefeierten Medienmogul Stephen Bannon zu seinem Chefstrategen zu machen, wich Obama indes aus. «Es ist wichtig, dass wir ihn seine Entscheidungen treffen lassen.» Gleichwohl sei es auch notwendig, «einige Signale der Eintracht» zu senden.
Erst vor einer Woche hatte Obama bei Wahlkampfauftritten für die letztlich unterlegene Hillary Clinton eindringlich vor Trump gewarnt. Dieser sei «kläglich unvorbereitet auf den Job» und könne nicht mit «den Nuklear-Codes umgehen.» Nach Trumps überraschendem Wahlsieg ging der Amtsinhaber jedoch auf seinen künftigen Nachfolger zu. Damit ging Obama nicht zuletzt auf Konfrontationskurs zu seinen Demokraten, die Trumps erste Beschlüsse anprangern und wiederholt auf Vorwürfe des Rassismus, Sexismus sowie anderer beleidigender Rhetorik und Aktionen während Trumps Präsidentschaftskampagne verweisen.
afp/dapd/cpm
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