Nur der Käse ist wurmstichig
Sardinien ist traditioneller Tummelplatz für Schafe und Reiche, eignet sich aber auch für Familien und Sportler.

Wer Sardinien hört, denkt vermutlich an die Costa Smeralda. Sie gilt seit den 1960er-Jahren als Dorado der Reichen, Mächtigen und Schönen. Hier stiegen Berlusconis Bunga-Bunga-Partys, Hotel- und Immobilienpreise bleiben unerschwinglich. Doch die Costa Smeralda ist nur ein kleiner Ausschnitt der vielfältigen italienischen Insel. Eine Stunde Fahrtzeit südlich vom Flughafen Olbia und rund um das Städtchen Orosei prägen Felsen, sandige Buchten und Naturparks die Landschaft.
Überall weiden Schafe, die die Milch für den berühmten Käse, den Pecorino, liefern. Falls man draussen in der Natur Menschen begegnet, handelt es sich vorwiegend um Wanderer, Biker, Trekker oder Camper. Bruno Stüdle ist hier oft auf zwei Rädern unterwegs. Im früheren Leben Chefredaktor des «Berner Oberländers», riss er 2016 den Lenker herum und steigt seitdem als Geschäftsleiter der Firma Bici Juwel in die Pedale. Wir treffen Stüdle im Tirreno Resort, einer stilvollen Hotelanlage des Schweizer Anbieters Ferienverein. Das Resort offeriert ein breites Spektrum an Sportangeboten, vor allem Velotouren auf fein abgestuften Niveaus. Im Frühling und Herbst zischen Stüdle und die Profis von Bici mit den Kursteilnehmern auf Kieswegen, Naturtrails und Radrennstrecken durch die Gegend. Wer es eher gemütlich mag, geniesst auf dem Zweirad die atemberaubende Landschaft, den Geruch nach Kiefernharz, das flirrende Sonnenlicht – und kommt auch ans Ziel.
Mit Quads durch den Naturpark
Ideales Mountainbike-Terrain wartet im Nationalpark Biderosa. Wir sind allerdings nicht mit Bikes unterwegs, sondern mit Quads, vierräderigen Motorrädern. Seltsamerweise sind diese krachenden, stinkenden Gefährte im Naturpark erlaubt. Ganz wohl ist uns nicht. Als unser Weg von einer Gruppe schwitzender Läuferinnen und Läufer gekreuzt wird, würden wir uns am liebsten unsichtbar machen.
«Laufen ist besser als fahren», hallt es denn auch spöttisch zu uns herüber. Die Botschaft kommt von Viktor Röthlin. Der Marathon-Europameister von 2010 bietet im Tirreno Resort Laufwochen für Fortgeschrittene an.
Tourleiter Simone gibt sich Mühe, uns das schlechte Gewissen auszureden. Dank der Quads halte man die Feuerwehr- und Forststrässchen frei für den Fall, dass ein Feuer ausbreche.
Gebratenes Spanferkel, Schafseintopf, Kalbfleisch
Wir sind wieder auf vier Rädern unterwegs, diesmal im Landrover mit Simone und seinem Kollegen Nino. Unser Ziel ist Orgosolo. Das hoch gelegene Dörfchen war einst ein bekanntes Räubernest: Raubzüge sardischer Bergbewohner gab es von der Zeit der Römer bis ins 19. Jahrhundert. 1969 errang der in Orgosolo lang geübte Kampfgeist einen Sieg über die Nato: Auf den traditionellen Weideplätzen ausserhalb des Dorfes sollte ein Truppenübungsplatz entstehen. Als Soldaten und Panzer anrückten, blockierte die Bevölkerung die Zufahrtsstrassen, besetzte die Weiden und erzwang den Rückzug der Truppen.
Eingepfercht in Simones Landrover, fahren wir über holperige Berg- und Waldstrassen, bis wir an einem lauschigen Platz ankommen, wo unter Bäumen ein langer Tisch aufgebaut worden ist. Giuseppe, ein bebrillter, intelligent wirkender Mann, der sich als Schafhirte vorgestellt hat, serviert ein üppiges Mittagsmahl, Käse, Oliven und Trockenfleisch zur Vorspeise, ein am Spiess gebratenes Spanferkel, einen Schafseintopf und Kalbfleisch als Hauptgang und Ricotta mit Honig zum Dessert, alles wird mit rotem Landwein, Kaffee und Grappa runtergespült.
Schafskäse mit lebenden, weissen Maden
Sardinien, nach Sizilien die zweitgrösste Mittelmeerinsel und halb so gross wie die Schweiz, ist mehr als ein Refugium der Superreichen. In der ursprünglichen, mediterranen Landschaft sind perfekte Familien- und Aktivferien möglich. Allerdings sollte man Sardinien im August meiden. Im Ferragosto platzt die Insel aus den Nähten, die Preise sind überteuert.
Der Tag klingt aus mit einer Weindegustation, die der Tirreno-Direktor Luc Schwarz, schweizerisch-italienischer Doppelbürger, selbst zelebriert. Und nochmals werden wir überrascht: Sardinien produziert nicht nur banale Weine, die man beim Schweizer Grossverteiler erhält, sondern auch superbe Weissweine wie Nuragus und Vermentino und tiefgründige, rote Cannonau. Dazu gibt es Casu Marzu, einen Schafskäse, aus dem weisse Würmchen hüpfen. Fliegen haben bei der Herstellung des Käses ihre Eier abgelegt. Die Maden dringen in den Laib, verzehren und verdauen ihn. Man isst also wahrhaftig lebende Maden und deren Ausscheidungen. Das klingt schrecklich, schmeckt aber vorzüglich. Der Schafskäse Casu Marzu ist in der EU eigentlich verboten.
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Die Reportage wurde vom Tirreno Resort ermöglicht.
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