Notrente erhält eine zweite Chance
Im Streit um die Überbrückungsleistungen für ältere Arbeitslose kommen Sozialpolitiker des Nationalrats den Linken entgegen.

Im Streit um die Überbrückungsleistungen (ÜL) für ausgesteuerte ältere Arbeitslose macht die nationalrätliche Sozialkommission (SGK) einen Vermittlungsvorschlag. Dieser soll eine Einigung im Parlament in der Märzsession ermöglichen, nachdem der Ständerat im Dezember zum Ärger der Gewerkschaften die neue Sozialleistung so limitierte, dass die Lage der Betroffenen gegenüber heute nur wenig verbessert wird. Der Ständerat will die ÜL nur bis zwei Jahre vor dem ordentlichen Rentenalter gewähren, was die Bezüger faktisch zum Vorbezug der AHV zwingt und ihnen lebenslang eine gekürzte Rente einträgt.
Die SGK schlägt nun einen einen Mittelweg ein. In der Regel sollen ÜL bis zum ordentlichen Rentenalter (65/64) ausgerichtet werden. Jedoch wird bei Männern mit 63 und bei Frauen mit 62 Jahren überprüft, ob sie als Rentner ohnehin auf Ergänzungsleistungen (EL) angewiesen sind. Ist dies der Fall, erhalten sie die ÜL nur bis zur Frühpensionierung und müssen die AHV vorbeziehen. Finanziell erleiden die Betroffenen durch diesen Mechanismus aber keine Einbusse.
In einem Punkt geht die SGK deutlich weiter als Bundesrat und Ständerat und holt SP und Gewerkschaften wieder ins Boot. Die SGK gewährt die ÜL zwar auch erst Ausgesteuerten ab 60 Jahren, aber die Aussteuerung aus der Arbeitslosenversicherung kann auch schon früher erfolgt sein. Voraussetzung ist, dass 5 der notwendigen 20 Erwerbsjahre in der Schweiz nach dem 50. Geburtstag absolviert wurden. Jahre mit Erziehungs- und Betreuungsgutschriften werden angerechnet, was insbesondere für Frauen wichtig ist.
Ausweitung für Arbeitgeberverband inakzeptabel
In der Bundesrats- und Ständeratsvariante werden ÜL nur jenen gewährt, die mit 60 oder später ausgesteuert werden. Mit der SGK-Variante steigt die geschätzte Zahl der Bezugsberechtigten von 4600 auf 6200 (bezogen auf das Jahr 2028). Die jährlichen Kosten betragen 270 statt 230 Millionen Franken. Für den Schweizerischen Gewerkschaftsbund (SGB) und die SP ist dies eine wesentliche Verbesserung, die Abstriche bei den Leistungen wieder aufwiegt.
Für den Arbeitgeberverband hingegen ist die Ausweitung inakzeptabel und gefährdet eine Einigung im März. Die Arbeitgeber stünden nur hinter den ÜL, wenn diese bloss jene erhielten, die ab 62 ausgesteuert werden, also frühestens mit 60 arbeitslos werden. Mit der SGK-Lösung könne sogar jemand ÜL erhalten, der mit 50 entlassen werde und sich mit Zwischenverdiensten bis 60 über die Runden bringe, kritisiert der Arbeitgeberverband.
Beim Leistungsniveau schliesst sich die SGK dem Ständerat an, wonach die ÜL nicht über dem Niveau der EL für Rentner liegen dürfen. Konkret heisst das, dass Alleinstehende für den Grundbedarf maximal 19'450 Franken im Jahr erhalten, Ehepaare 29'175 Franken. Zusätzlich werden die Kosten für Wohnung, Krankenkasse sowie nach Bedarf weitere Gesundheitsaufwendungen abgegolten. Der Bundesrat wollte den ÜL-Empfängern eine Pauschale von 25 Prozent des Grundbedarfs für Gesundheitskosten auszahlen sowie weitere rund 10'000 Franken jährlich, um Beiträge in die Pensionskasse einzahlen zu können.
Dies fand aber auch in der Nationalratskommission keine Mehrheit. Sie will jedoch den ÜL-Bezügern den BVG-Risikobeitrag und den Verwaltungskostenbeitrag erstatten. Diese Beiträge sind Voraussetzung, damit jemand bei der Pensionskasse versichert bleibt, wenn er seine Stelle verliert.
Im Gegenzug erhöht die Kommission die Eintrittshürde. Sie will ÜL nur gewähren, wenn das Vermögen nicht mehr als 50'000 Franken (Ehepaare 100'000) beträgt. Bundesrat und Ständerat legten die Vermögensschwelle bei 100'000 Franken (Ehepaare 200'000) fest.
Teil der FDP will ÜL erst ab 62
Sämtliche Beschlüsse fanden in der SGK eine deutliche Mehrheit. Entscheidend für die Beratungen im Nationalrat könnte sein, dass die Grünliberalen die ÜL nun befürworten. Bei der FDP dürfte hingegen ein Teil darauf drängen, die ÜL erst ab 62 auszurichten. Die SVP lehnt die Leistungen hingegen ab, nicht zuletzt, weil der Bundesrat diese als eine Massnahme sieht, mit der das Volk am 17. Mai zu einem Nein zur Kündigungsinitiative bewegt werden soll.
Für SP-Nationalrat und SGB-Präsident Pierre-Yves Maillard handelt es sich um einen vernünftigen Kompromiss unter den linken und jenen bürgerlichen Parteien, die die Überbrückungsleistung unterstützen. Zudem sei die Kommission dem Ständerat bei der Leistungshöhe und der Koordination des AHV-Vorbezugs entgegengekommen. Die ÜL seien für den SGB ein Argument im Kampf gegen die SVP-Kündigungsinitiatve, aber nicht die Bedingung für die Gewerkschaften, damit sie die Initiative bekämpften.
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