Neue Gewaltausbrüche in Tunesien
In Tunesien ist es am Wochenende zum schlimmsten Gewaltausbruch seit der Flucht von Ben Ali gekommen. Für zusätzliche Aufregung sorgt der Innenminister, der die ehemalige Regierungspartei kurzerhand auflöste.
Inmitten wachsender Spannungen hat der tunesische Innenminister Fahrat Rajhi einen Stopp aller Aktivitäten der ehemaligen Regierungspartei RCD angeordnet. Ab sofort dürften keine Parteiveranstaltungen und -treffen mehr stattfinden und alle Büros der RCD müssten geschlossen werden, hiess es am Sonntag in einer Erklärung des Innenministeriums. Ausserdem bereite Rajhi die Auflösung der Partei vor.
Nach einem Bericht der amtlichen Nachrichtenagentur TAP wurden diese Massnahmen wegen der «extremen Dringlichkeit» der Situation ergriffen, und um «die höheren Interessen der Nation zu bewahren».
Schlimmer Gewaltausbruch
In Tunesien war es am Wochenende zum schlimmsten Gewaltausbruch seit der Flucht von Ex-Präsident Zine El Abidine Ben Ali gekommen. In der nordwestlichen Stadt Kef eröffneten Polizisten am Samstag das Feuer auf rund 1.000 Menschen, die eine Polizeiwache mit Steinen und Brandbomben bewarfen. Dabei wurden mindestens zwei Menschen getötet und 17 weitere verletzt, wie das Innenministerium mitteilte. Zeugenberichten zufolge hatte der örtliche Polizeichef eine Frau geschlagen und damit die Menschenmenge erzürnt. Einem Bericht der TAP zufolge griff eine Menschenmenge am Sonntag die Polizeiwache in Kef erneut an. Sie habe das Gebäude geplündert und anschliessend in Brand gesteckt. Das Militär umstellte örtliche Regierungsgebäude, um sie zu schützen.
In der südlichen Stadt Kebili wurde laut TAP ein Jugendlicher von einem Tränengaskanister getroffen und getötet. Er habe zu einer Gruppe von Demonstranten gehört, die versucht hätten, einen Posten der Nationalgarde anzugreifen. Sie hätten gegen die Ernennung eines örtlichen Gouverneurs protestiert, hiess es.
In der Stadt Gafsa habe der jüngst ernannte Gouverneur Mohamed Goudier seinen Posten in einem Militärfahrzeug verlassen müssen, nachdem bei einer grossen Demonstration sein Rücktritt gefordert worden war, meldete TAP. Die Menschenmenge habe zudem eine Abwendung von allen «Symbolen des alten Regimes» verlangt.
Hilfsgüter in von Unruhen betroffene Stadt gebracht
In mehreren anderen Städten im Land kam es zu ähnlichen Demonstrationen. In der Stadt Sidi Bouzid, wo im Dezember die massiven Unruhen ausgebrochen waren, gingen am Samstag Hunderte Menschen auf die Strasse. Grund für den Protest war laut TAP der Tod zweier Häftlinge in einer Polizeistelle. Sie waren demnach am Freitag bei einem Brand ums Leben gekommen. Die Behörden ordneten eine Untersuchung der Brandursache an.
In Sidi Bouzid hatte sich am 17. Dezember der arbeitslose Tunesier Mohamed Bouazizi in Brand gesetzt und damit die Proteste ausgelöst, die zum Sturz Ben Alis führten. Eine rund vier Kilometer lange Kolonne aus Bussen und Autos traf am Sonntag in der Ortschaft ein, um die Bevölkerung mit Hilfsgütern zu versorgen. Ähnliche Hilfstransporte waren auch für andere ländliche Gebiete geplant, die sich vom Regime Ben Alis im Stich gelassen fühlten.
dapd/mrs
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