Netanyahus neue Koalitionsregierung steht
Fast zwei Monate nach den israelischen Parlamentswahlen ist die Koalitionsbildung abgeschlossen. Zum ersten Mal seit zehn Jahren sind keine Vertreter der ultraorthodoxen Juden beteiligt.

Gut sieben Wochen nach der Parlamentswahl in Israel hat Ministerpräsident Benjamin Netanyahu eine neue Regierungskoalition geschmiedet. Nach zähen Verhandlungen einigten der von Netanyahu geführte rechte Likud-Beitenu-Block, die liberale Zukunftspartei (Jesch Atid) sowie die rechte Siedlerpartei Jüdisches Haus und die Partei der früheren Aussenministerin Zipi Livni auf ein Bündnis.
Die neue Regierung ist die erste seit zehn Jahren, an der keine Vertreter der ultraorthodoxen Juden beteiligt sind. Beobachter erwarten, dass Netanyahu einige ihrer umstrittenen Privilegien infragestellen könnte, wie etwa Ausnahmen für streng Gläubige von der Wehrpflicht oder üppige Stipendien für ultraorthodoxe Studenten. Ultraorthodoxe stellen rund zehn Prozent der rund acht Millionen israelischen Bürger.
«Sofort Gespräche mit Palästinensern»
Auch ein Vorstoss in den seit Jahren völlig festgefahrenen Verhandlungen mit den Palästinensern erscheint denkbar. Darauf will zumindest Jesch Atid drängen. «Wir müssen sofort Gespräche mit den Palästinensern starten», sagte Jael German, die als Gesundheitsministerin gehandelt wird. Ein Friedensabkommen sei «essenziell» wichtig.
Die Partei war erst vergangenes Jahr vom Fernsehstar Jair Lapid gegründet worden und wurde auf Anhieb zweitstärkste Kraft im Parlament, mit 19 Sitzen. Netanjahus rechter Likud-Beitenu-Block war mit 31 Mandaten als stärkste Kraft aus der Wahl hervorgegangen.
Netanyahu, der seit sieben Jahren Regierungschef ist, sprach lediglich unbestimmt von «grossen Herausforderungen» in punkto Sicherheit und Diplomatie, die zu bewältigen seien. In seinen vergangenen vier Jahren als Regierungschef hatte es quasi keine Bewegung in den Verhandlungen über ein Friedensabkommen gegeben.
Die neue Koalition verfügt über 68 der 120 Parlamentssitze. Die Minister sollen Montag vereidigt werden - zwei Tage, bevor der wiedergewählte US-Präsident Barack Obama seinen Antrittsbesuch in Israel macht.
Lapid wird als neuer Finanzminister gehandelt. Seine Partei soll zudem das Bildungsressort übernehmen. Beides könnte dazu dienen, wie von ihm versprochen Subventionen für die Ultraorthodoxen zu kürzen. Netanjahus Block behält die Kontrolle über das Verteidigungs- und das Innenministerium.
Soziale Themen im Wahlkampf
Im Wahlkampf hatten vor allem soziale und wirtschaftliche Themen dominiert, wie niedrige Löhne, hohe Immobilienpreise und die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich. Dies verschaffte der liberalen Zukunftspartei und der vom Millionär Naftali Bennett geführten Partei Jüdisches Haus viele Stimmen.
Bennetts Partei lehnt Zugeständnisse an die Palästinenser ab und fordert sogar, dass Israel grosse Teile des Westjordanlands zu seinem Staatsgebiet macht. Zudem befürwortet er den Bau neuer Siedlungen in den von Israel besetzten Gebieten. Mit dem Wohnungsbauministerium hat die Partei Jüdisches Haus dafür eine Schlüsselposition inne.
Sollten neue Friedensverhandlungen geführt werden, wäre dafür Livni zuständig. Netanyahu hat sie zur Chef-Unterhändlerin ernannt.
Die Koalitionsverhandlungen waren nach der Parlamentswahl am 22. Januar ins Stocken geraten. Grund dafür waren unter anderem unterschiedliche Ansichten über die Aufteilung der Kabinettsposten und Pläne für eine Reform des Wehrdiensts.
SDA/kpn
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