Netanyahu droht den Palästinensern mit Annexionen
Die Palästinensische Autonomiebehörde will die in Oslo vereinbarte Aufteilung in Zonen nicht mehr anerkennen.

Für manche ist es eine Verzweiflungstat, für andere ein Bruch des Osloer Abkommens: Die Palästinensische Autonomiebehörde will die Aufteilung des Westjordanlandes in Zonen nicht mehr anerkennen. Sie wies Bürgermeister und Regionalverwaltungen an, Planungen vorzunehmen, die über die bisherigen Gebietsgrenzen hinausgehen. Die Autonomiebehörde will auch Baubewilligungen für das sogenannte C-Gebiet ausstellen, das von den Israelis kontrolliert wird.
Die Palästinenser hatten Anfang August die Ankündigung Israels scharf kritisiert, man werde 6000 Wohneinheiten bauen für israelische Siedler und 700 Wohnungen für Palästinenser in C-Gebieten genehmigen. Präsident Mahmoud Abbas erklärte, die Palästinenser bräuchten keine Erlaubnis von Israel, um auf dem seit 1967 besetzten Land zu bauen. Er kündigte an, Vereinbarungen mit Israel lösen zu wollen. Nun versucht er einen ersten Schritt.
Der 83-jährige Abbas hatte bereits mehrmals erklärt, er fühle sich nicht mehr an den Osloer Friedensprozess und die nachfolgenden Abkommen gebunden. Das erklärte Ziel, einen eigenen palästinensischen Staat zu schaffen, ist mehr als ein Vierteljahrhundert nach Unterzeichnung der Verträge nicht umgesetzt. Das 1995 abgeschlossene Interimsabkommen für das Westjordanland und den Gazastreifen, Oslo II genannt, sah die Aufteilung in die Zonen A, B und C vor.
400'000 jüdische Siedler
Die A-Gebiete, bestehend aus den grösseren Städten mit Ausnahme Hebrons, wurden unter die Kontrolle der Palästinensischen Autonomiebehörde gestellt. Hier lebt rund die Hälfte der mehr als zwei Millionen Palästinenser im Westjordanland. Die B-Gebiete, wo etwa vierzig Prozent der Palästinenser leben, setzen sich vor allem aus ländlichen Regionen zusammen. In diesem Bereich haben die Palästinenser die administrative Kontrolle, die Israelis jene über die Sicherheit. Das C-Gebiet steht sowohl zivilrechtlich als auch in Sicherheitsbelangen unter israelischer Kontrolle und umfasst 60 Prozent des Westjordanlands. Hier befinden sich auch die meisten der rund 250 jüdischen Siedlungen, rund 400'000 Siedler leben dort.
«Wir werden die jüdische Souveränität auf alle Siedlungen ausweiten, als Teil des Staates Israel.»
Der israelische Premierminister Benjamin Netanyahu reagierte nicht direkt auf die Ankündigungen der Palästinenser, Israels Zuständigkeiten nicht mehr anzuerkennen. Der Politiker des rechtsnationalen Likud versprach jedoch, dass er die jüdische Souveränität über alle Siedlungen im Westjordanland ausweiten wolle. «Das ist unser Land», sagte Netanyahu. Es werde keine Räumung von Siedlungen geben, bekräftigte er. «Wir werden die jüdische Souveränität auf alle Siedlungen ausweiten, als Teil des Staates Israel.»
Bereits vor der Parlamentswahl im April hatte Netanyahu angekündigt, Teile des Westjordanlandes annektieren zu wollen. Diesmal absolviert er auffällig viele Wahlkampftermine in jüdischen Siedlungen im besetzten Westjordanland. Am 17. September finden in Israel erneut Parlamentswahlen statt, weil Netanyahu keine Regierung zustande gebracht hat. Er versucht nun, möglichst viele Stimmen innerhalb des rechten Blocks für seine Likud-Partei zu gewinnen.
Kurz vor der Wahl im April hatte US-Präsident Donald Trump die Annexion der Golanhöhen, die Israel 1967 von Syrien erobert und 1981 annektiert hatte, für rechtens erklärt – was als Wahlkampfhilfe für Netanyahu und Freibrief für weitere Annexionen interpretiert worden war.
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