Nach dem Crash die verbale Karambolage
Die Formel 1 entging am Sonntag in Spa nur ganz knapp einer Katastrophe. Dass Niki Lauda den Unfallverursacher Romain Grosjean nun zur Persona non grata erklärt, übertüncht die wahre Problematik.

Die Sperre für das kommende Rennen in Monza ist nach dem schweren Unfall am Grand Prix von Belgien in Spa die geringste Strafe für den Genfer Romain Grosjean. Der Lotus-Pilot, der viel zu aggressiv startete, den McLaren von Lewis Hamilton rammte und anschliessend 70 Zentimeter am Helm von Fernando Alonso im Ferrari vorbeischrammte, ist am 2. September 2012 zur Persona non grata der Königsklasse geworden. Den Ruf des verantwortungslosen Rambos wird er so schnell nicht mehr los.
Vor allem der dreifache Weltmeister Niki Lauda liess kein gutes Haar an Grosjean. «Wie dumm ist der wirklich?», fragte der Österreicher vor laufender Kamera und forderte schon vor dem Urteil des Automobil-Weltverbands FIA die Sperre, die der schweizerisch-französische Doppelbürger dann auch aufgebrummt bekam. «Von allein kommt er nicht drauf, weil der Kopf nicht gescheit genug ist. Diese Aktion war ein heller Wahnsinn», so Lauda.
Natürlich konnte die FIA den Wiederholungstäter Grosjean nicht ungeschoren lassen – und natürlich ist die Denkpause für den 26-Jährigen ein Denkzettel zur richtigen Zeit. Wenn die Entscheidungsträger im Rennzirkus aber wirklich verhindern wollen, dass in Zukunft ein Fahrer von einem Auto oder einem durch die Luft fliegenden Rad erschlagen wird, müssen sie endlich die Einführung geschlossener Cockpits vorantreiben. Das jedoch würde die Tradition zu Grabe tragen, und die Tradition ist in der Formel 1 noch immer mehr wert als die Gesundheit der Piloten.
«Gott sei Dank, ist nichts passiert, aber nichtsdestotrotz ist Grosjean allein schuld», sagte Lauda in Belgien. Was die Auslösung des Unfalls betrifft, hat er recht, bezüglich der Todesgefahr für Alonso nicht. Hier liegt die Verantwortung bei den Verantwortlichen für das Regelwerk. Deshalb heissen sie auch so.
Vor drei Jahren schlug ein abgerissenes Rad dem britischen Weltmeister-Sohn Henri Surtees an einem Formel-2-Rennen in Brands Hatch gegen den Kopf, der 18-Jährige war sofort bewusstlos, krachte in die Leitplanke und starb am Abend in einer Londoner Klinik. In der folgenden Woche schlug eine Metallfeder auf dem Hungaroring ein Loch in den Helm von Ferrari-Pilot Felipe Massa, der nur mit viel Glück und um ein paar Zentimeter dem Tod entging. Doch was ist passiert? Nichts! Die Schönheit des Autos ist unantastbar. Genauso wie das Spektakel.
Seien wir einmal ehrlich: Wer würde sich schon für die Formel 1 interessieren, wenn es keine waghalsigen Überholmanöver und keine spektakulären Zweikämpfe nach dem Start geben würde? Dass die La-Source-Spitzkehre in Spa direkt nach dem Start ein gefährliches Nadelöhr bildet, ist beileibe kein Zufall. Man will, dass es knallt. Wenn auch nicht so heftig wie am Sonntag.
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