Trotz steigender MietpreiseMuttenz lehnt Reglement für preisgünstiges Wohnen ab
Salome Lüdi (SP) will das Birsfelder Modell auch für Muttenz einführen. Der Gemeinderat sieht sich in seinem Handlungsfreiraum eingeschränkt.

Einig war man sich in Muttenz am Dienstagabend darüber, dass man Familien und Einzelpersonen mit tiefem Einkommen unterstützen will. Zu diskutieren gab an der Gemeindeversammlung im Gemeindezentrum Mittenza nur das Wie. Auslöser dafür war der Antrag von Salome Lüdi (SP). Sie wollte den Muttenzer Gemeinderat damit beauftragen, ein Regelwerk auszuarbeiten, das bei Quartierplänen die preisliche Wohnungsvielfalt einfordert. Das heisst: In Zukunft müsste die Gemeinde bei ihren Bauprojekten dazu schauen, dass eine gewisse Zahl an Wohnungen preisgünstig vermietet wird.
Neu wäre so ein Reglement nicht: Birsfelden kennt seit November 2020 ein solches. Die benachbarte Gemeinde hat sich dazu verpflichtet, bei Quartierplänen auf gemeindeeigenen Parzellen mindestens die Hälfte der geplanten Wohnungen durch Wohnbaugenossenschaften erstellen zu lassen. Bei privaten Parzellen müssen 20 Prozent der Wohnungen günstig vermietet werden. Letztere Vorgabe kommt erstmals beim Bau des 73 Meter hohen Turms an der Birs zur Anwendung.
Mietzinsbeiträge statt Reglement
In Birsfelden unterstützen SP, Grüne, EVP, Die Mitte und «im Grundsatz» auch die FDP das Anliegen. Selbst der Gemeinderat sprach sich dafür aus. Ganz anders in Muttenz: Der Gemeinderat empfahl, den Antrag für nicht erheblich zu erklären, die Gemeindekommission ebenfalls. Die vorgeschlagene Reglementierung sei nicht wirkungsvoll, schwierig umsetzbar und würde eine wesentliche Einschränkung in das geltende Eigentumsrecht bedeuten. Um sogenannte Working Poor mit der Miete zu unterstützen, eigne sich vielmehr das neue Mietzinsbeitragsgesetz, das ab 2024 in Kraft tritt.
Salome Lüdi sah das anders: Das Reglement würde nicht nur jene Personen unterstützen, die jetzt bereits kein Geld für die Miete haben. «Es geht darum, dass auch künftig Personen günstiger Wohnraum zur Verfügung gestellt wird», so Lüdi mit Hinweis auf die erwarteten Mietzinserhöhungen in der Schweiz. (Lesen Sie hier, wie steigende Mieten eine Million Menschen in Bedrängnis bringen.)
Staatsbeiträge finanzieren teure Wohnungen mit
Zu bedenken gab zudem Johannes Donkers (SP), dass mit einem Reglement das Problem «an der Wurzel» gepackt werden könne. Wenn der Gemeinderat bereits bei der Planung günstigen Wohnraum berücksichtigt, «dann braucht es die Mietzinsbeiträge, die teure Wohnungen mitfinanzieren, nicht».
Gemeinderat und Regierungsrat in spe Thomi Jourdan (EVP) befürchtete hingegen, dass ein Reglement den Gemeinderat bei der Planung vielmehr einschränken würde. «Die Gemeinde hat in den letzten 15 Jahren bewirken können, dass Investorinnen auch einen Beitrag an die Öffentlichkeit leisten», so Jourdan. Doch dies eigne sich nur bei bestimmten Arealen. Man wolle auch künftig je nach Situation entscheiden können. «Ich schlage vor, dass Sie dem Gemeinderat auch in Zukunft auf die Finger schauen.»
Schlussendlich folgte die Gemeindeversammlung dem Antrag des Gemeinderates, das Geschäft mit 72 Ja-Stimmen zu 34 Nein-Stimmen bei 7 Enthaltungen für nicht erheblich zu erklären.
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