Mutig und zukunftsweisend
Zu den Plänen für eine neue Mittelschule im Fricktal.

Zum Schulbeginn hat diese Woche der Aargauer Bildungsdirektor Alex Hürzeler mit einer Überraschung aufgewartet: Der Kanton Aargau unternimmt erste Schritte für zwei neue Mittelschulen, eine davon im Fricktal.
Es ist dies ein mutiger und zukunftsweisender Entscheid. Gelingt das Unterfangen, kann der Aargau die wachsende Nachfrage nach einer Mittelschulausbildung befriedigen. Diese ergibt sich durch den Bevölkerungsdruck einerseits und die Sorgen um den Fachkräftemangel andererseits. Eine neue Mittelschule etwa in Rheinfelden käme auch dem Baselbiet entgegen.
Regierungsrat Hürzeler hat aufgezeigt, dass sich im Aargau gemäss Prognosen eine Schere zwischen dem Ausbildungsangebot und den zukünftigen Ausbildungsbedürfnissen öffnet. Das aargauische Fricktal steckt dabei in einem besonderen Dilemma: Die Region wächst stark – und gleichzeitig ist die Zukunft der Aargauer am Gymnasium Muttenz wegen der vom Kanton Baselland geprüften Neuausrichtung der Mittelschulstandorte mit Unsicherheiten behaftet.
Wachstum
Gemäss einer Studie der Basler Kantonalbank ist das Fricktal die am stärksten wachsende Region in der Nordwestschweiz. Die Studie führt für das Fricktal Wachstumsraten von 3,8 Prozent im Jahr 2017 und 5,0 Prozent im laufenden Jahr an. Ein Gymnasium im Fricktal würde den Jugendlichen eine neue Perspektive eröffnen.
Heute bereiten sich 350 Jugendliche aus dem aargauischen Fricktal in Muttenz auf die gymnasiale Matur oder die Fachmatur vor. 160 Jugendliche besuchen dazu ein Gymnasium in Basel-Stadt. Die Maturanden aus dem Fricktal gelten schon heute als besonders motiviert.
Die Fricktaler in Muttenz kommen heute zu 87 Prozent aus dem Bezirk Rheinfelden, vor allem aus Rheinfelden, Möhlin, Magden und Kaiseraugst. Der wahrscheinlichste Standort eines neuen Gymnasiums wäre demnach Rheinfelden. Der Standort wäre auch eine Option für Baselbieter Gymnasiasten, sollte das Gym Liestal, wie zu erwarten ist, an Grenzen stossen.
Bildungsdirektion
Die Bildungsdirektoren in Baselland und Basel-Stadt reagierten positiv auf Hürzelers Ankündigung. Die Baselbieter Bildungsdirektorin Monica Gschwind sagte, der Wegfall der Aargauerinnen und Aargauer in Muttenz könnte mithelfen, das Schülerwachstum im Baselbiet aufzufangen. Auch der Basler Erziehungsdirektor Conradin Cramer sah bei einem Wegfall der Fricktaler keine Überkapazitäten auf Basel zukommen.
Erstaunlich war diese Woche einzig die Stellungnahme der Liberal-Demokratischen Partei Basel-Stadt. Die LDP liess in einer Erklärung verlauten, die Gründung eines Gymnasiums stehe «eher quer in der Landschaft». Und: «Nicht nur, aber auch aus finanziellen Gründen wäre es für Basel-Stadt interessant, auch in Zukunft auf die Schülerschaft aus dem Fricktal zählen zu können».
In einer Interpellation fragt die LDP die Basler Regierung, ob sie nicht nochmals mit den Aargauer Kollegen sprechen möchte. Ausserdem regt die LDP Gespräche mit Solothurn und Baselland an, ob diese nicht gewillt wären, Gymnasiasten aus Allschwil, Schönenbuch und dem Solothurner Leimental nach Basel zu schicken.
Misserfolge
Sollte die Regierung in Basel-Stadt tatsächlich dem Ansinnen der Liberalen entsprechen, dürften ihre Aussichten auf erfolgreiche Gespräche in Aarau, Liestal und Solothurn allerdings begrenzt sein. Die Basler Gymnasien geniessen keinen besonders guten Ruf: Basel-Stadt steht nämlich im kantonalen Vergleich an der Spitze der Kantone mit den höchsten Misserfolgen an den Hochschulen.
22 Prozent der Studierenden aus Basel-Stadt verfügen nach acht Studienjahren über keinen Studienabschluss. Diese Quote ist etwa doppelt so hoch wie für Baselbieter, Aargauer oder Solothurner. Für Basel-Stadt wäre es vordringlicher, die eigene Mittelschulstrategie zu überdenken.
Der Arbeitsgruppe, die im Baselbiet zurzeit die Ausrichtung der fünf Baselbieter Mittelschulstandorte prüft, käme der Bau einer neuen Mittelschule in Rheinfelden gelegen. Die Bildungs-, Kultur- und Sportdirektion plant in Muttenz ein Zentrum der Berufsausbildung. Vielversprechend wäre dabei eine Variante, welche die Fachmittelschule in Muttenz zentrierte. Die Absolventen einer gymnasialen Matur könnten in diesem Fall nach Münchenstein oder Rheinfelden ausweichen.
FHNW
Für Berufe im Bereich der Life Sciences oder der Pädagogik wäre der Standort Muttenz interessant, weil sich auf demselben Areal auch der Campus der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) befindet. Zu beachten ist dabei, dass es in der Region Basel für angehende Primarlehrkräfte üblich ist, statt einer gymnasialen Matur eine Fachmatur Pädagogik zu bestehen.
Eine Fokussierung der Mittelschulen auf fachliche Schwerpunkte wäre verheissungsvoll. Unerlässlich ist es dabei aber, dass die Nordwestschweizer Bildungsdirektoren ihre Zukunftspläne auch in den nächsten Jahren, in denen die Weichen gestellt werden, aufeinander abstimmen.
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