

Jaqueline Badran
Der Preisdruck schadet unserer Wirtschaft.
Ja
Fliesst mehr Kapital in den Immobilienmarkt, wird mehr gebaut. Das macht Mieten und Wohneigentum günstiger. So lautet das Hauptargument der Lex-Koller-Gegner. Was irgendwie einleuchtend klingt, ist erwiesenermassen falsch: Die Aufweichung der Lex Koller hat die Schleusen geöffnet für renditesuchendes Kapital aus aller Welt.
Seit 2005 dürfen börsenkotierte Immobilienfirmen Geld aus dem Ausland annehmen, etwa vom katarischen Ölfonds. Milliarden sind so neu in unseren Immobilienmarkt geflossen. Nun tobt ein Krieg um den Ertrag.
In der Schweiz herrscht Anlagenotstand. Nicht zu wenig, sondern viel zu viele Anleger balgen sich um den knappen Boden. Ausländisches Kapital konkurrenziert Private, Genossenschaften und Pensionskassen. Die Einheimischen ziehen bei Versteigerungen von zu überbauenden Arealen regelmässig den Kürzeren. Je mehr Investoren sich um den Boden streiten, desto teurer wird dieser.
Die Immobilienpreise steigen heute um 6 Prozent im Jahr – und in der Folge ziehen auch die Mieten sowie die Preise für Wohneigentum oder Gewerbehäuser an. Dabei müssten die Preise wegen der vielen Neubauten, der tiefen Zinsen und der Inflation eigentlich sinken.
Leerwohnungsziffer unter 1 Prozent
Die Leerwohnungsziffer liegt seit Jahrzehnten fast überall unter 1 Prozent. Das ist typisch für einen Markt, wo der unvermehrbare Boden das Angebot einschränkt – nicht das angeblich fehlende Kapital. Die Preissteigerungen sind Gift für die Wirtschaft. Jeder von uns berappt die Immobiliengewinne mit. Die Wohnkosten bilden den grössten Posten in Schweizer Haushaltsbudgets. Steigen diese – egal ob über Eigentumspreise oder Mieten – nur schon um 100 Franken monatlich pro Haushalt, fallen beim Konsum jährlich fünf Milliarden Franken weg. Wir müssen wohnen, deshalb gehen wir zähneknirschend ans Limit und verzichten auf öfteres Ausgehen, neue Kleider oder teure Ferien.
Den Pensionskassen und Privateigentümern schmelzen derweil die Mietrenditen weg: Denn je höher die Immobilienpreise klettern, desto tiefer fallen bei fixen Mieten die Renditen aus. Ausländischen Milliarden, die in unseren währungs-, ertrags- und inflationssicheren Markt drängen, verstärken zudem den Druck auf den Schweizer Franken. Das schadet dem Tourismus und der Exportindustrie. Da hilft nur eines: die Schleusen schliessen, die man geöffnet hat. Es gibt keinen Grund, weshalb wir die Gewinne von Blackrock und J. P. Morgan finanzieren sollten. Kapital gibt es auf dem Schweizer Immobilienmarkt mehr als genug. Unser Problem ist, dass die Kaufkraft wegen der steigenden Wohnkosten abnimmt. Immobilien sollen deshalb allein jenen vorbehalten sein, die hier wohnen und geschäften; die ihren Lebensmittelpunkt und Steuersitz hier haben. Genau das bewirkt eine konsequent angewendete Lex Koller. Irgendwie einleuchtend.

Marco Salvi
Ausländische Investoren sorgen für tiefere Mieten
Nein
Das Parlament steht kurz davor, ausländische Investitionen in Schweizer Immobiliengesellschaften und Fonds stark einzuschränken. Das Hauptargument: Ausländische Investoren würden die Mietpreise in der Schweiz hoch- treiben. Diese Behauptung widerspricht elementaren, ökonomischen Zusammenhängen.
Mit der Verschärfung der Lex Koller möchten Bundesrat und Nationalrat den überhitzten Schweizer Immobilienmarkt abkühlen. Das Ganze trägt den Geschmack des Protektionismus. Die Politiker in Bern spielen mit dem Feuer. Man denke nur an die Konsequenzen für unsere offene Volkswirtschaft, wenn Schweizer Investoren durch ähnliche Verbote im Ausland getroffen würden.
Ausländische Investoren – die meisten von ihnen institutionelle Anleger – üben keinen Einfluss auf die Mieten in der Schweiz aus. Sie sind keine Mieter, sondern eben Investoren und tragen also nicht zur Nachfrage nach Wohnraum bei. Deshalb können sie auch nicht für die Verknappung des Wohnraums verantwortlich sind. Nur wer Mietfläche beansprucht, bewegt den Mietpreis.
Tiefere statt höhere Mieten
Zum besseren Verständnis eine Analogie: Würde eine ausländische Ladenkette Dutzende Schweizer Buchhandlungen übernehmen, wäre die Kette noch lange nicht in der Lage, die Buchpreise zu erhöhen. Im Gegenteil: Weil sie dem Buchhandel Kapital zuführte, trüge sie zur Erweiterung des Angebots (oder immerhin zu dessen Erhalt) und so zu tieferen Preisen bei. Entsprechend gilt für Immobilien: Je mehr Investoren sich auf dem Markt für Mehrfamilienhäuser tummeln, desto mehr Wohnungen werden gebaut. Daraus folgen tiefere, nicht höhere Mieten.
Alles anderes ist Unsinn. Etwa die Behauptung, institutionelle Investoren (Schweizer wie ausländische) würden unzimperlich mit den wehrlosen Mietern umgehen und eine aggressive Vermietungspolitik betreiben – im Gegensatz zu den Privatvermietern, die nur ein oder zwei Mehrfamilienhäuser besitzen.
Mehrere Studien belegen das Gegenteil: Es sind die Kleinvermieter, welche die Zitrone am stärksten auspressen. Eine Analyse des Bundesamts für Statistik hat ergeben, dass institutionelle Anbieter für ähnliche Objekte im Durchschnitt eine 4 Prozent tiefere Miete verlangen. Nur schon aus Reputationsgründen verzichten manche Pensionskassen auf die maximal mögliche Rendite.
Ein Verbot für Investitionen aus dem Ausland würde auch unseren Pensionskassen nichts bringen. Abnehmende Konkurrenz auf dem Immobilienmarkt würde die Bewertungen ihrer Objekte fallen lassen, was langfristig zu tieferen Erträgen führte. Für einmal sollten die Mieterorganisationen ihre Verbündeten anderswo suchen und sich gegen die Verschärfung der Lex Koller wehren. Die Schweizer Mieter und Rentner würden es ihnen danken.
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Muss die Lex Koller verschärft werden?
Auf dem Schweizer Wohnungsmarkt werden rekordhohe Preise bezahlt. Jetzt wird darüber debattiert, ob der Grundstückkauf für ausländische Personen weiter eingeschränkt werden soll.