Zu wenig Schulraum Münchensteiner Eltern proben den Aufstand
Die Gemeinde wächst. Doch der Platz für Schüler könnte knapp werden. Eine Petition fordert jetzt den Bau von Kindergärten und Primarschulen in den neuen Quartieren.

Mehrere Eltern trauten ihren Augen nicht, als sie vor wenigen Wochen von der Gemeinde Münchenstein die Meldung erhielten, dass ihr Kind nicht wie geplant ab dem neuen Schuljahr ins Schulhaus Dillacker eingeteilt wurde, sondern im weiter entfernten Schulhaus Lange Heid in die erste oder zweite Primarklasse gehen muss.
Grund für die neue Schuleinteilung ist Platzmangel. Weil es in Münchenstein – vor allem im Quartier Dillacker – mehr Kindergartenkinder gibt, braucht es einen zusätzlichen Kindergarten. Der Gemeinderat entschied, am Standort Dillacker statt der Primarklasse einen zweiten Kindergarten zu führen. Die Primarschulkinder müssen deshalb neu ausserhalb des Quartiers zur Schule gehen.
Die Meldung sei zu kurzfristig gekommen, um zum Beispiel die Betreuung der Kinder neu zu organisieren, kritisierten 63 Eltern oder werdende Eltern in einem Brief an die Gemeinde. Ein Teil davon legte gegen die neue Schuleinteilung Beschwerde ein. Moniert wird auch, dass der Schulweg ins Lange Heid für die sechs- bis achtjährigen Kinder mit bis zu 1,5 Kilometern Länge nicht zumutbar sei.
Petition gestartet
Der Widerstand geht mittlerweile übers Dillackerquartier hinaus. Denn die Befürchtung, dass in Münchenstein allmählich der Schulraum knapp werde, ist grundsätzlicher Natur. Die kürzlich gegründete Gruppe «Familienfreundliches Münchenstein» hat eine Petition gestartet. Sie fordert, dass die Sparmassnahmen, die vergangene Woche aufgrund des strukturellen Defizits der Gemeinde angekündigt worden sind, nicht auf dem Rücken von Kindern und Jugendlichen vollzogen werden sollen. Angebote für Kinder und Jugendliche sollten erhalten oder gestärkt werden. Münchenstein solle sich zu einer familienfreundlichen Gemeinde entwickeln. Dazu gehören gemäss Petitionstext Kindergärten und Primarschulen in den Quartieren, «damit die Schulwege sicher sowie familien- und umweltfreundlich bewältigt werden können». Mit der Petition will die Gruppe verhindern, dass «Münchenstein aufgrund von kurzsichtigen finanziellen Überlegungen familienpolitisch um Jahre oder Jahrzehnte zurückgeworfen wird».
Der Schulraum sei schon heute knapp, warnt Petitionär Jonas Kiefer. «Und wenn die bereits genehmigten Quartierpläne realisiert werden, wird es erst recht ein Problem.» Dass der Gemeinderat beim Bahnhof den Quartierplan vanBaerle, über den im Herbst abgestimmt wird, mit über 900 neuen Einwohnern realisieren wolle, verschärfe die Lage zusätzlich. Es fehle eine gesamtheitliche Planung mit Weitsicht, kritisiert Kiefer. Das Wachstum werde ohne die dafür nötige Infrastruktur geplant und vollzogen. Das zeige sich jetzt im Dillackerquartier. Dort sei seit Jahren klar, dass immer mehr Familien mit Kindern einziehen würden und der Schulraum knapp werde; dagegen sei aber nichts unternommen worden. Die Forderung, die Gemeinde solle beim Schulhaus Dillacker Provisorien aufstellen, lehnte der Gemeinderat aus finanziellen Gründen ab. Zuerst soll der noch freie Schulraum im Lange Heid ausgenutzt werden.
Entwarnung vom Gemeinderat
Die Sorgen der Eltern kann Christine Moll, Präsidentin des Kindergarten- und Primarschulrats, nachvollziehen. Auch sie sieht Probleme auf Münchenstein zukommen, wenn die Infrastruktur nicht ausgebaut wird. «Es wurde viel getan in den vergangenen Jahren. Aber die Klassen sind in allen Schulhäusern jetzt schon wieder voll.» Dass beim Schulhaus Neue Welt dauerhaft Containerprovisorien installiert wurden, macht die aktuelle Problematik deutlich. Für die Behörden ist es gemäss Christine Moll schwierig, Entwicklungen von Schülerzahlen aufgrund des Baus neuer Quartiere abzuschätzen, weil die Schulleitungen wegen des Datenschutzes nicht wissen dürfen, wer exakt einziehen wird.
Der für die Schulen zuständige Gemeinderat David Meier (FDP) gibt Entwarnung. «Wir haben das Thema auf dem Radar. Wir sehen in gewissen Quartieren einen Generationenwechsel und wieder mehr Familien. Es ist uns klar, dass wir weiter in Schulraum investieren müssen. Das werden wir auch tun, selbst wenn die finanzielle Situation der Gemeinde schwierig sein sollte.» Aktuell sei der Schulraum aber noch nicht knapp. Und die Arealentwicklung vanBaerle werde erst ab 2024 realisiert. Für zusätzlichen Schulraum besteht gemäss Meier deshalb noch genügend Zeit. Und neue Kindergärten seien bereits in Planung. Der Gemeinderat macht klar: «Es darf nicht passieren, dass wir ein Quartier hochziehen und dabei die Schulen vergessen.»
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