Mobbing-Vorwürfe an Gemeinderat
In Bretzwil soll ein Behördenmitglied seit Jahren für Unbehagen sorgen.

Die Idylle der 780-Seelen-Gemeinde Bretzwil ist getrübt. Dem Gemeinderat, insbesondere dem Behördenmitglied H. D., wird vorgeworfen, in verschiedenen Angelegenheiten Mobbing betrieben zu haben. Die Beschuldigungen reichen vom Rausschmiss eines Jugendvereins aus einer Zivilschutzanlage über eine unverhältnismässige Mietzinserhöhung für ein Bergrestaurant bis hin zur Freistellung eines verunfallten Gemeindearbeiters. Präsident Mike Nachbur und das gesamte Gremium sollen voll und ganz hinter H. D. stehen. Im Dorf werde aus Angst vor dem Ratsmitglied nichts unternommen, da niemand in dessen Schusslinie geraten wolle.
Am 12. Januar vergangenen Jahres hat der Bretzwiler Gemeinderat das Arbeitsverhältnis mit dem Wegmacher David Affolter aufgelöst und ihn bis zum Ende der Kündigungsfrist am 30. April freigestellt. Dies war der Website der Gemeinde zu entnehmen. Die entsprechende Mitteilung wurde inzwischen gelöscht. Zum Zeitpunkt der Kündigung stand dem Gemeindearbeiter eine Operation am Fuss bevor, die infolge eines Arbeitsunfalls nötig geworden war. Affolter hat beim Kanton Beschwerde gegen die Kündigung erhoben. Kurz vor Jahresende hat der Baselbieter Regierungsrat die Beschwerde gutgeheissen und die Kündigung aufgehoben.
Daraufhin teilte Affolter dem Gemeinderat schriftlich mit, dass er bereit sei, seine Arbeit wieder aufzunehmen. Vor zwei Wochen überreichte ihm der Pöstler einen eingeschriebenen Brief: Schon wieder wurde ihm gekündigt.
Affolter selbst äussert sich nicht zu der Angelegenheit. Ebenso wenig war Gemeindepräsident Nachbur zu einer Stellungnahme bereit, da es sich um ein laufendes Verfahren handelt.
Im Dorf hatte die Kündigung vor einem Jahr für Furore gesorgt. Der damalige Kommandant Martin Schweizer trat aus Solidaritätsgründen aus der Feuerwehr aus. «In einem Gespräch mit dem Gemeindepräsidenten hatte ich verlangt, dass die Hintergründe der Kündigung ausführlich abgeklärt werden», sagt Schweizer. Dieser habe ihm jedoch mitgeteilt, dass das Gesamtkollegium keinen Handlungsbedarf sehe. «Das ist typisch. Die einzelnen Gemeinderäte verstecken sich stets hinter dem Gremium», sagt Schweizer, der schliesslich keine andere Möglichkeit sah, als sein Amt in der Feuerwehr, das er gemäss Aussagen von Dorfbewohnern mit Leib und Seele ausgeübt hatte, niederzulegen.
Auch die Bretzwiler Landwirte, die besonders im Winter auf die Arbeit des Wegmachers angewiesen waren, können sich bis heute nicht erklären, weshalb dem Gemeindearbeiter gekündigt wurde. «Ich war stets sehr zufrieden mit Davids Arbeit, da hat immer alles reibungslos geklappt», sagt ein Landwirt, der anonym bleiben möchte. Und ein anderer: «Die Kündigung erscheint mir haltlos und basiert wohl eher auf Machtspielen.»
Differenzen zwischen dem Gemeinderat und Angestellten der Gemeinde scheint es nicht erst seit Affolters Entlassung zu geben. Als Thomas Karrer vor neun Jahren nach Bretzwil gezogen ist und das Bergrestaurant Stierenberg gepachtet hat, auf dessen Umland er als Hirt 41 Hektaren Weidland bewirtschaftet, übernahm Gemeinderat H. D. nach einem halben Jahr das Ressort Stierenberg. «Er hat gleich von Beginn weg deutlich gemacht, dass wir nach seiner Pfeife zu tanzen haben», sagt Karrer. H. D. habe damit gedroht, sie andernfalls «rauszuwerfen».
Mietzins unrechtmässig erhöht
Nach einiger Zeit sei auf dem Stierenberg eine externe Fachperson aufgetaucht, die von der Gemeinde damit beauftragt worden war, den Wert des Hauses zu schätzen. Der Experte habe laut Karrer eine Mietzinserhöhung von maximal 50 Franken empfohlen. Doch bei Thomas Karrer und seiner Frau flatterte einige Wochen später eine Mietzinserhöhung von satten 700 Franken pro Monat ins Haus. Als sie gegenüber H. D. betonten, dass sie an einer solchen Erhöhung zugrunde gehen würden, soll er lediglich mit den Schultern gezuckt haben. Karrers haben den Fall vor Gericht gezogen – und recht bekommen.
Weiter hat H. D. im Zusammenhang mit dem Restaurant Stierenberg üble Nachrede betrieben. Seit diesem Vorfall gehört das Ressort Stierenberg nicht mehr in das Aufgabengebiet von H. D.
Auch der heute 27-jährige Sven Lauper beklagt sich über Schwierigkeiten mit dem Gemeinderat. Vor zehn Jahren hatte er gemeinsam mit einigen Freunden einen Jugendverein gegründet, der sich in der Zivilschutzanlage der Gemeinde einmieten konnte. Kurz nach seinem Amtsantritt soll H. D. begonnen haben, strenge Kontrollen durchzuführen, und Lauper, damals Präsident des Vereins, wegen jeder Kleinigkeit in den Jugendraum zu zitieren. «Er tat alles, um uns aus der Zivilschutzanlage rauszubekommen. Ständig beschwerte er sich über uns und erzählte am Stammtisch erfundene Geschichten», blickt Lauper zurück.
Offiziell war Alkohol im Jugendraum nicht erlaubt. Die Jugendlichen hatten aber mit dem Vorgänger von H. D. vereinbart, dass sie, wenn sie trinken, jeweils alle Abfälle zugleich entsorgen müssen. Auf einem seiner Kontrollgänge soll H. D. Fotos von herumstehenden Bierflaschen aufgenommen haben. Er zeigte die Bilder seinen Ratskollegen, woraufhin das Mietverhältnis mit den Jugendlichen aufgelöst wurde.
«H. D. muss die Flaschen selbst dort aufgestellt haben, denn sämtliche Jugendliche, die über einen Schlüssel verfügten, waren während dieser Zeit in Spanien in den Ferien», sagt Lauper. Sein Verein habe die Kündigung damals aber nicht angefochten: «Wir hatten die Schnauze voll.» Sie zogen danach in einen Raum im Gewerbegebiet. Seither gebe es keine Probleme mehr und der Verein mit Mitgliedern der nächsten Generation ist bis heute dort beheimatet.
H. D. – von einem Einwohner als «ungekrönter König von Brätzbel» bezeichnet – will die erhobenen Vorwürfe nicht kommentieren. Er betont gegenüber der BaZ, dass sämtliche Entscheide vom Gesamtgemeinderat getroffen worden seien. «Wir können dazu nur als Gremium Stellung beziehen.»
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